Kultur

Kultur (lateinisch = das sorgfältig Gepflegte oder Geschaffene), die sorgfältige Selbstverwirklichung des Menschen und die verantwortete Gestaltung seiner Umwelt. In der Sorgfalt und Verantwortung liegt der Unterschied der Kultur zu der (an Lustgewinn und Profitmaximierung orientierten) Zivilisation. Im Glaubensverständnis bezieht sich die Verantwortung nicht auf die Vernunft allein, sondern letztlich auf Gott. Kultur kann von der Bibel aus (Gen 1, 28) als von Gott gegebene Aufgabe der Menschheit angesehen werden, in deren Erfüllung die Menschen ihr Verhältnis zu Gott realisieren. Es wäre ein Irrtum, dem manchmal Kreise christlicher Mönche und Asketen erlegen sind, das christliche Dasein als grundsätzlich kulturfeindlich zu verstehen und kulturlos leben zu wollen. Die auf das Geheimnis Gottes und dessen Verfügung hin offen gehaltene Kultur ist aber als kreatürliche immer von Endlichkeit, Schuld und Erlösungsbedürftigkeit bedroht. In diesem Zusammenhang ist der heute öfter thematisierte Konflikt zwischen Kultur (mit der Technik) und Natur (Umwelt) zu sehen. Als Aktivität des Menschen ist Kultur immer auch von der Religiosität geprägt und ist umgekehrt die Religion ein Teil menschlicher Kultur Nach dem II. Vaticanum ist die Kirche an keine besondere Form menschlicher Kultur gebunden (GS 42); sie anerkennt den Pluralismus heutiger neuer Kulturformen (GS 53 f.) und fühlt sich imstand, mit verschiedenen Kulturformen eine Einheit einzugehen (GS 58). Die Kirche spricht sich entschieden für einen genügenden Freiheitsraum und für eine legitime Autonomie der Kultur (GS 59) und für die Verwirklichung des Rechts aller Menschen auf menschliche und mitmenschliche Kultur aus (GS 60). Von den Christen wird erwartet, daß sie die Geisteskultur ihrer Mitmenschen »vollkommen verstehen« und daß ihre Frömmigkeit u. Rechtschaffenheit mit ihrer Bildung und. ihrem Wissen Schritt halten (GS 62). Damit sollte auf kath. Seite einer Kulturkampfmentalität definitiv Absage erteilt worden sein. Aktuelle Fragen betreffen das Zusammenleben von Menschen in »multikulturellen Gesellschaften«, die Inkulturation des Christentums in Kulturkreisen, in denen es nicht entstanden ist, die Sorge um eine »politische Kultur« angesichts zunehmender ethischer Verwahrlosung der Politik und die Bemühung um eine innerkirchliche »Streitkultur«.

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