ÖkumeneWeltkirchenrat scheitert mit Vermittlung zwischen orthodoxen Kirchen

Die orthodoxen Kirchen in Osteuropa sind heillos zerstritten. Die Auswirkungen betreffen nicht nur die Ukraine. Ein Vermittlungsversuch blieb vorerst erfolglos. Dabei droht einer Kirche in der Ukraine nun das Verbot.

Orthodoxe Kirche
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Der Weltkirchenrat hat vorerst beim Vermittlungsversuch zwischen den orthodoxen Kirchen der Ukraine und Russlands keinen Erfolg. Der ÖRK musste laut seinem Generalsekretär Jerry Pillay ein geplantes erstes Treffen für einen Dialog am Runden Tisch in Genf auf unbestimmte Zeit verschieben. Es gebe "praktische und politische Hindernisse für die Beteiligung der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) und der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (OKU) als Hauptteilnehmer an einem solchen Dialogprozess", teilte der südafrikanische Pastor mit, der am 1. Januar das Amt des Generalsekretärs übernommen hat.

Pillay bedauerte, dass trotz aller Bemühungen des Weltkirchenrats in den vergangenen Monaten "unsere Pläne vorerst undurchführbar" seien. Er machte keine genaueren Angaben zu den Gründen für die Absage des für Ende Oktober geplanten Treffens. Der ÖRK ist laut seinen Worten weiter überzeugt, "dass das Engagement der UOK und der OKU eine wesentliche Grundlage für den von uns angestrebten Dialogprozess, für die Förderung des sozialen Zusammenhalts der Menschen der Ukraine auf ihrem Weg zu einer freien und unabhängigen Nation und für die breitere Suche nach Frieden in einer zutiefst gespaltenen und zerstrittenen Welt darstellt".

Pillay und der Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, Bayerns evangelischer Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, waren im Mai gemeinsam nach Kiew gereist, um die Möglichkeiten für einen Runden Tisch mit den orthodoxen Kirchen der Ukraine und Russlands auszuloten. Pillay sprach kurz darauf auch mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. in Moskau. Die orthodoxe Theologin Natallia Vasilevich zweifelt daran, dass sich Delegationen der drei Kirchen in absehbarer Zeit an einem Runden Tisch in Genf treffen werden. Das Oberhaupt der UOK, Metropolit Onufrij, stehe dem ökumenischen Dialog und dem ÖRK skeptisch gegenüber. Er hatte Pillay und Bedford-Strohm auch nicht in Kiew empfangen.

Die autokephale OKU will sich laut Vasilevich nicht mit der russisch-orthodoxen Kirche zusammensetzen, weil das Moskauer Patriarchat den russischen Angriffskrieg unterstützt. Nur die russisch-orthodoxe Kirche wolle ihre Position am Runden Tisch offensiv vertreten. Vasilevich kennt das Problem gut. Sie gehörte der Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel bei der ÖRK-Vollversammlung 2022 in Karlsruhe an. "Der Runde Tisch ist in erster Linie für den ÖRK selbst von Interesse. Dem ÖRK gelang es nicht, die ukrainischen Kirchen dafür zu gewinnen. Sie haben kein Vertrauen in den ÖRK, und es gibt auch keine Mechanismen, sie zu zwingen", so die belarussische Theologin.

Die Leitung des Weltkirchenrats verfüge über kaum Fachwissen über die Ukraine. Der ÖRK konzentrierte sich in der Vergangenheit stattdessen auf die russisch-orthodoxe Kirche, die nach der Zahl der Gläubigen ihr größtes Mitglied ist. Die ukrainischen Kirchen UOK und OKU sind hingegen bis heute keine Mitglieder. Ob und wann der ÖRK sie aufnimmt, ist offen. Dem ÖRK scheine es vor allem darum zu gehen, selbst gut dazustehen. Klar sei jedenfalls: Die Kirchen der Ukraine wollen nicht vom ÖRK belehrt werden, wie ein Dialog mit dem Moskauer Patriarchat auszusehen habe.

Die ÖRK-Vollversammlung hatte die Förderung des Dialogs durch Runde Tische und andere Formate gefordert, "die dazu beitragen können, Lösungen für den Konflikt und seine Auswirkungen zu finden". Kritik an der Unterstützung des Moskauer Patriarchats für den Krieg vermied der ÖRK aber. Die UOK und OKU erkennen sich gegenseitig nicht an und streiten unter anderem um Gotteshäuser. Die Regierung in Kiew ergreift seit Jahren Partei für die OKU. Die Kirche wurde Ende 2018 mit Hilfe des Patriarchen von Konstantinopel gegründet. Die traditionsreiche UOK sagte sich im Mai 2022 vom Moskauer Patriarchat los. Die Regierung wirft der UOK aber vor, weiter mit Moskau zu kollaborieren. Ein Verbot der Kirche ist im Gespräch.

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