Am Ende war es doch eine Überraschung. Mancher hatte gemutmaßt, es werde ein längeres Konklave geben. Aber offensichtlich ist das Kardinalskollegium nicht so gespalten, wie manche glauben machen wollten. Schon am frühen Abend des zweiten Tags des Konklaves kam es dann zu Menschentrauben und verstopften Straßen rund um den Petersplatz. Die noch größere Überraschung war, dass Kardinal Robert Francis Prevost als neuer Papst Leo XIV. verkündet wurde. Bei einem Ergebnis schon im vierten Wahlgang hätte man eher mit dem favorisierten Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin rechnen müssen.
Doch Prevost ist kein gänzlich unbeschriebenes Blatt, galt durchaus als Papstkandidat – wenngleich sein Name bei Spekulationen eher zurückhaltend eingespielt wurde. Im Jahr 2024 war die Gruppe der Gesellschaft katholischer Publizistinnen und Publizisten, die von Papst Franziskus zur Audienz empfangen wurde, auch zu einem Gespräch beim noch relativ neuen Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe. Er überzeugte.
Prevost ist in Chicago aufgewachsen, hat aber sehr lange in Peru gewirkt, später als Bischof, zuvor als einfacher Ordensmann in der Weite des Landes. Später war er dann 13 Jahre lang Generalprior der Augustiner in Rom. Schon aufgrund dieser ganz unterschiedlichen Aufgaben auf verschiedenen Kontinenten kennt er die katholische Weltkirche und hat beste Voraussetzungen für seine neue Rolle als Global Player. Als jemand, dem Evangelisierung im besten Sinne des Wortes nicht fremd ist, ist er ganz in der Spur von Franziskus: Er zeigte sich bisher zwar nur wenig interessiert an der Weiterentwicklung katholischer Lehre, aber mit großem Eifer für einen durch und durch pastoralen Ansatz, Barmherzigkeit gegenüber allen Menschen inklusive.
Zugleich wirkte er damals strukturierter als sein bisheriger Chef: Obwohl es in der Diskussion beim Thema erfolgter und ausstehender Bischofsernennungen hart zur Sache ging, wurde bei kaum einen Termin in der Kurie aufgrund seiner freundlichen, offenen, aber auch bescheidenen und damit gewinnenden Art so viel gelacht. Also ein Papabiler?
Das Alter des heute 69-Jährigen sprach eher dagegen, könnte das neue Pontifikat doch jetzt deutlich länger als die letzten beiden werden. Vor allem aber schien bis zum Aufsteigen des weißen Rauchs unwahrscheinlich, dass ein US-Amerikaner zum Papst gewählt werden wird. Doch Prevost, der auch eine italienische, eine spanische und eine französische Migrationsgeschichte in sich vereint, ist eben deutlich mehr als das. Jetzt ist er da, Leo XIV., und die Weltkirche darf gespannt sein, was seine ersten Schritte sein werden. Wo wird er ganz in der Spur von Franziskus sein, wo wird er neue Akzente setzen?