Am 7. Oktober 1571 fand im Ionischen Meer
vor dem Eingang zum Golf von Patras bei
Lepanto (heute Nafpaktos) eine der
grausamsten Seeschlachten der Frühen
Neuzeit statt, in deren Verlauf bis zu 140 000
Menschen kämpften und knapp 38 000 den
Tod fanden. Als Kontrahenten standen sich
in dieser „letzten großen Galeerenschlacht“
das Osmanische Reich und die „Heilige Liga“
gegenüber, ein Verbund Spaniens, Venedigs,
Genuas und des Papsttums.
Die katholischen
Mächte trugen den Sieg davon, was
sie propagandistisch zu nutzen wussten –
auch in der Liturgie. Zum ersten Jahrestag
des Sieges wurde 1572 das Rosenkranzfest
eingeführt, um die Fürsprache der Jungfrau
Maria während der Schlacht zu unterstreichen.
Der 7. Oktober wird heute noch als
gebotener Gedenktag „Unsere Liebe Frau
vom Rosenkranz“ begangen. Hat er in
Anbetracht seiner blutigen Entstehungsgeschichte
überhaupt noch eine Daseinsberechtigung?
Denn bis heute ist „Lepanto
1571“ Bestandteil rechtspopulistischer und
rechtsextremer Erinnerungskultur sowie
antimuslimischer Propaganda.
Zumindest die liturgischen Texte des
Gedenktages „Unsere Liebe Frau vom
Rosenkranz“ in Mess- und Stundenbuch
bieten einer menschenverachtenden
Ideologisierung keinerlei Rückhalt: Dort steht
stets die heilsgeschichtlich bedeutende
Beziehung Marias zu ihrem Sohn im Zentrum – mit all ihren freudenreichen (Kindheit),
schmerzhaften (Passion) und glorreichen
(Auferstehung, Geistsendung, Verherrlichung
Marias) Facetten – eine gesammelte Schau
des Glaubens.
Als Christen müssen wir
dennoch mit dem aus heutiger Sicht
problematischen historischen Ursprung des
Gedenktages sensibel und wahrhaftig
umgehen, um jeglicher Vereinnahmung
durch menschenfeindliche Ideologien
bewusst die Grundlage zu entziehen.