Der WochenrückblickRücksicht

Was gegen die gereizte Stimmung in der Öffentlichkeit hilft.

Ob es an den heißen Temperaturen liegt oder der insgesamt angespannten Gemütslage in unserer krisengebeutelten Zeit? Jedenfalls verstärkt sich in den zurückliegenden Wochen mein Eindruck, dass die Stimmung in der Öffentlichkeit rauer und aggressiver geworden ist. Beim Einkaufen, in der Straßenbahn, am Getränkestand auf dem Volksfest und ganz besonders im alltäglichen Straßenverkehr: Immer häufiger wirken die Menschen auf mich gereizt, missgünstig und ausschließlich auf das eigene Vorankommen bedacht. Es wird gedrängelt, gehupt, geschrien und einander der Vogel gezeigt. Dabei scheint ziemlich egal, in welcher Rolle man sich bewegt: Ob motorisiert, als Radfahrer oder Fußgänger, Vater im Beisein der Kinder oder Rentnerin mit Krücken – alle teilen kräftig aus. Verständigungsversuche werden nicht selten mit einer Beleidigung quittiert.

Oder bin ich einfach dünnhäutiger geworden, vielleicht ebenfalls wegen der aufwühlenden Weltlage? Was hilft, ist wohl nur der Versuch, selbst einen kühlen Kopf zu bewahren und immer wieder auf den Überraschungseffekt einer entgegenkommenden Geste zu hoffen. Dazu Meldungen, wo es dringend mehr Rücksichtnahme bräuchte – oder sie bereits Wirkung zeigen konnte.

1 | Berlin. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist der „Erklärung von Münster zur Lohngerechtigkeit“ beigetreten. Der Schulterschluss mit dem Bund Katholischer Unternehmer, der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung und der Kolping-Initiative „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ fordert eine stärkere Tarifbindung und mehr soziale Gerechtigkeit.

2 | Langenau. Die baden-württembergische Stadt Langenau hat eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach Kundgebungen vor der Martinskirche vorerst verboten sind. Die evangelische Kirchengemeinde sah sich mit antisemitischen Protesten konfrontiert, nachdem sie ihre Solidarität mit den israelischen Opfern des Terrorangriffs der Hamas zum Ausdruck gebracht hatte. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz begrüßte den Erlass. Jüdisches Leben in Deutschland sei in jüngerer Zeit neuen Dimension des Hasses und der Gewalt ausgesetzt.

3 | Taibeh. Erneut ist das christlich-palästinensische Dorf Taibeh nördlich von Jerusalem Ziel von Brandanschlägen radikaler jüdischer Siedler geworden. Die Geistlichen des Ortes beklagen „systematische Attacken“, die bewusst auf die christliche Identität der Einwohner und deren religiöses Erbe zielten.

4 | Berlin. Der Negativpreis „Goldener Windbeutel“ der Organisation Foodwatch geht in diesem Jahr an die Alpenmilch-Schokolade von Milka. Der US-Konzern Mondelez hatte zunächst den Preis erhöht und kurz darauf das Gewicht der Tafel von 100 auf 90 Gramm verringert. Daraus ergibt sich eine annähernde Verdoppelung des Preises – bei einem Rohpreisanstieg von nur acht Prozent.

5 | Naumburg. Der Cranach-Triegel-Altar muss seinen Platz im Westchor des Naumburger Doms räumen. Das Kunstwerk beeinträchtige den Blick auf die mittelalterlichen Stifterfiguren, so der Internationale Rat für Denkmalpflege der Unesco. Seit der Maler Michael Triegel den Renaissance-Altar 2022 um ein Mittelteil ergänzte, gab es Streit um die Aufstellung (vgl. CIG Nr. 51/2022, S. 1).

6 | Rottenburg. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart stärkt mit einer neuen Publikation Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare. Die Broschüre Wir lieben uns – welch ein Segen! enthält Gebete für Paare, die nicht in einer kirchlichen Ehe leben, und soll neue Wege für eine queersensible Pastoral ebnen.

7 | Oldenburg. Auch im Straßenverkehr kann Beten nicht schaden: In Oldenburg wird an diesem Sonntag die erste Autobahnkirche Schleswig-Holsteins eröffnet. Die katholische Kirche Sankt Vicelin aus den 1960er-Jahren liegt nur wenige Meter von der Abfahrt „Oldenburg-Süd“ entfernt und soll künftig auch Autofahrern „Rast für die Seele“ bieten, so Gemeindereferent Hubertus Lürbke. In ganz Deutschland gibt es nach Angaben der Akademie des Versicherers im Raum der Kirchen derzeit 45 Autobahnkirchen.

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