Die Wochensprüche im März 2022

6. März 2022

1. Sonntag der Passionszeit: Invokavit

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.
1. Johannes 3,8b

Endlich einer, der dem Treiben des Teufels ein Ende setzen kann. Einer, der die menschenverachtenden Pläne der Terroristen und Attentäter und Kriegstreiber und Verbrecher und Verkehrsrowdys und Ladendiebe und … durchkreuzt. Der Teufel ist allgegenwärtig. Immer wieder verführt und verblendet er die Menschen. Immer von Neuem gelingt es ihm, Segen in Fluch zu verwandeln und dem Leben den Hauch des Todes sichtbar zu machen. Und dann kommt endlich der, der diesem wüsten Treiben ein Ende setzt.
Noch sind wir nicht weit vom finsteren Mittelalter entfernt, wenn Verschwörungstheorien und ungreifbare böse Mächte bis in die Weltpolitik eine große Rolle spielen. Noch spuken Vorstellungen vom allgegenwärtigen Verwirrer, dem Diabolos, durch die Köpfe und Bäuche vieler Menschen, die sich auf die christliche Tradition berufen. Da kommt Jesus gerade gelegen. Er muss dabei zwar sterben, aber er beendet die Schliche und Verführungen des Teufels, die so viel Unheil in der Welt hervorrufen.
Das käme uns gerade recht. Denn das ist bequem. Wo der Teufel uns reitet, sind wir höchstens der Mittäterschaft an Klimakatastrophen und Flüchtlingsdramen schuldig. Wo wir außermenschliche Kräfte die Kontrolle übernehmen lassen, da muss nun einmal die wirtschaftliche Notwendigkeit den Regenwald abholzen oder die Globalisierung der noch schnelleren Umverteilung des Reichtums in die üblichen Richtungen das Wort reden.
Wir mögen sie, die nichtmenschlichen Kräfte. Ob wir sie Dämonen, Geister, Teufel, Sachzwänge, Prioritäten nennen oder anders. Sie helfen uns, mit unserer Unzulänglichkeit umzugehen. Als ob der Mensch je den Teufel gebraucht hätte als Kriegsgrund. Als ob wirtschaftliche Faktoren oder arbeitspolitische Notwendigkeiten Lebewesen wären wie die Teufelswesen der offensichtlich abergläubischen Zeit.
Dass Jesus natürlich den Tätigkeiten des Teufels ein Ende setzt, das ist nur zu hoffen. Wenn wir endlich den Teufel erkennen könnten und wollten als den, der wir selber manchmal sind. Als den, dessen Wirken wir gerne in Anspruch nehmen, wir Menschen, um eigene Fehler, Kurzsichtigkeiten und Eigensüchtigkeiten zu verdrängen. Wer Jesus ernst nimmt, der wird zunächst bei uns Menschen anfangen. Denn das, was Jesus tut, deckt zuerst auf, wie unzulänglich wir in unseren ethischen Entscheidungen und alltäglichen Prioritäten sind. Erst diese Erkenntnis hilft uns, die großen, scheinbar nichtmenschlichen Kräfte in unserer Welt als das zu erkennen, was sie sind: Ausdruck der Fehlbarkeit und Lernbedürftigkeit auch des aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts. Dazu brauchen wir Jesus unbedingt. Und von da an können wir anfangen, die Werke dieser durchaus menschlichen Teufeleien zu verhindern.

