PredigtFreuet Euch

Jesaja 66,10-14

Wochenpsalm

Psalm 84,2–13 - Auszug: „Gott der Herr ist Sonne und Schild; / der Herr gibt Gnade und Ehre. Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen. Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!“

Predigttext

Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid. Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust. Denn so spricht der Herr: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen. Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden. Ihr werdet's sehen und euer Herz wird sich freuen, und euer Gebein soll grünen wie Gras. Dann wird man erkennen die Hand des Herrn an seinen Knechten und den Zorn an seinen Feinden. Jesaja 66,10-14

Predigt

Liebe Gemeinde,
nun sitzen wir in unseren Wohnungen und Häusern. Mir fehlen die vielen Begegnungen mit Ihnen in Ahlbeck und Zirchow sehr. Persönlich, wenigstens mit einem Blick in die Augen, das ist doch echtes Leben. Das Telefon bietet jetzt für die Zwischenzeit einen guten Ersatz.

Manchmal spüre ich auch eigene und fremde Angst. Sie will aufsteigen und lässt sich gelegentlich schwer besiegen. In der Nachbarschaft gehen die jungen Frauen und Männer in die „Kurzzeit“. Existenzen geraten in Gefahr. Familien sind verteilt. Ein Patenkind war noch in Mexico, ein Freund arbeitet in Afrika. Jetzt sind sie wieder zuhause und mindestens zwei Wochen isoliert. Und unsere Kinder leben auf dem Festland: München, Leipzig, Hannover, mitten in der wuseligen Innenstadt. Sie wären vorletzte Woche gerne „noch schnell“ nach Hause gekommen. Sie haben aber verzichtet, wollten mögliche Infektionen nicht weitertragen. Sie sind zum Glück gesund.

Unsere Sorgen verwandeln sich immer wieder zu Gebeten. Im Sinn habe ich wieder ein altes Nachtgebet: Müde bin ich, geh zur Ruh – (Evangelisches Gesangbuch Nummer 484).

„Alle, die mir sind verwandt,
Gott, lass ruhn in deiner Hand;
alle Menschen, groß und klein,
sollen dir befohlen sein.“

„Lätare“ - „freuet Euch“

Der Predigttext heute wechselt den Ton, der uns durch die zurückliegende Woche begleitet hat. Er findet Worte, die die Angst niemals wählen würde. „Lätare“, „freuet Euch“ heißt dieser Sonntag. Freuet Euch. Dem Volk Israel war ein Land versprochen, in dem würden Milch und Honig fließen. Und: Dieses Versprechen hat Freude ausgelöst, schon bevor es eingelöst werden konnte. „Vorfreude ist die schönste Freude“, sagte meine Mutter gerne. In den Fastenzeiten liegt immer eine Verheißung, die auf ein Ziel hinweist.

Ein einziges Versprechen hat die Kraft, der Gegenwart Glanz zu geben. Das Versprechen Gottes entfaltete die Kraft, die ein ganzes Volk benötigte. Und sie kamen durch die Wüste. So wie wir es jetzt auch erwarten.

Der Zukunftsforscher Mattias Horx stellt sich vor, wie er im September 2020 in einem Straßencafé sitzt, vor ihm eine Tasse Kaffee. Er stellt seinen Leserinnen und Lesern einen neuen Alltag vor, der von den jetzigen Erlebnissen profitiert: „Die körperliche Distanz, die der Virus erzwang, erzeugte gleichzeitig neue Nähe. Wir haben Menschen kennengelernt, die wir sonst nie kennengelernt hätten. Wir haben alte Freunde wieder häufiger kontaktiert, Bindungen verstärkt, die lose und locker geworden waren. Familien, Nachbarn, Freunde, sind näher gerückt und haben bisweilen sogar verborgene Konflikte gelöst“ (aus: www.horx.com und www.zukunftsinstitut.de). Die Vorstellung, dass wir unsere Haustüren wieder öffnen werden und wieder zur Kirche gehen und Menschen richtig begegnen können, sorgt für etwas hellere Gedanken.

Von der Verheißung des Gelobten Landes zehrte eine ganze Generation. Von der Verheißung Gottes zehren wir beständig. Da geht es elementar zu: „Nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes“. Der Gott der Bibel rechnet auch bei uns Erwachsenen mit kindlichen Bedürfnissen. Die spricht er an, er erkennt unsere Trostlosigkeit und unsere Trostbedürftigkeit. Und er spart nicht mit Trost: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Es geht um Gott, der bleibt Hinwendung zu uns. Und wir lernen im Moment neu Gemeinde zu sein, Zusammenhalt zu wahren ohne direkten Kontakt halten zu können. Wir teilen viele Ängste und wir teilen die Verheißung Gottes. Der Verheißung aber gehört dieser Sonntag.

