Luther, das Fasten und Römer 3

Martin Luther schreibt: „Es sind leider viele blinde Menschen, die ihr Kasteien, es sei Fasten, Wachen oder Arbeiten, allein darum üben, weil sie meinen, es seien gute Werke, dass sie damit viel verdienen.

Martin Luther schreibt: „Es sind leider viele blinde Menschen, die ihr Kasteien, es sei Fasten, Wachen oder Arbeiten, allein darum üben, weil sie meinen, es seien gute Werke, dass sie damit viel verdienen. Darum fahren sie daher und tun deren zuweilen so viel, dass sie ihren Leib damit verderben und ihren Kopf toll machen. Noch viel blinder sind die, die das Fasten nicht allein nach der Menge oder Länge messen wie diese, sondern auch nach der Speise. Sie achtens dafür, es sei viel kostbarer, wenn sie nicht Fleisch, Eier oder Butter essen. Über diese hinaus sind diejenigen, die das Fasten nach den Heiligen richten und nach den Tagen erwählen, der am Mittwoch, der am Sonnabend, der an Sankt Barbara, der an Sankt Sebastian und so fort. Diese allesamt suchen nicht mehr in dem Fasten als das Werk an sich selbst; wenn sie das getan haben, meinen sie, es sei wohlgetan ... Darum lass ichs geschehen, dass sich ein jeglicher Tag, Speise, Menge zu fasten erwähle, wie er will, sofern, dass er es nicht dabei bleiben lasse, sondern auf sein Fleisch achthabe. Soviel wie dasselbe geil und mutwillig ist, lege er an Fasten, Wachen und Arbeit drauf und nicht mehr, es habe geboten Papst, Kirche, Bischof, Beichtiger oder wer da will. Denn der Fasten, des Wachens, der Arbeit Maß und Regel soll ja niemand an der Speise, Menge oder Tagen nehmen, sondern je nach Abgang oder Zugang der fleischlichen Lust und des Mutwillens, um derentwillen allein sie zu töten und dämpfen - das Fasten, Wachen, Arbeiten eingesetzt ist. Wo dieselbe Lust nicht wäre, so gälte Essen so viel wie Fasten, Schlafen so viel wie Wachen, Müßigsein so viel wie Arbeiten und wäre eines so gut wie das andere, ohne allen Unterschied.“ (Von den guten Werken (1520), K. Aland (Hg.) Luther Deutsch, Bd. 2, Göttingen 1981, S. 150f)

Es gibt Menschen, die zerstören sich selbst mit quälenden Fragen.
Es gibt Menschen, die hungern sich bei vollem Kühlschrank und Brotkorb für den Bodymaßindex zu Tode.
Es gibt Menschen, die fliehen 14 Tage auf die Malediven und stehen braungebrannt nach dem Urlaub vor ihrem Scherbenhaufen zu Hause.

Quälen löst nicht. Auf Knien nach Lourdes oder gar nach Compostela zu wallfahren tut dem Körper gut, macht den Kopf frei, aber nimmt keine Schuld.
30 rote Rosen nehmen nicht das schlechte Gewissen.
Keine Sicherungsanlage nimmt die Angst.
Kein Kredit nimmt die Sorgen.

Unter uns gibt es viele, die sich selbst bestrafen. Wie Luther vor 500 Jahren.
Hochmodern ist das Geschäft mit der Angst, die Sucht nach Gesundheit, das Elend der Versagerinnen und Versager, das Elend all derer, die nicht so wurden, wie sie es selbst gedacht hatten.
Wir alle sind krankhaft süchtig:
Die Politiker sind süchtig nach Einschaltquoten und Sende-Sekunden.
Die Sportler und ihr Leben sind abhängig vom Erfolg.
Die Stars gieren nach Bekanntheit.

Du brauchst Streicheleinheiten.
Sie braucht Zeit.
Er braucht einen Neuanfang.

Wir alle messen. Das ist die größte Krankheit unserer Zeit: Wir messen.
Wir messen Liebe. Messen Zeit. Messen Quoten und Meter und Sekunden.
Da steht: Du bist geliebt. Du musst dich nicht quälen und verbiegen.

Nimm an: Du hast einen Brief erhalten.
1. Stockwerk. Kundenberatung. Du hast in letzter Zeit die Auszüge schon gar nicht mehr geholt. Du klopfst an. Du kennst die freundliche Dame von den letzten unangenehmen Gesprächen. Herz klopft. Magen grimmt.
Ja, wir beobachten Ihr Konto ja schon länger.
Weiß ich, leider.
Sie wissen ja, wir wollen immer das Beste für unsere Kunden. Nun, wir wollten mit Ihnen sprechen, was Sie mit den 25.000 Euro nun machen.
Gott im Himmel, 25.000 Euro. So schlimm sieht‘s also aus.
So schlimm? Hatten Sie mit mehr gerechnet?
Nein, noch mehr wäre noch schlimmer ...
Ich habe den Eindruck, sagt sie, wir reden aneinander vorbei. Sie haben ein Plus von 25.000 Euro, und ich wollte mit Ihnen sprechen, ob Sie es nicht vielleicht anlegen möchten.
Das kann nicht sein.
Irrtum ausgeschlossen.
Ich habe doch Schulden, das wissen doch Sie am allerbesten.
Nein, 25.743 Euro Haben.
Das muss ein Irrtum sein.
Irrtum ausgeschlossen.
Da, vor drei Wochen kam die Einzahlung: 40.000 Euro. Alle Schulden sind abgelöst.
Wer soll mir denn 40.000 Euro geben, und wofür?

Das klingt „wie im Märchen“.
Martin Luther schrieb vor 500 Jahren, die Nachricht (aus Römer 1,17 und 3,28) sei ihm „wahrhaftig das Tor zum Paradies gewesen“.

Wer lebt und antwortet heute noch so, dass das Paradies offen ist?
Wer öffnet die Tür zum Paradies?
Kein Kundenberater der Bank.
Allerdings die zwei Handvoll Menschen, die es gut mit dir meinen.
Und die Bibel, wenn du nicht nur darin blätterst.

Anzeige: Jana Highholder - Overflow. 137 Fragen für ein Leben in Fülle – Journal

Pastoralblätter-Newsletter

Ja, ich möchte den kostenlosen Pastoralblätter-Newsletter abonnieren und willige in die Verwendung meiner Kontaktdaten zum Zweck des E-Mail-Marketings durch den Verlag Herder ein. Den Newsletter oder die E-Mail-Werbung kann ich jederzeit abbestellen.
Ich bin einverstanden, dass mein personenbezogenes Nutzungsverhalten in Newsletter und E-Mail-Werbung erfasst und ausgewertet wird, um die Inhalte besser auf meine Interessen auszurichten. Über einen Link in Newsletter oder E-Mail kann ich diese Funktion jederzeit ausschalten.
Weiterführende Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.