13. März 2022

2. Sonntag der Passionszeit: Reminiszere

Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Römer 5,8

Ja, mit der der Liebe ist das so eine Sache. Wir alle leben davon, dass wir Liebe spüren. Dass Menschen uns sagen, dass sie uns mögen. Dass Menschen uns verzeihen und trösten und loben und umarmen und anlächeln. Zeichen dafür, dass da eine Verbindung zwischen uns ist. Dass wir nicht einfach nebeneinanderher leben. Sondern dass wir uns etwas bedeuten.
Leider leidet „Liebe“ unter dem, was uns alles Abstrakte schwierig macht: Sie ist deutungsbedürftig. Sie ist auf Zeichen angewiesen. Das können Worte sein, die uns sicher machen: „Ich liebe dich!“, hört man gerne von einem Menschen, der einem wichtig ist. Das können aber auch kleine Gesten sein. Der aus der Ferne zugeworfene Kuss, wenn man nicht beieinandersteht. Das kleine Geschenk mitten im Alltag, das uns ein Lächeln aufs Gesicht zaubert und etwas Überraschung ins Leben bringt. Selbst der klassische Blumenstrauß, den man dem Menschen mitbringt, den man gernhat. Einfach um zu zeigen: Ich hab dich lieb.
Umgekehrt macht uns das Fehlen dieser Gesten ungewiss. Wir denken darüber nach, ob wir etwas falsch gemacht haben. Ob wir den oder die andere verletzt haben, ohne es zu bemerken. Wir fragen uns, ob wir die Liebe der Menschen überhaupt verdienen. So viel wie wir falsch machen. So jähzornig, passiv, träge, verzweifelt, gleichgültig, überheblich oder unwirsch wir oft sind. Und wir brauchen es dann, dass ein lieber Mensch uns trotz unserer Launen, trotz unserer Unzulänglichkeiten im Miteinander dennoch Liebe zeigen kann.
Immer aber bleibt unsere Vorstellung von Liebe im Abstrakten. Sie beruht auf Vertrauen, auf Zutrauen in die Menschen, auf ein Grundvertrauen ins Leben. Liebe, das hat etwas Transzendentales. Das ist eine Sache, die mit der reinen Wahrnehmung unserer Sinne nicht greifbar ist. Der schönste Blumenstrauß „beweist“ Liebe nicht. Für Transzendentales gibt es keinen Beweis. Darum leben wir Liebe immer ins Ungewisse hinein. Und wir brauchen das Vertrauen ins Leben, dass sie hält, dass sie sich entwickelt oder ausweitet.
Auch die Liebe Gottes muss genau damit rechnen: dass wir Menschen unzulänglich sind. Dass wir dem Leben nicht die nötige Achtung entgegenbringen. Sünde nennt die Bibel das. Und schickt uns gleich die größte Zusage hinterher, die Gott uns und Menschen sich gegenseitig machen können: trotz eurer Fehler. Trotz eurer massiven Probleme, die Natur und die Welt zu schätzen und zu bewahren. Trotz eurer Selbstsucht und eurem Versagen, wenn es um Solidarität und Gerechtigkeit in der Welt geht: Gott sagt euch seine Liebe zu. Auf Zukunft, ins Blaue hinein. Und im Vertrauen darauf, dass ihr euch dann im Leben geborgen fühlt. Und aus diesem Liebesvorschuss den Mut und die Kraft gewinnt, euch für das einzusetzen, was Leben möglich macht.

20. März 2022

3. Sonntag der Passionszeit: Okuli

Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
Lukas 9,62

Es sind diese agrarischen Bilder, die uns einerseits die Bibel so heimelig erscheinen lassen, sie aber andererseits so schwer zugänglich machen. Nur wenige Menschen in unserer Gesellschaft wissen mit den Worten Pflug und pflügen noch etwas Konkretes anzufangen. Was vor 50 oder 100 Jahren noch Alltag und Lebensbegleitung war, ist heute ein Überbleibsel aus einer niedrig-technisierten Zeit. Dabei sind diese Sprachbilder so kraftvoll und radikal, wie es ein Bild aus unserer technisierten Zeit kaum sein kann.
Traditionelles Pflügen ist eine Knochenarbeit. Hat der Pflug sich erst einmal in die Erde hineingeschafft, kehrt er unwiderstehlich das Unterste zuoberst. Erde, Steine, Staub und Sand werden umgewälzt. Feuchte, dunkle Erde färbt die oft trockene Oberfläche und lässt das Feld unsauber und unaufgeräumt aussehen. Wer die Hand an den Pflug legt und das Signal zum Zug gibt, der weiß, dass unter der großen Pflugschar nichts so bleibt, wie es war.
Dass Jesus dieses Bild gerade in dem Moment verwendet, in dem es um die Frage geht, wie man ihm nachfolgen, sich an ihm orientieren kann, kommt nicht von ungefähr. Christen können berichten von tiefgreifenden Veränderungen im persönlichen Leben, wenn sie in der Person Jesus mehr von Gott erfahren. Die Bibel macht keinen Hehl daraus: Wer sich für Gott entscheidet, für den ist nichts mehr so, wie es vorher war. Er hat die Hand an den Pflug gelegt und etwas in Bewegung gesetzt, was er weiterverfolgen muss. Er spürt, diese Botschaft, das Evangelium vom guten Gott, ist kein Selbstläufer, der sanft und mühelos die Welt verändert. Im Gegenteil, die Bibel propagiert die Umwälzung der herrschenden Verhältnisse in Gottes Sinn. Und es besteht kein Zweifel daran, dass kein Christ, keine Kirchengemeinde, keine Landeskirche und keine Konfession sich der umwälzenden Gewalt dieses Wortes entziehen kann. Kein Rückzug hinter die sicheren Kirchenmauern. Kein Selbstgenügen und kein Überlegenheitsgefühl. Die Hand am Pflug hilft mit, steuert, sucht Wege und Linien für die Pflugschar. Wohlwissend, dass sie damit unbequem, unliebsam und manchmal unerträglich wird für die, sich gerne gemütlich einrichten und die es anderen gerne gemütlich machen, um sie zu besänftigen. Ein Pflug gleitet nie sanft durch Erde, sondern er fördert vielleicht auch manches mit roher Kraft zutage, was längst verschüttet und vergessen schien.
Wer diesen Pflug loslässt, der stellt sich auf die Seite derer, die das Evangelium von Jesus zu einem bequemen Ruhekissen oder einem Trost in schweren Zeiten machen wollen. Er steht bei denen, denen der christliche Glauben als Geheimwissen genügt.
Jesus war sich ganz sicher, dass es nur so gehen wird mit der guten Botschaft von Gott. Dass Menschen sich die Mühe machen und sie mutig und mit Augenmaß durch die Welt lenken. Wohlwissend, dass sie nichts unverändert lassen kann, was sie durchpflügt.

