Diesen Pontifex hatten die wenigsten auf dem Zettel. Doch Robert Francis Prevost hat die Kardinäle so für sich eingenommen, dass sie ihn bereits im vierten Wahlgang mit weit mehr als der nötigen Zweidrittelmehrheit ausstatteten. Zur Erinnerung: Das ging genauso schnell wie seinerzeit, als Joseph Ratzinger gewählt wurde – allerdings lag es in dessen Fall fast auf der Hand, dass es auf ihn zulaufen würde. Diesmal war es komplett anders.
Was genau im Konklave passiert ist, wissen wir nicht. Was ich aber benennen kann, ist das, was mich persönlich positiv stimmt. Ich finde es im Wesentlichen in Leos Worten. Und die dürften sich nicht sehr von dem unterscheiden, was er im Vorkonklave und Konklave gesagt hat. Vor allem sieben Sätze aus der ersten Woche des neuen Pontifikats machen mir Hoffnung.
1 | „Der Friede sei mit euch allen!“ Der neue Papst begann seine Rede nach der Wahl mit dem liturgischen Friedensgruß. Ganze zehn Mal verwendete er das Wort „Friede“, sprach zudem noch von „unbewaffnet“ und „entwaffnend“. Das ist mehr als ein Wink gegen alle Kriegstreiber auf der Welt – in Ost und in West.
2 | „Das Böse wird nicht siegen!“ In eine unübersichtliche, zum Teil chaotische Welt hinein sprach Leo diese Hoffnungsbotschaft. Ist das naiv? Nein! Klar und deutlich brachte er zum Ausdruck, wovon er selbst überzeugt ist: „Gott liebt uns ... Wir sind alle in Gottes Händen.“
Der Pastoraltheologe Rainer Bucher sieht darin eine klare Ansage: „Hier ist wieder einer auf der Weltbühne, der den versammelten Autokraten auch ohne eigene Divisionen entgegentreten wird und eines jedenfalls kann: ihr Tun als das bezeichnen, was es so oft ist: menschenverachtend.“
3 | „Die Welt braucht das Licht Christi.“ Mit diesem Satz wurde die Begrüßungsrede zum Aufruf. Denn das Licht Christi muss zu den Menschen getragen werden. Damit sind wir alle angesprochen. Wir sollen „Brücken bauen“, in den Dialog gehen, Nächstenliebe zeigen – und so eine „missionarische Kirche“ sein.
An anderer Stelle betont Leo: Wir sollen „den freudigen Glauben an Christus, den Erlöser, bezeugen“.
4 | „Lasst uns eine synodale Kirche sein!“ Damit die Gläubigen missionarisch mit und in der Kirche leben können, muss diese Kirche genau so sein, wie sie Papst Franziskus aufgesetzt hat: synodal. Bei diesem Thema und auch mit der mehrfachen dankbaren Nennung seines Namens stellte sich Leo in die Spur seines Vorgängers. Das war nicht nur eine pflichtgeschuldete Ehrerbietung, sondern ein Bekenntnis: Hinter das Erreichte gehen wir nicht mehr zurück!
5 | „Der Papst ... ist ein einfacher Diener Gottes und seiner Brüder und Schwestern, und nichts anderes als dies.“ Bei seiner Ansprache an das Kardinalskollegium am Samstag gab Leo ermutigende Einblicke in sein Amtsverständnis. Auch seine Herkunft aus dem Augustinerorden legt ein kollegiales Führungsprinzip nahe: Die Gemeinschaft trägt den Einzelnen und der Einzelne trägt die Gemeinschaft (vgl. S. 4).
6 | „Immer auf das Wort Gottes hören. Dann aber auch auf die anderen hören, Brücken bauen können, zuhören können, um nicht zu verurteilen, um Türen nicht zu verschließen, indem wir denken, wir hätten die ganze Wahrheit und niemand sonst könne uns etwas sagen.“ Auch der neue Papst stellt die Gottesfrage ins Zentrum – und er formuliert klar Kriterien für einen aufrichtigen, ehrlichen Dialog (Zitat aus der Predigt in der Krypta des Petersdoms vom vergangenen Sonntag).
7 | „Nur informierte Menschen können freie Entscheidungen treffen.“ In seiner Ansprache an Medienvertreterinnen und -vertreter zeigte sich Leo XIV. als Mann auf der Höhe der Zeit. Nicht umsonst hat er ein X-Konto (früher: Twitter), das er auch behalten will. In diesem Medium hat er kürzlich selbst der aktuellen US-Administration widersprochen. Vor wenigen Wochen bezog Robert Prevost Stellung gegen den amerikanischen Vizepräsidenten, als dieser in der Migrationsdebatte die Bibel steinbruchartig einsetzte, um einer Zweiklassengesellschaft der Würde das Wort zu reden. Ihm entgegenete Prevost damals: „JD Vance liegt falsch: Jesus fordert uns nicht auf, unsere Liebe zu anderen zu gewichten.“
Weitere Worte von Leo XIV. – den neuen Papst im O-Ton – finden Sie auf Seite 5 dieser Ausgabe.