Der Monatsspruch im April 2023

Römer 14,9 (E)

Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende.

Römer 14,9 (E)

Wie oft schon habe ich an einem offenen Grab gestanden und als Votum diese Worte aus Römer 14, 7.8 gesprochen: „…wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“ Der Vers 9, unser Monatsspruch für April beschließt diese Sentenz und macht ihre innere Logik deutlich. Lebende und Tote stehen im Herrschaftsbereich dieses Herrn, weil Er selbst diesen Weg durch den Tod hindurch in das Leben hineingegangen ist. So atmet das Wort österlichen Geist, es macht namhaft, was letztlich Grund unserer Hoffnung und letztlich Trost in der Begegnung mit dem Tod ist. Wir fallen nicht in die Finsternis, wir bleiben in dem, der unser Herr ist. Wer ist das „wir“ aus V.8? Zunächst einmal diejenigen, deren Leben und Sterben mit dem Leben und Sterben Christi verknüpft ist, die „in seinen Tod getauft sind“, um mit ihm „in einem neuen Leben (zu) wandeln“. (Röm 6,3.4). Allerdings: V. 9 reicht über dieses „wir“ hinaus, er spricht generell: „um Herr zu sein über Tote und Lebende“. Die Wirklichkeit ist größer als das, was vor Augen ist. Wirklichkeit haben nicht nur die Lebenden. Die Welt ist die Welt der Lebenden und der Toten. Wirklich sind auch diejenigen, die vor uns waren. Nach dem Zeugnis der Offenbarung (Offb 7, 9–17 u.ö.) gehören die vollendeten Gerechten zur Gemeinschaft der Erlösten. Kirche sind nicht nur die, die jetzt sind. Ein tiefer Trost, wenn ich auf den gegenwärtigen Zustand der Kirche zumindest hiesigen Weltgegenden schaue. Einmal im Kirchenjahr wird uns diese größere Gemeinschaft der Toten und Lebenden besonders vor Augen geführt: an Allerheiligen, immerhin auch ein Datum im evangelischen Festkalender. Diese große Wirklichkeit umgreift uns aber an jedem Tag.

Schlüssel des Verstehens ist der Weg Jesu. Im großen Hymnus des Philipperbriefes greift Paulus wohl auf eine urchristliche Überlieferung zum Weg Jesu zurück. Der Gottgleiche nahm „Knechtsgestalt“ an „und ward den Menschen gleich“. Er ging an den tiefsten Punkt der Wirklichkeit, starb am verfluchten Ort des Kreuzes, wurde „erhöht“ und Träger des Namens, „der über alle Namen ist“. Alle Knie sollen sich ihm beugen, „die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind“, um zu bekennen, dass Christus Jesus der Herr ist. (Phil 2,6–11) Damit sind wir wieder bei unserem Monatsspruch angelangt. Der Herr über Lebende und Tote ist derjenige, der die Wirklichkeit im Ganzen erfüllt. Es gibt keinen Raum und keine Zeit, die ihm entzogen wären. Er hat das Ganze in seiner Hand, und deswegen auch das Einzelne. Das Kleinste wie das Größte und deswegen auch mein Leben. Alles, was ist, ist, weil es von ihm her und in ihm und auf ihn hin ist. (Röm 11,36; 1. Kor 8,6; Kol 1,16)

So ist unser eigener Lebensweg mit dem Weg Jesu verknüpft. Dabei ist die Reihenfolge unumkehrbar, sie geht vom Tod zum Leben. Jesus ist seinen Weg gegangen, um uns als seine Schwestern und Brüder mitzunehmen. Er ist „Erstgeborener vieler Brüder“ (Röm 8,29). Die Evangelien nennen dies Nachfolge: mit Jesus gehen und in seinen Fußstapfen (1. Petr 2,21). Der Ruf, hinter Jesus her zu gehen, muss immer wieder neu gehört und für das eigene Leben übernommen werden. Dies zielt zunächst auf den „inneren Menschen“. Diese umfassende Wirklichkeit, in der Tote und Lebende geborgen sind, zielt auf das Hören eines je einzelnen Menschen. Das fängt bei meinem eigenen Hören und Nachfolgen, bei meinem Vertrauen an. Es umfasst aber genauso meine Gebrochenheit und Schwäche. Wie wichtig ist das auch für unser Zeugnis an den Gräbern. Darauf ist noch einmal zurückkommen. Erreicht dieser große hier nur knapp skizzierte christologische und ekklesiologische Zusammenhang, die Menschen, die an den Gräbern um Trost ringen? Ihnen fehlt doch oft jegliche Glaubensgrundbildung? Wir wissen es nicht. Wofür wir aber verantwortlich sind, das ist unser eigener geistlicher Weg. Wird man es uns als Pastorinnen und Pastoren nicht abspüren, ob wir Menschen sind, die ihr eigenes Leben in einer Herzensverbindung mit dem leben, der Herr ist über Tote und Lebende?

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