Der Zirkus

Ein Besuch im Großzirkus in Magdeburg kommt unserem Autor vor wie eine Wanderung: Hernach ist man ein Stückchen weiter, aber wirklich geändert hat sich nichts.

Der Zirkus
© Christian Heidrich

„Vergessen Sie ALLES, was Sie über Circus wissen“, lese ich auf Plakaten, die verkündigen, dass „Krone“ Station in Magdeburg macht. Allzu viel zu vergessen habe ich nicht, denn mein letzter Zirkusbesuch liegt schon ein Dutzend Jahre zurück. Es war ein Kleinzirkus, eine Vorstellung in der rheinhessischen Provinz, und geboten wurden im Grunde drei oder vier artistische Nummern, die etliche Male variiert wurden. Das ruppige Messerwerfen gehörte dazu. Das Ganze war eher quälend, und zwischendurch noch eine „Sammlung“ für die artistische Ausbildung des Nachwuchses. Nun ja, Zeit für eine neue Erfahrung.

Die Show in Magdeburg war großartig. Schon das „Cassa“-Häuschen, darin ein höflicher älterer Herr mit einem osteuropäischen Akzent, konnte beeindrucken. Das Zirkuszelt ist riesig, an dem Abend wohl zu zwei Dritteln gefüllt, die Stühle bequem. Und dann geht es los mit einer Mischung aus Artistik, Archaik und Spannung, die kaum noch dem Theater eigen ist (da beherrscht häufig Prätentiöses die Bühne), einem Großzirkus offensichtlich doch. Die artistischen Klassiker, die Trapezkünstler, die italienischen Brüder mit den „flinken Füßen“, die Keulen-Kaskaden oder die Stunts am „Todesrad“ faszinieren. Ebenso die musikalischen Clowns als „Maître de Plaisir“. Schon lange habe ich nicht mehr ein solch herzhaftes, polyphones Kinderlachen als Reaktion auf ihre „Töne“ gehört. Gehen Kleinigkeiten schief, werden sie - Ehrensache - wiederholt. Der Applaus ist dann umso stärker.

Ob ich allerdings Löwen, Elefanten und Pferde sehen möchte, die sich auf die Hinterbeine stellen, jonglieren oder „Männchen machen“? Eher nicht, mag die Arbeit, die solche Stückchen möglich macht, auch riesig sein. Bin ich an dieser Stelle postmodern-skeptisch, nicht urwüchsig genug? Andererseits: Das Sägemehl von früher vermisse ich schon.

Als die Vorstellung zu Ende ist, fast drei Stunden sind vorbei, habe ich ein bisschen das Gefühl wie nach einer Wanderung. Nichts hat sich wirklich geändert, und doch ist man ein Stück weiter.

Am Rande:
In einer großen Buchhandlung der Stadt liegt ein großer Stapel mit Strittmatter-Tagebüchern. Es ist allerdings der Vorgängerband, nicht der soeben erschienene (vgl. Eintrag vom 20. August). Die Buchhändlerin erzählt, dass der aktuelle Band „ruckzuck“ ausverkauft war. „Erfreulich!“, sagt sie und dass es in wenigen Tagen eine neue Lieferung gibt. Es wäre interessant zu erfahren, ob sich auch in Freiburg oder Mainz jemand für Erwin Strittmatter interessiert.

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