Der Monatsspruch im Juni 2009

Petrus sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
Apostelgeschichte 10,34-35

Wir haben die Wahl. Im Juni sind Kommunal- und Europawahlen. Im ganz Kleinen, vor Ort, und im ganz Großen, europaweit, wird gewählt. Diese Wahl verbindet alle, grenzüberschreitend. Da fügt sich gut unser Monatsspruch ein. Er ist wie ein früher Abglanz der freiheitlich-demokratischen Ordnung und legitimiert die volkskirchliche Gestalt unserer Kirche: Bei Gott sind alle willkommen. Er lädt alle ein ohne Ansehen der Person.
Doch da tun sich Widerhaken auf, so angepasst ist unser Monatsspruch dann auch nicht: Geschrieben wurde er, als das Evangelium auf dem Vormarsch war, heute ist es in Europa eher auf dem Rückzug, auch wenn Religiosität zu boomen meint. Petrus hat etwas von Gott begriffen, der Gottesbegriff wird aber in vielen Verfassungen lieber draußen gelassen. Gott erscheint als nicht parteiisch, bei Wahlen geht es aber um Parteien, um Lobby, um Interessen, Ziele und deren Verwirklichung. Schließlich: Gott ist allen genehm. Das hat sich umgedreht. Heute fragen wir lieber nach dem Gott, der uns genehm, uns angenehm, uns wohlgefällig ist. Wir wählen Gott aus.

Aber: Haben wir wirklich die Wahl? Gott sieht die Person nicht an. Ist er denn blind? Schaut er vorbei an uns? Das passt nicht zu einem Gott, dessen Segen die Zuwendung seines Blickes meint. Er muss mich sehen und anschauen. Sieht Gott eben nicht auf das Äußere, was uns und anderen wichtig ist, sondern schaut er lieber und nur auf das Innere, auf das Herz, die Seele, die Gesinnung und Gedanken? Ist das nicht wieder irgendwie weichgespült in einer Saint-Exupéry-Romantik? Als ob wir nur Innenwesen wären? Innen und außen gehören bei uns zusammen. Ich bin mein Gesicht, wie ich mein Herz bin. Für Gott ist aber unser verständliches „Spiel" mit innen und außen, innerlich und äußerlich keine wirkliche Sichtweise auf uns. Die durchschaut er wirklich. Er sieht nicht bloß uns an, sondern er sucht sich. Er sucht sich in uns, besser: in unserem Leben, ob er darin vorkommt, ob er darin Gestalt gewinnt, ja prägend wirkt, sowohl im Herzen als auch in dem, was wir tun, wie wir sind, wie wir erscheinen. Er sucht danach, ob wir unsere Bestimmung als seine Ebenbilder finden, ob wir sein Geheimnis an uns tragen, ob wir uns dem Angesicht Christi annähern, ob wir auf die eine und immer wieder von ihm gestellte Frage nach uns eine ihm gemäße Antwort geben. So wie Kornelius, der Petrus unseren Monatsspruch entlockt und der dem Engel Gottes vertraut und nach Petrus, dem Gottes-Boten, suchen lässt, jenem, der ihm Gott ins Leben zeichnet. Und diese Suche Gottes nach unsere Antwort auf ihn geht quer zu allem, was wir sonst sind, wie wir und andere uns als Personen sehen oder zu solchen machen, quer zu Hautfarbe, Nationalität, Herkunft, sexueller Ausrichtung. Es zählt nur, ob Gott sich in uns entdeckt oder nicht.

Wir haben also keine Wahl. Für Petrus war unser Monatsspruch eine erlösende Erkenntnis, keine reine Kopfsache. Mit ihr fängt er seine Predigt an. Es ist die Predigt, die Kornelius hören wollte und in der er Gott als den sehen möchte, der sein Leben bestimmt. Die erlösende Erkenntnis ist: Zuerst einmal (und immer wieder zuerst) haben wir keine Wahl - wie bei unserer Geburt. Wir müssen keine Wahl treffen, wem oder wo wir das Evangelium weitergeben, dem sind nur natürliche, aber keine göttlichen Grenzen gesetzt. Wir dürfen einfach, auch wenn eben dies nicht so einfach ist, Gottes Suche mit vollziehen und entdecken, wo er sich bei uns abbildet; wo bei den Menschen, die uns auf den Weg gegeben sind, Christus seine Spuren hinterlässt. Diese Suche verläuft quer zu allem, was wir so als Raster im Kopf haben, so quer, wie Gottes Inkarnation quer läuft zu dem, was sonst so von Gott zu denken und zu sagen ist. Erwählt hat Gott jeden, entdecken müssen und dürfen wir, wie diese Erwählung persönlich aussieht. Gleich, ob kommunal in Bayern oder europaweit in Finnland.

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