Mitten in der Fastenzeit – es sind nur noch wenige Wochen bis Ostern – tritt die Auferstehung Jesu in unser Blickfeld. Da kommt Vorfreude auf. Auferstehung ist für uns zunächst Verheißung. Wir nehmen schon jetzt an der Auferstehung teil. Das neue Leben ist aus der alten Welt nicht weg zu denken. Der Karfreitag, das Kreuz, der Tod Jesu, diese dunkle Stunde der Menschheit und Gottes, wird einmal kurz übersprungen. Das sorgt heute für Trost, denn die Osterbotschaft reduziert die Angst, im besten Fall befreit sie uns von der Angst. Das erleben viele von uns.

Ich denke an unsere Ahlbecker Kirche: Mit Bedacht haben die Erbauer das Christusfenster in die Mitte gestellt. Es ist Verheißung, was wir hier sehen. Das schwere Kreuz als steinerne Siluette immer im Blick, schmälert die Verheißung nicht. Denn es war der Tod Jesu, der Tod durch Menschenhand, der uns zu dieser Quelle des Lebens bringt.

#balkonsingen

Die stärkste Kraftquelle liegt im Moment bei den vertrauten Worten, die einen ganz elementar ansprechen. Sie geben der Verheißung eine Sprache für unsere Zeit. Viele, die in der Not die Sprache für den Glauben verlieren könnten, entdecken das neu. Wir sind alle dabei, die alten Kraftquellen, die uns von Kindertagen an vertraut sind, neu zu entdecken. Sie sind die Muttermilch, die den Glauben, der in uns gewachsen ist, angefüttert haben.

Im Pfarrhaus in Ahlbeck und gelegentlich auch in Zirchow leuchten abends ab 19.00 Uhr Kerzen aus den Fenstern. - Das machen seit Donnerstag viele Menschen in ganz Deutschland. - Zu zweit singen wir: „Der Mond ist aufgegangen“. Es ist für uns ungewohnt. Selten haben wir nur zu zweit gesungen. Es waren doch immer die Kinder oder Gemeinde dabei oder einer unserer Kirchenchöre. Aber wir entdecken gerade, wie die unterschiedlichen Strophen dieses Liedes, neue Kräfte entfalten und dann schließen wir mit:

„So legt euch Schwestern, Brüder
in Gottes Namen nieder.
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und lass uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbarn auch."
(Evangelisches Gesangbuch 482,7)

In Gedanken treten beim Singen viele Menschen vor das innere Auge. Ich habe auch den Blick von den Altären über die Kirchen, viele Ihrer Gesichter vor Augen. Der fehlt am Sonntag. In diesen Liedern liegt eine Kraft, die die Sorgen einmal überspringt. Und das Wissen, dass andere an anderen Orten auch singen, tröstet heute. Am Sonntag werde ich abends eine Leuchte vor das Christusfenster stellen. Dann ist der Christus auch von draußen zu sehen. Er zeigt uns: Wir leben von dieser Verheißung.

Fürbittgebet:

Jesu, meine Freude.
Wir singen es.
Allein und mit schwacher Stimme -
und sind nicht allein.
Wir singen es.
Getrennt von unseren Freundinnen und Freunden -
und sind nicht allein.
Erbarme dich.
Jesu, meine Freude.
Wir singen es bangen Herzens,
in Sorge um die Kranken -
und sie sind nicht allein.
Wir singen es bangen Herzens,
in Trauer um geliebte Menschen –
und sind nicht allein.
Erbarme dich.
Jesu, meine Freude.
Wir singen es unter deinen Schirmen.
Wir singen es
und bitten um Schutz und Schirm für alle
die pflegen,
die forschen,
die retten.
Wir singen es
und bitten um Frieden
in unserem Land,
bei unseren Nachbarn
in Syrien.
Erbarme dich.
Jesu, meine Freude.
Allein und in dir verbunden singen wir.
Wir singen und loben dich.
Wir singen und beten mit unseren Freundinnen und Freunden.
Wir singen und hoffen für alle, um die wir Angst haben,
Dir vertrauen wir uns an,
heute, morgen und jeden neuen Tag. Amen.

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