Im Gespräch

Es gibt Gespräche, bei denen einer das letzte Wort haben will. Es gibt nachdenkliche Gespräche, bei denen jeder zögert, das erste Wort haben zu wollen. - Echte Gespräche sind im Fluss.

Eine liebe Klassenkameradin aus meiner Schulzeit (1.-4. Klasse „Volksschule“) schrieb mir vor Kurzem ihr Lebensmotto:
„Wo kommst du her?“
„Aus den Klüften“, versetzte die Schlange, „in denen das Gold wohnt.“
„Was ist herrlicher als Gold?“, fragte der König.
„Das Licht“, antwortete die Schlange.
„Was ist erquicklicher als Licht?“, fragte jener.
„Das Gespräch“, antwortete diese.
(Märchen - von J. W. v. Goethe, 1795)
Ich kenne den Fundort nicht. Aber ich mische mich gern ein in das Gespräch. Noch lieber: Ich höre zu und lerne.

Was gibt mir die Hoffnung, sie habe - mit Goethe - Recht?
Es ist das Evangelium, das auf Gesprächen aufbaut. Nicht die lehrenden Sätze aus den Briefen; nicht die apokalyptische Sorge um das Ende sind das, was uns bei unserem Glauben hält. Es sind nicht die geschriebenen, es sind eher die gesprochenen und gegebenenfalls danach notierten Sätze. Sie klingen im Ohr, haben Bestand und einen Sprecher, eine Sprecherin.
Einer meiner Kollegen bestand nach einem dummen Streit über Sätze in seiner Predigt darauf: „Es gilt das gesprochene Wort!“ Noch hatten wir in den PASTORALBLÄTTERN keinen juristischen Streit um das geschriebene, von mir gelegentlich gekürzte oder erweiterte Wort.

Es gibt Gespräche, bei denen einer das letzte Wort haben will. Es gibt nachdenkliche Gespräche, bei denen jeder zögert, das erste Wort haben zu wollen. - Echte Gespräche sind im Fluss. Der Anfang - wir beginnen ein neues Jahr - wird schnell vergessen. Das Ende ist wie ein kurzer Windstoß, der die Blätter verwirbelt. Wesentliche Gespräche aber bleiben, sind eindrücklich.

Ob wir uns als Autorinnen und Autoren, als Abonnentinnen und Abonnenten unaufgeregt und schlicht um das eine oder andere Wort Jesu, um das eine oder andere Wort der Propheten oder der Mütter und Väter bemühen könnten? Was wäre das für ein Segen, wenn die vielen Sätze - auch unsre eigenen - sich auf dies eine oder andere Wort „stutzen“ ließen? Sind wir nicht alle „Wortmacher“ geworden?

Die Lyriker geben uns in kurzen Worten die Liebe vor, die Wettermacher den nächsten Tag. Die Belletristen erzählen Geschichten und die Wissenschaft macht Fußnoten. Wir Pfarrerinnen und Pfarrer leben von einem „Ich bin“ und trauen einem „Ich bleibe“. Keiner von uns weiß.

Es ist ein „neues“ Jahr.
Die EKD hat das neue Jahr 2016 unter das Thema „Eine Welt“ gestellt. (Die Themenjahre sind verabredet zwischen den staatlichen und kirchlichen Partnern der Reformationsdekade und des Reformationsjubiläums; siehe auch www.reformation-und-die-eine-welt.de <http:>.)
Die PASTORALBLÄTTER greifen dieses Thema im aktuellen wie in den kommenden Heften auf. Das geschieht in thematischen Beiträgen, in „Alternativpredigten“ und in „Miniaturen“. Wir haben die „Miniaturen“ neu aufgenommen in unsere Rubriken. Sie sollen kurz, auf zwei Manuskriptseiten von einer Erfahrung, einer Idee oder einer Kleinigkeit er­zählen, die andere inspirieren kann.</http:>

Ich freue mich, dass wir im zu Ende gegangenen Jahr eine Reihe „neuer“ Autorinnen und Autoren gewinnen konnten. Und ich bin dankbar für alle, die mir auch im neuen Jahr mögliche Autorinnen und Autoren nennen - möglichst bitte nach einer vorherigen Rücksprache mit den Genannten.
Der bisherige „Haushomiletiker“ Prof. Dr. Albrecht Grözinger, Basel, emeritiert. Er hat gebeten, nicht mehr ganz so häufig eingebunden zu sein. Ich freue mich, dass wir auf seine Empfehlung hin Prof. Dr. Hans-Ulrich Gehring, Bad Boll, für innovative und häufige Beiträge in der Rubrik „Predigt im Gespräch“ gewinnen konnten.

