Sieht man sich die Berichterstattung rund um das Fronleichnamsfest an, bekommt man den Eindruck, dass es fast zum guten Ton des modernen, aufgeklärten Menschen gehört, mit dem "Hochfest des Leibes und des Blutes Christi" zu fremdeln – gerade auch als Katholik. Zurschaustellung, Prunk und Abgrenzung sind nur einige Stichworte, die in dem Zusammenhang immer wieder zu hören sind.
In dieser Stimmungslage fiel die unaufgeregt fröhliche Einladung zu "kommt&seht" auf: "In Köln am Rhein, wo sich kölsche Lebensfreude mit Weltoffenheit verbindet und Brauhauskultur auf rheinischen Katholizismus trifft, lädt dich an Fronleichnam ein einzigartiges Event ein, deinen katholischen Glauben neu zu entdecken". Davon ließen sich am vergangenen Wochenende ungefähr 1.000 Besucher ansprechen.
Das Glaubensfest fand zum ersten Mal statt, reiht sich aber in ähnliche Formate wie den "Adoratio"-Kongress in Altötting ein, die die Eucharistie in den Mittelpunkt stellen und versuchen, Menschen wieder neu einen Zugang dazu zu eröffnen. Wie aktuell dieses Bemühen ist, zeigen nicht nur die Äußerungen zu Fronleichnam, sondern auch die Kirchenstatistik, der zufolge 93,4 Prozent der deutschen Katholiken nicht zu den regelmäßigen Gottesdienstbesuchern gehören. Wer die Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils ernst nimmt, dass die Feier der Eucharistie "Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens" ist, kann sich mit dieser Dynamik nicht zufriedengeben.
Katharina Hauser hat das Festival als Teilnehmerin und als Sprecherin erlebt. Sie ist Referentin für Neuevangelisierung im Bistum Passau und organisiert regelmäßig den "Adoratio"-Kongress, der 2025 zum sechsten Mal stattfindet. Bei "kommt&seht" sind ihr Menschen unterschiedlicher Altersstrukturen und mit ganz verschiedenen spirituellen Hintergründen begegnet. Inhaltlich ist ihr vor allem aufgefallen, dass nicht nur Glaubenswissen vermittelt wurde, sondern dass immer ein Bezug zum konkreten Leben des Menschen hergestellt wurde.
"Was bringt mir das?"
Darin liegt ein Schlüssel für eine zeitgemäße Glaubenskommunikation. Der postmoderne Mensch steht vor unendlichen Wahlmöglichkeiten und könnte in einer westlichen, demokratischen Gesellschaft weitgehend ohne Sanktionen von heute auf morgen auch ganz anders leben. Berechtigterweise stellt er daher die Frage: "Was bringt mir das persönlich?" Veranstaltungen wie "kommt&seht" und "Adoratio" nehmen sie ernst und geben Antwortimpulse.
Zu dieser Beobachtung passt das Kernanliegen, mit dem Katharina Hauser ihren eigenen Beitrag in Köln beschreibt: "Ich wollte in meinem Vortrag vor allem mitgeben, dass unser Glaube neben all den Sinnangeboten in dieser Welt nichts zu verstecken hat".
Durch ihre Arbeit kennt die junge Theologin aber auch die Anfragen an solche Veranstaltungen. Strukturell vergleichbar wie die Vorbehalte gegenüber dem traditionellen Fronleichnamsfest lauten sie hier: Eventisierung und Ästhetisierung des Glaubens und Verengung auf eine Frömmigkeitsform, die eucharistische Anbetung. "Gerade deshalb kommt es darauf an, dass man eine äußere Form wie die eines Events nicht um ihrer selbst willen wählt, sondern dass man sie als Werkzeug sieht. Hilft es mir wirklich, in meinem Alltag den Glauben besser zu leben, und nicht nur einfach von Event zu Event zu hüpfen und dazwischen quasi nichts zu machen?", so Hauser.
Ästhetisierung sei für die Kirche nichts Neues. Der Blick für das Schöne habe beeindruckende Kirchen, großartige Gemälde und komponierte Meisterwerke hervorgebracht.
Ästhetisierung wiederum sei für die Kirche nichts Neues: "Und ich glaube, das ist auch gut so." Der Blick für das Schöne habe beeindruckende Kirchen, großartige Gemälde und komponierte Meistwerke hervorgebracht. "Diese Dinge haben über Jahrhunderte hinweg einen Zugang zum Glauben geschaffen. Gerade der moderne Mensch hat ein sehr feines Gespür für Ästhetik. Aber oft ist dieses Gespür ein bisschen anders als das vor 500 Jahren. Und deshalb ist es, glaube ich, gut und wichtig, dass wir über heutige Ausdrucksformen auch eine Brücke bauen zum Glauben. Aber die Brücke muss auf das Wesentliche hinführen, nicht davon ablenken".
Für Menschen, die sich mit eucharistischer Anbetung schwertun, zeigt sie Verständnis: "Nur, weil man bei solchen Konferenzen die Anbetung betont, heißt das noch lange nicht, dass man andere Frömmigkeitsformen oder Zugänge nicht schätzen würde. Viele Wege führen zu Gott." Gerade für Menschen in der heutigen Welt sei das Stillsein vor Gott auch eine Herausforderung. "Aber ich erlebe ganz viele Menschen, die, wenn sie sich einmal darauf einlassen und dem eine Chance geben, da auch durchaus etwas Schönes daran finden und diese Ruhe vor dem Herrn genießen können", so die 29-Jährige.
Die Eucharistie verbindet
Für sie ist die Eucharistie vor allem mit der Botschaft verbunden, dass Christus wirklich da ist. Und noch mit einem zweiten Aspekt, der kaum aktueller sein könnte: "Ich sehe eine Chance der Einheit in der Eucharistie. Ich denke, dass die Grabenkämpfe innerhalb des Katholischen, auch angesichts der Säkularisierung, der Kirchenaustritte, der sonstigen Probleme in dieser Welt fehl am Platz sind." Zu Glaubenskongressen wie "Adoratio" könne jeder kommen, egal ob jung oder alt, charismatisch, traditionell oder volkskirchlich geprägt. Denn es gehe um das, was alle Katholiken im Kern verbindet. "Es ist sehr wichtig, dieses Verbindende zu suchen und sich gemeinsam um den zu versammeln, der unsere Mitte ist", resümiert die Theologin.
Veranstaltungen wie "kommt&seht" und "Adoratio" öffnen den Raum für neue Erfahrungen mit dem zentralen Geheimnis des katholischen Glaubens.
Viel zitiert, aber von bleibender Relevanz ist der Satz von Karl Rahner, "der Fromme von morgen wird ein ‚Mystiker‘ sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein". Veranstaltungen wie "kommt&seht" und "Adoratio" öffnen den Raum für neue Erfahrungen mit dem zentralen Geheimnis des katholischen Glaubens. Dass beide ganz offiziell von deutschen Bistümern organisiert werden, zeigt, dass dieses Anliegen inzwischen im Herzen der Kirche angekommen ist.