Die Mission der MöncheImpulse von Michael Casey

Kaum jemand vermag derzeit die monastische Spiritualität so konzentriert aufzubereiten wie der australische Trappist Michael Casey.

Bernhard Eckerstorfer
© Simon Stubbs

Weltweit gesehen ist der 1942 geborene Michael Casey wohl der meistgelesene Autor in der klösterlichen Ausbildung und bei Tischlesungen in Refektorien der benediktinischen Familie. Dem EOS-Verlag St. Ottilien kommt das Verdienst zu, acht seiner Bücher ins Deutsche übersetzt zu haben. Caseys zahlreiche Bücher und Artikel im englischen Original zu lesen, lohnt sich besonders wegen seiner exquisiten Wortwahl, seines unnachahmlichen Stils und feinen Humors.

Michael Caseys Publikationen veranschaulichen, wie die benediktinische Lebens- und Denkform ihre formative Kraft für Klöster und suchende Menschen von heute entfalten kann. Ich möchte fünf Motive seines Werks ansprechen; sie sind wohl auch über das Mönchtum hinaus für eine kirchliche Erneuerung interessant.

Unterscheidbarkeit

Menschen, die in Klöster eintreten oder sie aus geistlichen Gründen aufsuchen, haben ein klares Ziel vor Augen: das Reich Gottes. Ihre Sehnsucht nach Verwandlung führt sie weg vom Eigenwillen hin zu ihrer eigentlichen Bestimmung. Das verlangt eine unterscheidbare Lebensweise mit charakteristischen Werten und Überzeugungen, die eine innerweltliche Logik übersteigen (self-transcendence). So werden Klöster für Michael Casey zu Orten, in denen Menschen aufblühen können (self-realisation). "Ein Mönch ist ein ganz lebendiger Mensch."

Dynamisches Traditionsverständnis

Casey ermutigt dazu, Autoren und monastische Praktiken früherer Zeiten zu studieren und für heute fruchtbar zu machen: "Wir sind zuerst Empfangende, bevor wir zu Übermittlern werden." Casey fasst Tradition als "Vermittlung von Leben" und sieht in einer geistlichen Tradition einen ständigen Transformationsprozess, der seine Energie von der Selbstoffenbarung Gottes erhält. Für Casey ist das Mönchtum kein Arsenal unveränderbarer Traditionen; der Wandel verlangt nach zeitgemäßer Anpassung und Inkulturation. Die sich entwickelnde Tradition ist aber stets an die Rückkehr zu den Quellen gebunden, damit sich die distinktive monastischen Kultur nicht im Vorgang des Updates auflöst. Casey formuliert ein Paradigma, das Einseitigkeiten vermeidet und das Mönchtum für die Zukunft relevant macht.

Kontemplation und Mystik

Das Ziel monastischen Lebens ist eine affektive Beziehung zu Christus, ja die Vereinigung mit Gott. "Vielleicht ist es an der Zeit, die mystische und kontemplative Dimension des benediktinischen Lebens deutlicher zu betonen, die Theorie und Praxis unserer Tradition mehr zu schätzen und sie denjenigen, die zu uns kommen, mutiger zu vermitteln." Das Gebet nimmt deshalb den größten Raum im Denken Michael Caseys ein.

Geistliche Freizeit

Ein Krisenzeichen ist für Casey, dass Mönche nur noch vereinzelt in die Bibliothek gehen. Gegenüber einem unerbittlichen Verlangen nach aufregenden Erlebnissen und medialer Unterhaltung bietet die Lesung eine Grundlage stiller, reflektierter Aufmerksamkeit. "Sie schafft oft eine hilfreiche Distanz zwischen uns und der Quelle unserer Ängste und verhindert, dass unsere Probleme immer wieder ins Bewusstsein dringen." Gerade auch eine nicht-religiöse Lektüre kann kreative Potentiale in uns freisetzen, die beflügeln. "Unsere Lektüre soll uns fortführen und uns nicht einfach dort lassen, wo wir sind." In der täglichen Lectio divina wird die Lesung selbst zum Gebet, wo der Geist Gottes die Regie übernimmt.

Askese für ein erfülltes Leben

Die Relativierung diesseitiger Ansprüche schafft eine beglückende Unabhängigkeit, die auch die Welt neu aufzunehmen vermag. Casey ist sich bewusst, dass es früher durchaus Fehlformen von Askese gegeben hat. Aber er benennt ebenso Einseitigkeiten der heutigen Zeit und konzentriert sich vor allem auf ein lebens- und glaubensförderndes Verständnis von Askese: Sie soll im Blick auf das ewige Leben bei Gott zu einem ungeteilten Herzen führen. Klassische monastische Werte wie Armut, Gehorsam, Keuschheit oder Beständigkeit fasst er mit heutigen Sensibilitäten und sieht sie eng verbunden mit der Demut. Ein mühevoller, aber gewinnbringender Weg, der ein Leben lang geübt sein will. Zentral ist dabei das gute Maß: nicht zu viel und nicht zu wenig. Das schwierigste klösterliche Trainingsfeld sieht der australische Trappist darin, im Rhythmus der Gemeinschaft ohne Murren auszuharren und in freudiger Geduld den Klosteralltag innerlich mitzuvollziehen, um durch seine weise Ordnung und inhaltliche Ausgestaltung von Gott verwandelt zu werden: "Let its magic work on you!"

Darin liegt die Mission des Mönchtums, die Michael Casey so am Herzen liegt und die das benediktinische Leben ihrerseits herausfordert und inspiriert.

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