32# Lachende TheatermaskePapst Leo XIV. und die US-Comedy

Der neue Papst zwischen "MAGA Theresia" und "Uncle Leo": Komödianten reiben sich bereits die Hände. Was sagt Humor über die Inkulturation von Religion in einer Gesellschaft?

Mosaik mit Theatermasken, 2. Jh. n. Chr., Kapitolinische Museen
Mosaik mit Theatermasken, 2. Jh. n. Chr., Kapitolinische Museen© Carole Raddato/Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0

"Der neue Papst", meint der Late Night Comedian Jimmy Kimmel, "lässt die Welt wissen, er sei ein Fan der White Sox." Sein Publikum in Kalifornien bricht in schallendes Gelächter aus. "Ja, genau: die White Sox. Mannomann. Jetzt wissen wir, woher er seine Leidensfähigkeit hat!" In einer Sportillustrierten heißt es, die White Sox seien "das schlechteste Franchise in der Geschichte von Baseball", aber was duldet man nicht alles aus Liebe zu den Nächsten.

Vielleicht ist es so, dass unsere "religiösen Gefühle" sich nicht nur im Modus der Empörung rühren, sondern besonders im Lachen.

Ich frage mich häufig, ob die enorme Dichte an katholischen Themen in der amerikanischen Comedy-Szene eine Art Volksfrömmigkeit widerspiegelt – bzw. was die Religion mit der Gesellschaft, ihrer kollektiven Imagination und Gefühlsprägung, verbindet.

Vielleicht ist es so, dass unsere "religiösen Gefühle" sich nicht nur im Modus der Empörung rühren, sondern besonders im Lachen. Ein höfliches oder gespieltes Lachen ist niemals ein gutes Zeichen. Schallendes, unkontrollierbares Gelächter schon. Es kann ein tiefer Ausdruck von Sympathie sein.

Humor basiert bekanntlich auf gemeinsamen Normen und Haltungen. Im Witz vibriert sowohl die Sozialisation wie auch die Inkulturation eines Milieus. Weltweit haben sich Unterhaltungsformate entwickelt, die das Zeitgeschehen im Modus des Humors thematisieren: Sie bilden eine Art der öffentlichen Vernunft und Deliberation.

Eine Generation an katholischen Entertainern

Besonders in den Neunzigern und Nullerjahren machten eine Reihe an Entertainern in der amerikanischen Öffentlichkeit Karriere, die einen katholischen Hintergrund hatten und ihn auf vielfache Weise entschieden thematisierten. Hierzu gehörten z.B. Conan O’Brien oder Louis CK, die ihre konfliktuöse Beziehung zur Religion vielfach in Humor verwandelten.

Wer diese Art der Unterhaltung beobachtet, wird erkennen, dass religiöse Themen im amerikanischen Comedy-Bereich nicht einfach als leichtes Ziel gesehen werden, nur für Spott taugen oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Vielmehr sind sie oft mit Selbstironie und einer Wärme verbunden.

Die 1970 geborene Melissa McCarthy betont, in einer "großen katholischen Familie erzogen" worden zu sein, und besuchte eine Ordensschule in Illinois. Die Schauspielerin bringt ihre Prägung häufig ins Spiel – egal ob bei einem Interview für Rolling Stone oder die New York Times. Sie beschäftigte sich als kritische Gläubige mit der Kirche und künstlerisch, etwa in Netflix Mini-Serie God's Favorit Idiot (2022), die ihr Ehemann Ben Falcone produzierte, mit der Frage von Berufung, Rettung und Auserwählung. Jim Gaffigan fasste seine "besten Katholikenwitze" während der Pandemie in einem Video zusammen: "Ich bin schon katholisch. Aber meine Frau, die ist wirklich katholisch. Schiitisch-Katholisch."

Wer diese Art der Unterhaltung beobachtet, wird erkennen, dass religiöse Themen im amerikanischen Comedy-Bereich nicht einfach als leichtes Ziel gesehen werden, nur für Spott taugen oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Vielmehr sind sie oft mit Selbstironie und einer Wärme verbunden. Gleichzeitig lebt Humor von Provokation, Stilbruch, Ironie, Paradox und Satire. Medienstrategisch bilden die zahlreichen Katholiken in den USA auch eine greifbare Größe, die auch für das lineare Fernsehen von signifikanter Bedeutung ist. Auf dieses Milieu trifft nun die Wahl von Papst Leo XIV., der unter anderem nordamerikanische Wurzeln hat.

