Schon seit einiger Zeit höre ich von meinen Fortbildungsteilnehmer:innen aus Kitas ab und zu die Bezeichnungen „BrotboxKinder“ und „WarmesserKinder“. Doch bei jeder Erwähnung stelle ich fest, dass diese Wörter ein Unbehagen in mir auslösen oder mich zumindest irritieren. Zur Erklärung für alle, die diese Begriffe vielleicht noch nicht kennen: Als Brotboxkinder gelten diejenigen, deren Eltern sich – meistens aus finanziellen Gründen – gegen das warme Mittagessen in der Kita entschieden haben.
Seitdem mir diese Bezeichnung zum ersten Mal begegnet ist, versuche ich, mich in die Perspektive und das Empfinden der Kinder hineinzuversetzen, die so tituliert werden: Als „Brotbox-Kind“ sitze ich am Tisch zusammen mit den „Warmesser-Kindern“ und sehe, was sie sich auf den Teller schöpfen. Ich rieche den Duft des Essens, das mir wahrscheinlich auch gut schmecken würde, und höre womöglich noch Sätze wie: „Du kannst ja leider nichts von dem Essen bekommen, denn du bist dafür nicht angemeldet. Iss doch das, was du noch in deiner Box hast.“ Würde ich als Kind so etwas wie Neid, Traurigkeit oder Wut empfinden? Oder würde ich mich sogar ausgegrenzt fühlen? Immerhin wäre es auch möglich, dass ich den Inhalt meiner Brotdose vor lauter Hunger schon am Morgen aufgegessen habe. Und was bleibt mir dann am Mittag noch zu essen? Die Gründe meiner Eltern, warum sie mich zum „Brotbox-Kind“ gemacht haben, kann ich nicht wirklich verstehen.
Als Fortbildnerin frage ich mich regelmäßig, wie die Kita Eltern in prekärer finanzieller Situation bei der Auswahl des Verpflegungsangebots am Mittag entlasten kann. Eigentlich dürfte es doch gar nicht erst zu der Situation kommen, dass zwischen „Brotbox-Kindern“ und „Warmesser-Kindern“ unterschieden wird. Aber welche Lösungen kämen infrage, damit alle Kinder von einem warmen Mittagessen profitieren? Aus einer Kita erfuhr ich, dass dort dank des engagierten Elternbeirats ein Förderverein gegründet worden war. Die Mitglieder sind alle Eltern und einige von ihnen blieben auch nach dem Weggang ihrer eigenen Kinder aus der Kita im Vorstand. Immer wenn der Träger die finanzielle Unterstützung einer Anschaffung oder Förderung ablehnt – mit welcher Begründung auch immer – wendet sich die Kita-Leitung an den Förderverein. Dann überlegen sie gemeinsam, wie die Unterstützung vonseiten des Vereins aussehen könnte. Warum also nicht auch Eltern, die nur über beschränkte finanzielle Mittel verfügen und (noch) nicht vom Sozial- oder Jugendamt Geld erhalten, den Beitrag für das warme Essen aus Mitteln des Fördervereins stellen? Natürlich erfordert das von allen Seiten Vertrauen – von betroffenen Eltern etwa, dass sie zu ihrer Bedürftigkeit stehen – sowie gute Kommunikation und vor allem eine Umstellung des Mahlzeiten-Settings mit allem, was dazugehört.