I.
An diesem Tag bekomme ich zehn wundervolle, gelbe Zitronen geschenkt. Sie sehen nicht aus, wie die Früchte, die wir aus dem Supermarkt kennen, sondern eher so, wie auf einem Stillleben eines Alten Meisters. Die Zitronen stammen aus dem Kloster Tor de'Specchi. Schwester Maura Zátonyi, Professorin an der Benediktinerhochschule S. Anselmo und COMMUNIO-Autorin, lebt an diesem wunderbaren Ort. Draußen tobt der römische Straßenverkehr, doch hinter den Klostermauern befindet sich ein wahres Paradies: ein Klostergarten mit Zitronen- und Orangenbäumen, die jetzt, im Frühling, betörend duften.
II.
Schwester Maura hat die Geschichte des Klosters und seiner Gründerin hier aufgeschrieben. Gegründet von der in Rom bis heute hochverehrten Heiligen Francesca Romana, traten über Jahrhunderte vor allem die Töchter des römischen Adels in das Kloster Tor de'Specchi ein. Zeitweise lebten Hunderte Schwestern hier und widmeten sich der karitativen Fürsorge an Mädchen und jungen Frauen. Dieser Strom ist heute versiegt, die Töchter des römischen Adels verbringen ihre Zeit wohl mit anderen Beschäftigungen. Nur noch eine Handvoll Schwestern lebt dort, doch das Kloster beherbergt auch Nonnen aus aller Welt, die in S. Anselmo studieren und lehren.
III.
Jeremias Schröder, Abtprimas der Benediktiner, schrieb unlängst in einem Beitrag zur COMMUNIO-Reihe "Stadt der Wunder": "Seit einiger Zeit ist dieses Haus von Kämpfen umtobt. Die Oblatinnen sind wenige und alt. Die schöne Immobilie mitten in der Altstadt weckt vielerlei Begehrlichkeiten. Der Heilige Stuhl hat in väterlicher Fürsorge schon einen Kardinal zum Kommissar ernannt. Der gute Magen, von dem Mephistopheles dem Dr. Faust erzählt, speichelt schon."
IV.
Ob dieser herrliche Ort mit seinem hortus conclusus voller Zitronen und Orangen auch in Zukunft ein Kloster bleiben kann? Oder werden die Schwestern aus dem Paradies vertrieben, damit hier künftig betuchte Hotelgäste ein- und ausgehen? Das wäre kein erfreuliches Vermächtnis des Franziskus-Pontifikats.
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