Desi Lydic fragt in The Daily Show, ob Amerikaner das Zeug hätten, stille Prozessionen mit dem Papamobil zu erdulden, wenn doch so viele Monster Truck Shows lieben. Sie bringt Religion häufig in Position, um auch die Widersprüche in der amerikanischen Gesellschaft auszuleuchten. "Wie hat er sich seinen Namen ausgesucht? Was steht da, Leo14? So, wie man sich eine neue E-Mailadresse einrichtet?" Ihr Co-Host Michael Kosta meint in der Rolle eines chauvinistischen MAGA-Amerikaners, "Was bin ich katholisch? Nein, aber ich bin Amerikaner. Ich liebe es, wenn wir Sachen gewinnen – wie das Konklave, den Space Race, Toyotathons, Academy Awards. Reicht das nicht?"

Auch das fünfzig Jahre alte Segment in Saturday Night Live, das Weekend Update, eröffnete mit einem Bekenntnis durch den Moderator Colin Jost: "Als ein amerikanischer Katholik bin ich stolz auf den ersten amerikanischen Papst, was eine Sünde ist, sodass ich mich auch dafür schäme." Sein Kollege meint: "Als ich hörte, es sei ein superreligiöser Eiferer von der Südseite Chicagos, befürchtete ich erst, es sei Kanye [West]." Der Rapper gilt als ein Trump-Zelot und machte zuletzt Schlagzeilen, als er ein mit Hakenkreuz bedrucktes T-Shirt in seinem Online-Shop verkaufte. "Die Konservativen", sagt der mit Scarlett Johansson verheiratete Familienvater Jost, "machen sich Sorgen, ob Leo zu woke sein könnte. Aber jetzt mal im Ernst, Leute, wie woke kann ein 69-jähriger Mann aus Chicago schon sein?"

"He's going to go Torquemada on you, baby!"

Der vielleicht most outspoken Katholik unter diesen Comedians ist Stephen Colbert, worüber er etwa mit Bill Maher, Patricia Heaton und vielen anderen diskutierte. Stephen Colbert sitzt eine Woche nach der Papstwahl dem Jesuitenpater James Martin gegenüber. Pater Martin besuchte seine The Late Show schon vielfach. Er ist mit dem Comedian auch privat gut befreundet.

Es ist vermutlich eine harte Realität, auch eine neue Intimität im Glauben, dass für viele Amerikaner jetzt der Heilige Vater wie der eigene Onkel Leo klingt.

"Weißt Du, Jim", beginnt Colbert, um seine Betroffenheit nach der Wahl auszudrücken: "Es hat mich tief bewegt, den Papst auf Englisch sprechen zu hören. Nicht irgendein Englisch. Midwestern Englisch, stell Dir das vor! Mein ganzes Leben stellte ich mir den Papst als einen alten Mann mit einem komischen Akzent vor." Es ist vermutlich eine harte Realität, auch eine neue Intimität im Glauben, dass für viele Amerikaner jetzt der Heilige Vater wie der eigene Onkel Leo klingt.

"Naja", sagt der Jesuit, "in einer italienischen Zeitung habe ich gelesen, Papst Leo sei der am wenigsten amerikanische Amerikaner. Das ist neuerdings wohl ein Kompliment in Italien." 

Gerade hatte das Entertainment in den USA den Besuch von JD Vance vor dem Tod von Papst Franziskus und dem KI-Papstporträt von Donald Trump absorbiert, da machen die Kardinäle in Rom den Medien das ultimative Geschenk eines amerikanischen Papstes.

Für Colbert ist klar: "JD Vance muss aufpassen, sonst wird Papst Leo going to go Torquemada on you, baby!" Es ist schon bemerkenswert, dass der dominikanische Generalinquisitor Tomás de Torquemada (1420-1498) im Abendprogramm zu einer Pointe eines Witzes werden kann. Offenbar machen sich Katholiken in den USA nicht so viele Sorgen um die "Niedrigschwelligkeit" ihres Glaubenswissens.

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