USAMormonen verlieren an Einfluss in Utah

Utah ist die Wiege der Mormonen. Seit der Gründung des Bundesstaates im Westen der USA gab die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" dort den Ton an. Doch das scheint sich nun zu ändern.

Tempel der Mormomen in Salt Lake City
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Die Zahlen lassen aufhorchen. Nur noch 42 Prozent der Bevölkerung des als „Mormonenstaat" bekannten Utah gehören zu der sogenannten „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage". Das geht aus einer Studie des „Journal of Religion and Demography" hervor, die das dramatische Schrumpfen der über Jahrzehnte dominierenden Religionsgemeinschaft in dem im Westen der USA gelegenen Bundesstaat dokumentiert.

Keine fünf Jahre ist es her, da waren noch sechs von zehn Einwohnern Utahs Angehörige jener Kirche, prägten Kultur und Lebensweise des „Beehive State", des Bienenkorb-Staates. Die bildhafte Bezeichnung bezieht sich auf den bienenhaften Fleiß, mit dem die Mormonen in einer unwirtlichen Gegend eine blühende Wirtschaft und für sich beträchtlichen Wohlstand geschaffen haben. Salt Lake City ist seit mehr als 175 Jahren ihr Hauptsitz. Weltweit gibt es mehr als 17 Millionen Mormonen. In den USA sind sie nach Protestanten, Katholiken und Juden die viertgrößte Glaubensgemeinschaft.

Warum geht ausgerechnet an ihrer historischen Wiege der Anteil der Mormonen an der Gesamtbevölkerung zurück? Dafür machen die Verfasser der Studie den ökonomischen Erfolg des Bundesstaates verantwortlich. Dies habe den Strom der Binnenwanderung umgekehrt. In der Vergangenheit seien viele Menschen aus Glaubensgründen nach Utah gezogen, während Nicht-Mormonen im Zweifel den Bundesstaat als Wohn- und Arbeitsort mieden, so der Soziologe der Universität Tampa/Florida, Ryan Cragun.

Inzwischen habe sich dieser Trend umgekehrt. Eine boomende Wirtschaft und die attraktive Natur lockten immer mehr US-Amerikaner in den Bundesstaat zwischen Colorado und Nevada; mit weitreichenden Folgen für die religiöse Landkarte. Bei nur drei Millionen Einwohnern mache sich Zuwanderung schneller bemerkbar als in bevölkerungsreicheren Regionen, so die Soziologin Bethany Gull von der Utah Tech University. Hinzu kommt offenbar, dass die Mormonen-Familien kleiner werden. Noch 1980 brachten verheiratete Frauen 1,6 mehr Kinder zur Welt als im Landesdurchschnitt. Jetzt liegt die Geburtenrate laut Studie nur noch 0,4 Prozent über dem nationalen Schnitt.

Schließlich breitet sich unter Mormonen, wie in allen Religionsgemeinschaften, Säkularisierung aus. Eine Umfrage der Zeitung „Deseret News" aus Salt Lake City von 2022 belegt, dass fast drei Viertel der Einwohner Utahs gleichgeschlechtliche Ehen unterstützen. Die Soziologin Gull: „Wenn das nicht für einen Säkularisierungsschub spricht..."

Bemerkbar macht sich der Trend in einem Mitgliederschwund - und, anders als bei Katholiken und Protestanten, nicht allein bei den Jüngeren. Generationsübergreifend verlieren viele ihre Bindung an ihre Religion, die Soziologen als eine jahrzehntelange „Zwangssubkultur" definierten. Zum einen liegt das an einer Reihe von Skandalen; von sexuellem Missbrauch bis hin zu finanziellen Unregelmäßigkeiten. Zum anderen aber auch an einem säkularen Konformitätsdruck, der durch die zugezogenen Nichtmormonen entsteht.

Schließlich kommt es immer auch darauf an, welche Methodik Demografen wählen. Und da besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der aktuellen Studie und dem jüngsten Vergleichswert von 2019. Auch dieser könnte die dramatische Diskrepanz der Ergebnisse zum Teil erklären. So wollten die Verfasser der jüngsten Erhebung unter den knapp 2.000 befragten Einwohner wissen, ob sie sich noch als praktizierende Mormonen bezeichnen. Die Gemeinschaft selbst zählt anders. Sie rechnet alle dazu, die im Taufregister stehen - unabhängig davon, ob sie heute noch zur Kirche gehen und ihre Glaubensgrundsätze im Alltag leben.

Rick Phillips, Soziologe der University of North Florida, sagt, es habe schon immer eine Kluft zwischen den „großzügig berechneten Mitgliederzahlen der Kirche" und den ermittelten Daten der Demografen gegeben. Das allein könne die Diskrepanz aber nicht erklären, so der Mitverfasser der Studie. Während der Unterschied zwischen der Kirchenstatistik und säkularen Erhebungen 1990 lediglich 8 Prozent ausmachte, ist er heute auf 18 Prozent gestiegen.

Von Thomas Spang
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