Der Monatsspruch im Januar 2009

Ich habe den Herrn allezeit vor Augen; steht er mir zur Rechten, werde ich fest bleiben.
Psalm 16,8

Er arbeitet ihr zu. Es gibt keine Konkurrenz zwischen den beiden. Sie passen gut auf ihren jeweiligen Posten, der Monatsspruch und die Jahreslosung. Sie stellen uns Anfang 2009 gleich doppelt Gott mit seinen Möglichkeiten vor Augen, die eine allgemein, der andere speziell.
Gegenüber der Losung für ein Jahr zieht der Spruch für einen Monat zwar zeitlich den Kürzeren. Dafür soll er uns aber gleich für „allezeit" verlocken, Gott vor Augen zu haben. So arbeitet er Hand in Hand mit der Jahreslosung. Er präsentiert uns die Januar-Möglichkeit Gottes. Gott steht auf der Seite von uns Menschen. Ich habe einen Beistand. Gott hält mich fest und macht mich fest. Was kommt, kann mich vielleicht umhauen, aber nicht „beseitigen", nicht von Gottes Seite nehmen.
Allerdings: Gott dauernd im Blick zu behalten, wie soll das gehen? Das finde ich „bei den Menschen unmöglich". Das klingt doch sehr nach einem, wenn auch frommen Neujahrsvorsatz mit bekannt kurzer Halbwertszeit. Hat der Psalmdichter seinen Mund nicht etwas voll genommen? Gut, im Überschwang eines festlichen Gottesdienstes geht auch uns eine übertriebene Zeitangabe leicht von den Lippen. Ich singe: „Großer Gott, wir loben dich" und stimme mit ein: „Alle Tage wollen wir dich und deinen Namen preisen" (EG 331,10). Alle Tage, aber heute ist mir wirklich nicht danach!
Rückfrage: Wie ging das bei dir, lieber Psalmdichter, lieber Beter mit dem Namen König David? „Ich habe den Herrn allezeit vor Augen" - ist das Dichtung oder Wahrheit? Wann hast du eigentlich regiert? Wie war das im Kampf? Und gab es nicht Situationen, wo du keineswegs Gott vor Augen hattest, sondern etwa jene attraktive Frau eines anderen Mannes? Wir müssen permanent so viel im Blick haben, die Organisation des Alltags, die Anforderungen bei der Arbeit, den Freundeskreis. Wir wollen sehen, was in der fernen Welt sonst läuft. Ich beobachte, dass ich Gott recht schnell aus den Augen verliere.
Ich stelle mir vor, obwohl ich mit der Örtlichkeit nicht ganz vertraut bin, David sah von einem Palastfenster aus den Tempel. Dabei stand vor seinem inneren Auge „Gott ist gegenwärtig". Ich fahre auf dem Weg zur Arbeit immer an einer Kirche vorbei. Das Schultheater führt demnächst „Warten auf Godot" auf. Ich glaube nicht, dass es absurd ist, auf Gott zu warten in dieser Welt. Fast „allezeit" sehe ich Leute, die ein Schmuckkreuz tragen. Bringe ich es zum Sprechen, bekomme ich Gott vor Augen. Ich lese in der Zeitung „Deutsche sehen schwarz". Im Blick auf Gott muss ich an dem Punkt wahrlich kein Deutscher sein. Es gibt ständig Gelegenheit, Gott in den Blick zu bekommen.
Im Islam bewahren sie eine Weisheit, die man fast taufen sollte: „Zwischen Glauben und Unglauben liegt das Aufgeben des Pflichtgebetes" (in: Annemarie Schimmel, Die Religion des Islam, Stuttgart 2003, 36). Es gibt gute Gewohnheiten, es gibt schlichte Äußerlichkeiten, die mir Gott „automatisch" vor Augen führen. So wird mein Glaube immer wieder stabilisiert. Die Reformatoren legten sehr viel Wert auf das „äußere Wort". Die zufällig eingeschaltete Radioandacht. Bei günstigem Wind höre ich abends eine Betzeitglocke. Am Sonntag sind mir beim Schlusslied die Worte „Beständigkeit verleihe" (EG 347,6) aufgefallen.
Ich habe den Herrn in seinem guten Wort vor Augen, jetzt eben im Buchzeichen mit der Jahreslosung. So kommt Gott in seinem Wort auf mich zu. Ich will lernen, das wahrzunehmen. Vielleicht nicht immer, aber immer öfter ... Oder eben im Monatsspruch, der tut, was er von mir will: Er stellt mir Gott vor Augen. Insofern ist er ein zuverlässiger Zuarbeiter zur Jahreslosung, überhaupt zu allen Sprüchen, die uns das Jahr über begleiten, manchmal nur einen Tag oder eine Woche lang. Wenn ich sie höre, steht mir Gott vor Augen. Übrigens: Man kann diese Zeitangabe auch einmal keck verschieben. Selbst wenn ich Gott nicht allezeit vor Augen habe, steht er mir allezeit zur Seite.

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