Das Preußendorf

Christian Heidrich schaut sich auf dem Weg nach Berlin in einem brandenburgischen Preußendorf um. Dem evangelischen Prediger dort standen zu Ostern unter anderem „acht Eier vom Ackermann“ als Lohn zu.

Das Preussendorf
© Christian Heidrich

Nach der Hohenzollernbrücke in Köln habe ich Preußen etwas aus den Augen verloren. In Wernigerode fand sich noch ein kleines Denkmal, das Friedrich II. (1712-1786), „den Großen“, wegen seiner Verdienste um die Besiedlung einer vorstädtischen Kolonie würdigte, doch ansonsten nichts Auffälliges. Das scheint sich jetzt merklich zu ändern.

In Burg zunächst eine Erinnerungsstätte für Carl von Clausewitz (1780-1831), den preußischen General, der durch sein Werk „Vom Kriege“ zumindest in die Militärhistorie einging. Das ist sicherlich nicht mein Metier. Doch den Gedanken, dass im Kriege ein Großteil der Handlungsschritte „im Nebel“ geschieht, in der Ungewissheit verbleibt, finde ich durchaus nachvollziehbar.

Dann, kurz vor Genthin: ein „Preußendorf“. Am Ortseingang und auch am Ausgang weisen wappengeschmückte Steine darauf hin, dass man sich hier in Mützel, einem 250 Jahre alten Preußendorf, befindet. Auch hier wird auf den großen Friedrich verwiesen, der 1754/55 das Kolonistendorf „entstehen lässt“, wenige Jahre später die Kirche und die Schule. Die erstere, so wurde preußisch-korrekt zusammengetragen, kostete 1347 Taler, 9 Groschen und 6 Pfennige. Zu ihrem Patron wurde, nun ja, Friedrich der Große.

Auch die Unkosten für die Dienste des „Predigers“ wurden festgelegt, von 6 Groschen für die Taufe bis zu einem Reichstaler für die Leichenpredigt. „Ostern 8 Eier vom Ackermann, 4 Eier vom Kossaten, 3 Eier von Mietleuten, 2 Eier von den geringsten Leuten.“

Die kleine Kirche ist fein renoviert. Der sandige Weg, der auf sie zuführt, so makellos, dass ich mich kaum traue, auf ihm zu gehen. Die prächtige Mühle („Bockwindmühle“) und die gepflegten Häuser des Dorfes tun das Übrige. Begegne ich hier, ein wenig aus der Zeit fallend, einer der „humanen“ Facetten jenes Preußens, das sich, je mehr man von ihm weiß, umso weniger auf eine griffige Formel bringen lässt?

Am Rande und doch im Zusammenhang:
Darf man von einem Pfarrer erwarten, dass er auch im Zeitalter von unzähligen Predigtvorlagen, auch solcher aus dem Netz, seine Sonntagspredigt selbst verfasst? Für „seine“ Gemeinde, als eine Frucht seines geistlichen Lebens? Die Versuchung freilich, sich anderweitig zu bedienen, nennen wir sie die Instantversuchung, ist groß.

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