#11 NamenstafelAlias, Ordensname, Patronate, Toponyme – Von der Gegenwart der Person in ihrem Namen

Namen sind mehr als ein Omen. Sie sind Zeichen der vielfältigen Gegenwart.

Tafel zum Gedächtnis an August Croissant (1870-1941), Landau
Tafel zum Gedächtnis an August Croissant (1870-1941), Landau© 4028mdk09/Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Es lebte zu Edenkoben in der Pfalz der Maler August Hörnchen (1870-1941): Dieser verwendete für sich, sooft er in Paris oder München residierte, den Decknamen August Croissant; warum kann ich nicht sagen. Eigentlich hatte er eine Ausbildung zum Anstreicher gemacht, doch die Kunstgewerbeschule sowie eine Freundschaft mit Franz von Stuck und Franz von Lenbach in München hatte ihn auf Abwege geführt, sodass er gerade als handwerklich versierter Dekorateur dem Jugendstil anhing. Er hinterließ eine Fülle an Werken und soll sogar 1909 die Flagge der Pfalz entworfen haben. Hauptsächlich ist er für seine Landschaftsmalereien bekannt, die historisierende Ansichten der Stadt Landau sowie Orte in der Pfalz und Bayern erlauben: Allerdings sind diese in Öl auf Leinwand ausgeführten Kunstwerke miserabel und unleidlich fürs Auge. Ein Freund aus diesem Ort vertraute mir einmal an: Vielleicht war August Hörnchen bzw. August Croissant, in der Heimat – "wo Malen keine Arbeit, sondern eine Lust" sei – hochverehrt, der unbegabteste Maler der Pfalz. Ever. Trotzdem legte er sich einen Künstlernamen zu, also kein Pseudonym, auch kein Alias, sondern ein nom de plume, das heißt, ein Name, der vom Stift, ein Name, der vom Werkzeug kommt.

Neulich erzählt mir eine Ordensschwester aus Oberösterreich bei ihrem 65. Ordensjubiläum vom Abend vor ihrer Ewigen Profess: Dies war ein Maiabend irgendwann in den späten Neuzehnhundertfünfzigerjahren. Zusammen mit vier weiteren Kandidatinnen liegt sie wach vor Aufregung. Am meisten trieb sie an jenem ungewissen Abend des Marienmonats um, welche Namen die Oberin für sie wohl ausgewählt hat. Sie hoffen und beteten innig darum, dass der für sie vorgesehene Name nach einer inspirierenden Heiligen sei, nicht irgendeiner fiesen Märtyrerin, wie etwa der Heiligen Lidwina oder gar Makrina. Es ging sich, um diese Anekdote abzuschließen, gut aus für alle vier frisch gebackenen Ordensschwestern. Und wenn auch diese Art der Namenszuweisung heutzutage nicht mehr praktiziert wird und junge Ordensleute ihre Namen selbst wählen dürfen, so verweist diese Praxis auf eine besondere Beziehung zu Gestalten aus der Geschichte von Gläubigen, das heißt, auf eine Stiftung und spirituelle Verknüpfung.

Im Namen geht das Geheimnis zugleich von Individualität und Vielfalt der Nachfolge über die Lippen.

Denn Namen sind mehr als ein Omen. Sie sind Zeichen der vielfältigen Gegenwart: Sie bewahren Menschen, Gebäude, Altäre oder auch Brunnen und Gassen vor der Anonymität, vor einer Gesichtslosigkeit vorm Herrn. Sie sind maßgebliche Bedingung von Anrufung und Verehrung. Im Namen geht das Geheimnis zugleich von Individualität und Vielfalt der Nachfolge über die Lippen, wird die Gestalt ansprechbar präsent.

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