Der Monatsspruch im Januar 2020

Besuch eines evangelischen Bischofs im religionspädagogischen Seminar einer Pädagogischen Hochschule:
Die Frage einer Studentin, wie ein Bischof mit sexuellen Versuchungen umgehe, beantwortete der Mann mit dem Hochhalten seiner rechten Hand. Er zeigte dabei auf seinen schmalen Ehering und sagte: „Dieser Ring erinnert mich bei allen Versuchungen, die auch an einen Bischof herantreten, an meine Frau. Mit ihr bin ich seit bald 40 Jahren verheiratet. Ihr will ich treu bleiben!“ Von dieser Antwort waren die Studierenden tief beeindruckt und zugleich motiviert, selbst über Treue nachzudenken.

Das Wort Treue wird vielfach im Zusammenhang mit ehelicher Treue genannt und unter das Vorzeichen der Sexualität gestellt. Dass Treue aber bei Weitem nicht allein auf die Sexualität bezogen werden kann, zeigen Lebensgeschichten wie bspw. die von Karl Barth. Über 30 Jahre lebte er in einer Dreierbeziehung mit der ihm angetrauten Nelly Barth und seiner Lebenspartnerin Charlotte von Kirschbaum. Wenn man bei dieser Schicksalsgemeinschaft nach Treue fragt, dann greift es zu kurz, sie auf die sexuelle Treue zu begrenzen. Hier geht es um mehr. Hier geht es um eine Zuwendung zu der je anderen Person, bei der sich Treue sehr wohl auf die Gemeinschaft mit mehreren Menschen beziehen kann. Indem ich fest zu den Menschen stehe, denen ich mich, in welcher Form auch immer, verpflichtet habe, bin ich treu. Die Art der Zuwendung mag sich im Laufe der Jahre verändern, die Verlässlichkeit gegenüber der anderen Person bleibt ungebrochen bestehen.

Lassen sich diese Aussagen auch auf Gott und seine Treue beziehen? Gott ist Gott und kein Mensch, wie es in Hosea 11 heißt. Und doch spricht gerade dieser Prophet in ganz alltäglichen Bildern von Gott und seiner Beziehung zu den Menschen. In Treue will Gott sich mit seinem Volk „verloben“. So wie der Verlobungs- und spätere Ehering ein Zeichen der Treue ist, so ist Gottes Wort Zeichen und Symbol seiner Treue zu den Menschen, die er geschaffen hat.

Und doch: Obwohl Gott sich in Gnade und Barmherzigkeit mit seinem Volk verloben will, zürnt er mit dem Volk, das seinen Geboten zuwiderhandelt. Dabei richtet sich Gottes Zorn aber nicht gegen die Menschen, denen er sich in Treue verbunden hat. Sein Zorn richtet sich gegen das Unrecht, das von diesen Menschen ausgeht. Weil Gott ein Gott der Gerechtigkeit ist, muss er Unrecht beim Namen nennen und Wege der Gerechtigkeit aufzeigen. In der Bibel taucht dabei immer wieder auch der Begriff „Reue“ auf. In seiner Treue reut Gott die Strafe, die er über die Menschen aufgrund ihrer Ungerechtigkeit verhängen müsste. Weil Gott sich in Treue mit seinen Geschöpfen verbunden hat, kann deren Untreue seine Treue nicht aufheben. Was Menschen auch immer tun, wie weit sie sich von Gott entfernen mögen, sie können seine Treue nicht aufheben, denn Gottes Treue gehört zusammen mit seiner Barmherzigkeit zu den Wesenszügen, die ihren Grund in Gottes Liebe haben.

Menschen können in Versuchung geraten. Menschen können sich von Gott abwenden und eigene Wege gehen. Sie können Gott aber nicht daran hindern, in Treue zu ihnen zu stehen. Zeichen dieser Treue ist das Kreuz Christi. Der Blick auf dieses Kreuz kann vor und in Versuchungen bewahren. Das Kreuz kann aber noch mehr. Es kann auch aus der Versuchung erretten und Gottes Zorn in Gnade verwandeln, denn Gott ist treu!

Zum Schluss zwei Beispiele, in denen menschliche und göttliche Treue sich so berühren, dass sie zum gleichen Ziel führen: der Menschen Umkehr zu Gott.
Da ist Monika, die Mutter des Kirchenvaters Augustinus. Über Jahre hinweg ging der junge Augustinus Wege, die seiner Mutter nicht gefielen. Er selbst beschreibt diese Wege in seinen Bekenntnissen in anschaulichen Bildern. Vielfach ging es dabei um sexuelle Vergehen, aber auch um sonstige, den Geboten Gottes entgegenstehende Taten. In Treue betete Monika für ihren Sohn und seine Umkehr. Das in Treue verrichtete Gebet fand Erhörung. Augustinus fand den Weg zu Gott.
Und da ist die Lebensgeschichte der Philosophin Edith Stein. Als Jugendliche wandte sie sich vom Glauben ihrer Kindheit ab und unterließ das Beten zu dem Gott, an dessen Existenz sie nicht mehr glaubte. Als Atheistin suchte sie nahezu zehn Jahre lang nach der Wahrheit. Diese Wahrheit fand sie, als Gott sich ihr in Jesus Christus so offenbarte, dass sie fortan weder seine Existenz noch seine Treue bezweifelte. Auch als Märtyrerin des NS-Regimes war sie bis zu ihrem Ende im Konzentrationslager überzeugt: Gott ist treu!

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