Katholische Krankenhäuser2024 ist Schicksalsjahr für Kliniken

Es wird ein Schicksalsjahr für Krankenhäuser. Weil sich die Finanzierungsreform verzögert, blicken viele Kliniken in einen finanziellen Abgrund. Besonders betroffen: die frei-gemeinnützigen Einrichtungen.

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Frust, Wut, Verunsicherung: Wenn Bernadette Rümmelin auf die derzeit laufende Debatte über die Reform der Krankenhauslandschaft blickt, bleibt wenig Raum für Gelassenheit. Zwar scheinen die zuletzt festgefahrenen Verhandlungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und den Bundesländern wieder in Gang zu kommen, wie das „Handelsblatt" am Freitag berichtete. Doch den Krankenhäusern rennt nach den Worten der Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbandes (KKVD) die Zeit davon.

Rümmelin macht Druck: 2024 sieht sie als Schicksalsjahr für viele Häuser. Steigende Personalkosten, hohe Inflation, fehlende Investitionen der Bundesländer: Weil die Häuser diese steigenden Kosten nicht einfach an die Kunden weiterreichen können und die Kassen das Minus erst verzögert ausgleichen, ist die Lage der deutschen Krankenhäuser laut Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) so schlecht wie noch nie. Fast 80 Prozent erwarten für 2023 ein negatives Jahresergebnis, beschreibt das Krankenhaus-Barometer der DKG eine prekäre Schieflage. „Fast kein Krankenhaus kann seine Ausgaben mehr aus den laufenden Einnahmen decken."

Eine vom Bundesgesundheitsminister eingesetzte Expertenkommission hatte 2022 ausführliche Vorschläge für eine Krankenhausreform vorgelegt. Das Ziel: Eine stärkere Spezialisierung, konkrete Qualitätsanforderungen und mehr Transparenz sollen die Versorgung der Patienten verbessern. Dabei soll es insgesamt weniger Krankenhäuser in Deutschland geben.

Zugleich sollen die Krankenhäuser anders finanziert werden, um sie aus dem ökonomischen Hamsterrad zu befreien: Sie sollen nicht mehr nur pro Fall bezahlt werden. 60 Prozent der Kosten sollen sie stattdessen künftig allein schon dafür erhalten, dass sie Technik und Personal vorhalten.

„Eine Krankenhausreform ist bitter notwendig", betont auch Rümmelin. Beim KKVD, Interessenvertretung von 267 Krankenhäusern an 340 Standorten, will man sich einem notwendigen Wandel nicht verschließen. „Wir müssen vor Ort neue Versorgungs- und Trägerstrukturen sowie Kooperationen eingehen", sagt die Geschäftsführerin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Allerdings: Aus ihrer Sicht läuft der Umbau derzeit ziemlich ungeplant und „destruktiv". Sie warnt vor „einem kalten Strukturwandel", bei dem die Politik die Krankenhäuser am ausgestreckten Arm finanziell verhungern lässt und für eine unkoordinierte Marktbereinigung sorgt. Notwendig seien Finanzhilfen, um die Zeit zu überbrücken, bis die Reform greift.

Rümmelin kritisiert Lauterbachs Krankenhausreform als einen „hoch wissenschaftlichen und theoretischen Prozess". Das Wissen der Praktiker vor Ort müsse viel stärker eingebunden werden. Es gehe „um Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Bürger", betont die Geschäftsführerin. Das bedeute, dass man die Krankenhauslandschaft nach den jeweiligen regionalen Bedingungen gestalten müsse.

Besonders von der schwierigen Situation betroffen sieht Rümmelin die frei-gemeinnützigen Häuser. Während die privaten Krankenhausträger Geld am Kapitalmarkt aufnehmen könnten und die kommunalen Kliniken im Zweifel von ihren Trägern mit Steuerzahlergeld über Wasser gehalten würden, könnten kirchlich und von Wohlfahrtsverbänden getragene Kliniken nur auf eigene - immer geringer werdende - Reserven zurückgreifen.

Die Folge: Im vergangenen Jahr waren 29 Krankenhäuser an 34 Standorten in einem Schutzschirm- oder Insolvenzverfahren. 30 der betroffenen 34 Standorte befinden sich in freigemeinnütziger, davon wiederum 13 in katholischer Trägerschaft.

Zugleich sieht Rümmelin die katholischen Krankenhäuser flexibel aufgestellt. Da sie zu strengem unternehmerischem Denken gezwungen seien, hätten katholische Träger schon seit Längerem Netzwerke und Verbünde von Kliniken und Sozialeinrichtungen gebildet und auch Spezialisierungen und Konzentrationen vorgenommen. Dabei seien auch Häuser geschlossen oder in geriatrische Allround-Versorger umgewandelt worden.

Die Zukunft der kirchlich getragenen Krankenhäuser sieht Rümmelin eher in großen Trägerstrukturen. Große Anbieter wie die Barmherzigen Brüder Trier im Südwesten, die Alexianer oder der Elisabeth Vinzenz Verbund hätten sogar überregional expandiert. Zugleich betont sie: „Von einem Rückzug der katholischen Träger aus dem Krankenhausbereich kann keine Rede sein."

Von Christoph Arens
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