Von uns Leitungskräften verlangt die Doppelrolle viel Zuversicht und eine positive Einstellung zu ihrer Komplexität. Pädagogisches, personelles und betriebswirtschaftliches Management gehören zum Leitungsprofil, um dem Kosmos „Kita“ mit allen Beteiligten und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.
Erste Verbesserungen treffen auf die Realität
Unsere Trägerin, die Stadt München, hat das Dilemma erkannt und eine klare Regelung in ihr „Leitungskonzept“ aufgenommen. Diese sieht je nach Einrichtungsgröße Zeitfenster für die vielfältigen Aufgaben vor. Unterstützt werden wir von einer externen Verwaltung, die uns den vorbereitenden Service für den Kita-Betrieb abnimmt. Das steht auch in den Förderrichtlinien des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes und kompensiert zumindest ansatzweise die mangelnde Anerkennung unseres Managements durch die Politik.
Inzwischen werden Arbeitsstunden des Leitungsteams auf den Personalschlüssel angerechnet. So sind wir volle pädagogische Fachkraft im Kita-Alltag und Leitung in einer Person. Trotzdem machen täglich wechselnde Rahmenbedingungen wie Personalengpässe unsere Arbeit zum Balanceakt. Bei akuten Ausfällen müssen wir dafür sorgen, dass die Fachkraft-Kind-Relation korrekt bleibt, um das Kindeswohl zu sichern. Genau solche Situationen machen unser Dilemma aus, denn wir müssen ständig priorisieren: Was ist gerade wichtiger: der Termin mit Eltern zur Vertragsunterzeichnung oder das weinende Kind? Die Begehung einer Baustelle oder die Hausaufgabenbegleitung? Nebenbei müssen wir entscheiden, ob wir an einer Besprechung teilnehmen oder ob uns das Protokoll reicht. Diese Beispiele sind nur ein Ausschnitt unserer tagtäglichen Zwickmühle.
Wir stellen uns den Herausforderungen
Die Arbeitsrealität verlangt größtmögliche Flexibilität beim Planen und kurzfristigen Umdisponieren. Wir praktizieren daher ein anpassungsfähiges Zeitmanagement, das unvorhergesehene Zeitlücken sofort identifiziert und optimal nutzt. Tut sich im Verlauf eines Tages oder einer Woche ein noch so kleines Zeitfenster auf, nutzen wir es für drängende Verwaltungsaufgaben. Unsere Situation erfordert den schnellen Rollentausch zwischen Management und Pädagogik. Durch ressourcenorientiertes Delegieren an Kolleg:innen, zum Beispiel bei der Essensbestellung oder den Anwesenheitslisten der Kinder, können wir die Situation gut abfedern. Aber gefragt ist auch der Mut zur Lücke, um andere Herausforderungen zu meistern.
Gute Planung ist eben doch nicht immer alles
Als sinnvoll hat sich für uns erwiesen, dass wir in unserer Jahresplanung auch gleich Termine für die Platzvergabe, für Neuaufnahmen oder Onboarding-Prozesse neuer Kolleg:innen festlegen und die Urlaubsplanung berücksichtigen, um Spielraum zu haben. Trotz gewissenhaftem Vorgehen ist diese Art zu planen aber nicht immer von Erfolg gekrönt und muss manchmal durch erhöhtes Engagement oder Überstunden ergänzt werden.
Die Doppelrolle schafft Nähe zum Alltag
Pädagogisch im Kita-Alltag mitzuarbeiten, ist für uns selbstverständlich, um die Situation hautnah mitzuerleben und nötige Veränderungen nachvollziehen und anstoßen zu können. Außerdem wollen wir die Nähe zu den Kindern, den Familien und den Teammitgliedern halten. Personelle Engpässe zwingen uns sowieso zu dieser Selbstverständlichkeit, die aber eine vertrauensvolle Beziehung zu uns als Ansprechpersonen ermöglicht und für ein gutes Betriebsklima sorgt. In Krisenzeiten gibt das Halt und Zuversicht. Intensive Teampflege auf der Grundlage von Transparenz und Vertrauen sichert uns wiederum die Solidarität und Unterstützung des Teams. Durch unsere Mitarbeit und Begleitung des Alltagsgeschehens können wir Bedürfnisse und Themen des Teams sowie der Kinder und Eltern leichter erkennen und passender beantworten. Für die Gesundheitsvorsorge aller Beteiligten müssen wir lernen, die Priorisierung von Aufgaben schneller umzustellen und zur Not auch mal etwas liegen zu lassen. Unverzichtbar bleibt dafür die offene und ungeschönte Reflexion im Leitungsteam und mit den Kolleg:innen, da sie uns Aufschluss darüber gibt, ob wir die umfangreiche Arbeit verlässlich leisten, ohne die Begeisterung für unsere erfüllende Tätigkeit zu verlieren.
Eine Aufstockung könnte das Dilemma lösen
Zurückgestellt werden bei uns als erstes Aufgaben der Vernetzung mit anderen Einrichtungen und Institutionen, um Verwaltungsaufgaben zu erfüllen. Doch das wirkt sich langfristig demotivierend und qualitätsmindernd auf die Leitungstätigkeit aus. Durch die Besetzung einer pädagogischen Stelle für die im Leitungskonzept definierten Zeiträume wären stressige Phasen, die die Begleitung mehrerer Situationen an verschiedenen Orten erfordern, leichter zu bewältigen, ohne Personen zu vertrösten. Das wünschen wir uns von unserer Trägerin. Die Aufgabenbereiche wären klarer profiliert und es bliebe genug Zeit, um anstehende Managementaufgaben in Ruhe zu erledigen.
Trotz des Spagats lieben wir unseren Beruf
Die Besonderheit, in mehreren Bereichen gleichzeitig gefordert zu sein und Menschen in ihren Bedürfnissen zu begleiten, macht unsere Leitungstätigkeit einmalig. In zahlreichen Situationen eine Entscheidung zu treffen und die Balance zwischen den Anforderungen der Aufgaben und dem Wohlbefinden aller Beteiligten zu halten, macht unsere Arbeit zwar herausfordernd, aber auch bereichernd. In diesem Sinne lautet unser Motto also: „Challenge accepted!“