Im vergangenen Jahr ist der Umfang der PASTORALBLÄTTER deutlich gewachsen. Das lag einerseits an der intensiven Teilnahme am Probeprozess für eine Perikopenreform der EKD, die uns wohl 2017 alle erreichen wird (Perikopenreform, Revision der Lutherbibel, der Wochen- und Monatssprüche; eine Neuauflage der Agenden und des Evangelischen Gesangbuches etc. werden sich anschließen müssen).
Andererseits haben wir bewusst das Angebot der „Alternativpredigten“ erweitert. Dieses Angebot bleibt nach Rücksprache mit dem Verlag erhalten und wird durch die eine oder andere „Besondere Predigt“ ergänzt.
Frauen und Männer sind seit vielen Jahren in den PASTORALBLÄTTERN ohne besonderen Hinweis als Autorinnen und Autoren „gendergerecht“ beteiligt. Mir ist das ebenso wichtig wie der Versuch, möglichst alle Regionen und Landeskirchen zu beteiligen. Das wird so bleiben.

Neben dem Thema „Reformation und die Eine Welt“ sowie den bleibenden „Alternativgottesdiensten“ und den „Miniaturen“ wird uns die Annäherung an das Reformationsjubiläum 2017 beschäftigen. Daneben bleiben natürlich die Gottesdienste zu den Perikopen, die Beiträge zu Wochen- und Monatssprüchen, die thematischen Beiträge, die Buchtipps wie die Hinweise auf Neuerscheinungen, die Kasualansprachen.
Erst recht natürlich die von den Abonnentinnen und Abonnenten geschätzten „Bausteine“, die jeder Ausgabe kostenlos beiliegen und zwischenzeitlich im 21. Jahrgang erscheinen. Sollten Sie als Bezieher/in der PASTORABLÄTTER und „Neueinsteiger“ vielleicht den einen oder anderen Monat vermissen - der Schriftleiter hat sie alle (als Dateien im Rechner) und kann Sie gerne - ich bitte um terminliche Kulanz - kostenlos zuschicken. In der Print-Ausgabe bzw. auf der erfreulicherweise mehr und mehr genutzten Webseite ist eine Veröffentlichung allein schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

Viele machen zwischenzeitlich von der einfachen Download-Möglichkeit oder vom preisgünstigeren reinen Online-Angebot Gebrauch.
Das Download-Archiv enthält alle Inhalte der Pastoralblätter ab Nr. 1/2007 in digitaler Form. Die Inhalte sind sowohl nach Rubriken als auch nach Heften zugänglich. Unter „pastoralblaetter.de“ finden Sie alles Wichtige für Ihren Download und rund um die PASTORALBLÄTTER.

Die PASTORALBLÄTTER bleiben auch im 156. Jahrgang nicht nur aktuell, sie bleiben auch vielseitig, nicht auf eine theologische „Schule“ festgelegt, bunt, zuverlässig, neuen Ideen aufgeschlossen und gesprächsfreudig.

Ich wünsche mir, dass wir im Gespräch bleiben.
Das gilt auch für den Redaktionsbeirat, dem ich - auch im Namen des Verlages - ganz herzlich für Ideen, Beiträge, Kritik und Gemeinschaft danke:
Pfarrerin Dr. Henrike Frey-Anthes, Kupferzell; Pfarrer Jochen Lenz, Werther; Pastor Henning Kiene, Hannover; Pfarrer Matthias Storck, Herford; Pastorin Catharina Uhlmann, Hannover.

Wir wünschen uns, dass die PASTORALBLÄTTER Ihren zunehmend anspruchsvolleren und zeitintensiveren Dienst erleichtern und inspirierend begleiten.
Ihnen allen ein von Gott gesegnetes neues Jahr 2016.

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