Vor dem KonklaveDas Ding mit dem Heiligen Geist

Ab dem 7. Mai wählen die Kardinäle einen neuen Papst und werden der katholischen Tradition zufolge dabei vom Heiligen Geist geleitet. Doch diese Rede birgt Schwierigkeiten.

Annika Schmitz, Redakteurin der Herder Korrespondenz
© Florian Nütten

Das mit dem Heiligen Geist ist so eine Sache. In der (katholischen) Theologie gehörte die Pneumatologie lange nicht unbedingt zu den beliebtesten Traktaten, dort wurde der Geist als Dritter im Trinitäts-Bunde gar stiefmütterlich behandelt. Das zeigt sich nicht zuletzt im Apostolischen Glaubensbekenntnis, wo er mit einem einzelnen Glaubenssatz abgespeist wird; keine Ausführungen nötig – oder möglich.

Doch derzeit ist der Geist eine viel gefragte Person, schließlich steht im Vatikan ein Konklave an und ein neuer Papst muss gewählt werden. Die Bitte um das rechte Wirken des Heiligen Geistes durchwirkt deswegen den katholischen Globus, ist sie doch die einzige Form von Beteiligung an der Bestimmung der Nachfolge Petri, die die rund 1,4 Milliarden Katholikinnen und Katholiken weltweit im Gegensatz zu den 135 wahlberechtigten Kardinälen beisteuern können. 

Dass der Geist die Kardinäle offensichtlich nicht immer in die richtige Richtung lenkt, ließ sich in den vergangenen Tagen eindrucksvoll auf einschlägigen Plattformen nachlesen, auf denen der Tod von Franziskus gleichgesetzt wurde mit dem Ende eines fast häretischen Pontifikats. Das (un)rechte Wirken des Heiligen Geistes lässt sich in dieser Lesart schnell in Übereinstimmung bringen mit einem bestimmten Traditionsbegriff des 19. Jahrhunderts. Wer diesem nicht anhängt, die oder den hat der Heilige Geist wohl verfehlt. Theologisch ließen sich hier einige Anschlussfragen stellen.

Nun mag man eine solche Lesart als wenig überraschend wegwischen und darauf hoffen, dass reaktionäre Kräfte in der Kirche nicht die Oberhand gewinnen mögen. Doch wer um den Geist bittet, sollte dabei nicht vergessen, auch um die altbekannte Unterscheidung der Geister zu bitten. Sonst verschmelzen die Feuerzungen, mit denen die Geistkraft bildlich an Pfingsten auf die Kirche saust, schnell zu einem Mantel der Verschleierung. Der wiederum verbirgt, dass der Heilige Geist auf Erden nur allzu leicht mit blanker Machtpolitik verwechselt wird. Wie menschlich. 

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