KirchenmusikImmer die alte Leier

Kirchenmusik muss nicht immer gleich sein: Ursprünglich gehörte Innovation sogar zum Job jedes Organisten.

Isabel Barragán
Isabel Barragán, freie Journalistin© privat

Kirchenmusik hat ein verstaubtes Image: Die Orgel, traditionell benannt als „Königin der Instrumente“, gilt bei vielen Gottesdienstbesuchern als sperrig, für neue Musikstile zu behäbig. Die hohe Anzahl an Kirchenaustritten hinterlässt Spuren: Viele Kirchenchöre schrumpfen, manche müssen schließen. In der musikalischen Ausbildung fehlt es an Nachwuchs: Deutschlandweit werden in Kirchengemeinden Kantoren gesucht, besonders in ländlichen Regionen fehlt es an Organisten. Eine evangelische Gemeinde im bayerischen Holzschwang wurde im Sommer 2023 kreativ: Nachdem der Organist mit 88 Jahren in Rente gegangen war, übernahm ein Roboter die Orgel. Weil sich kein Nachfolger fand, spielt heute regelmäßig „Organola“ zum Gottesdienst.

Musik ist aus Gottesdiensten kaum wegzudenken. Laut der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils (Sacrosanctum Concilium, Nr. 112) macht die überlieferte Musik der Gesamtkirche einen „notwendigen und integrierenden Bestandteil der feierlichen Liturgie“ aus. Geht es nach Musikwissenschaftlern, wäre dazu mehr als nur Chorgesang und Orgel möglich – und auch nötig: um Besucher wie auch Musiker besser anzusprechen und „beide Welten zusammenbringen“, sagte zuletzt Kirchenmusiker Franz Danksagmüller in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Neuschöpfung hat in der Geschichte der Kirchenmusik Tradition: Organisten waren ursprünglich nicht nur Musizierende, sondern auch Komponisten. Renaissancemusiker wie Conrad Paumann oder Antonio de Cabezon waren Organisten und Komponisten in Personalunion. Zwar gibt es bereits Ansätze, in Kirchen neuere – vertraute – Stilformen zu bringen: Pop, Jazz, Rock. Kirchenmusik könnte aber mehr Innovation wagen: Nicht nur, um die Gemeinden wieder besser zu erreichen. Sondern auch, um zu den eigenen Wurzeln zurückzukehren.

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