27. März 2022

4. Sonntag der Passionszeit: Lätare

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
Johannes 12,24

Das alte Bild vom Weizenkorn, das sterben muss, damit aus ihm neues Leben wächst. Es ist uns so vertraut als Bild für Jesus, der gekreuzigt werden muss, damit er auferstehen kann und damit dem Leben eine neue Chance gibt.
Dieser Vers ist so etwas wie der Wendepunkt im Johannesevangelium. Vorher gab es nur Hinweise auf den Tod Jesu. Nur Zeichen, wir sagen Wunder, die darauf hindeuten, dass Jesus sterben wird. Angefangen bei der Verwandlung von Wasser zu Wein bis hin zur Auferweckung des gestorbenen Lazarus. Und alle deuten sie an: Jesus, um den sich im Johannesevangelium alles dreht, muss sterben. Seine Freunde verstehen die Botschaft. Und sie sind traurig darüber.
An Lätare nun, in der Mitte der Passionszeit, taucht der Wochenspruch auf, der alles ändert. Vor diesem Kapitel ging es um die Freunde Jesu, die seine Zeichen sahen. Nun ist plötzlich von „Griechen“ die Rede, die mit Jesus sprechen wollen. Und Johannes nutzt sie, um über den Tod Jesu hinauszublicken. Lätare ist darum auch so etwas wie ein Christusfest mitten in der Passionszeit. In manchen ländlichen Gegenden gibt es noch heute den Brauch, den Tod an Lätare zu ersäufen. Die Passionszeit geht auf den Tod Jesu zu. Aber an ihrem Höhepunkt in der Mitte deutet sich schon die Wende an, wie auch im Johannesevangelium: Ja, Jesus wird sterben. Aber er wird auferstehen. Und diese Auferstehung ist inhaltlich untrennbar mit seinem Tod verbunden. Weil sie nicht nur den Freunden Jesu eine Herzensangelegenheit sein wird. Sondern weil sie für die ganze Welt, repräsentiert durch „die Griechen“, bedeutsam sein wird. Tod und Auferstehung gehören zusammen und begründen den Anspruch Gottes, Herr über alles Leben zu sein. Und den Anspruch Jesu, der Mensch zu sein, in dem sich dies verkörpert.
Was Johannes als geschickte literarische Komposition schreibt – als Einleitung für die Kapitel, die deutlich auf den Tod zuführen. Das bekommt in diesem Vers vom Weizenkorn die erste Andeutung davon, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Das Leben wird siegen und wird die Welt verändern.
Unser Kirchenjahr bildet das nach. An Lätare findet traditionell das Todaustragen statt. „Heut is midde in de Faschde, wir tragen den Tod ins Wasser!“, rufen die Jungen des Dorfes zum Beispiel in Buchener Stadtteil Unterneudorf an Lätare. Und sie versenken symbolisch den Tod. Mitten in der Fastenzeit ist der Ausblick möglich, der über den Tod Jesu hinausweist. Das Weizenkorn bleibt in der Erde. Aber aus ihm wächst neues Leben, das sich unwiderstehlich ausbreitet.

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