Eine kleine Kirche am Wegesrand, direkt an der Via Appia Antica: Santa Maria in Palmis ist ihr offizieller Titel, Domine quo vadis heißt sie im Volksmund. Bekannt ist dieser Titel durch den monumentalen Film mit Peter Ustinov aus den 1950er Jahren, der zurückgeht auf einen Roman des polnischen Schriftstellers Henryk Sienkiewicz.
Wer die Kirche betritt, findet sogleich einen Fußabdruck in Marmor vor sich. Es soll der Abdruck Jesu sein. Der Stein ist eine Kopie des Originals, das sich in der benachbarten San Sebastiano-Katakombe befindet. Er erinnert an die Szene, die in den apokryphen Petrus-Akten beschrieben wird:
Nachdem Petrus erfolgreich in Rom gepredigt hatte, stieß er auf Widerstand. Wieder einmal bekommt er Angst und macht sich aus dem Staub. Auf der Flucht aus der Stadt Rom aber begegnet ihm Jesus, der Legende nach genau an dieser Stelle an der Via Appia. Sie war die große Ausfallstraße nach Süden, auf der Petrus schließlich zum Meer und von dort nach Hause gelangen konnte. Als Petrus Jesus sieht, ergreift er sofort die Initiative und fragt: "Herr, wohin gehst Du?", und Jesus antwortet: "Ich gehe nach Rom, um noch einmal gekreuzigt zu werden." Daraufhin kehrt auch Petrus um und wird schließlich kopfüber hingerichtet.
Worin sich echte Jüngerschaft zeigt
Ob diese Legende auf eine historische Begebenheit zurückgeht, ist wohl zweitrangig angesichts der Tatsache, wie kunstvoll sie sich an biblische Vorlagen anschließt. Petrus, der sich gerne weggeduckt, Petrus der Heimatverbundene, Petrus, der dem Herrn versprochen hat, ihm zu folgen, wohin er auch gehe.
Mich beeindruckt seine Frage: "Herr, wohin gehst Du?" Ich hätte an seiner Stelle gefragt: "Herr, wohin soll ich gehen?" Hier aber erweist er sich als echter Jünger Jesu: Er geht dorthin, wohin sein Herr geht. Und dieser geht – so sagt er ihm in der Erscheinung – nach Rom, um noch einmal gekreuzigt zu werden. Auf diesem Weg folgt ihm Petrus nun nach. Es ist schön zu sehen, wie Jesus ihn behutsam in dieses schwere Schicksal lockt. Mit seiner Antwort sagt er auch: "Und ich gehe mit Dir."
Der Marmor-Fußabdruck stammt wohl aus dem Heiligtum zu Ehren des römischen Gottes Rediculus, das sich davor an derselben Stelle befand. Er könnte eine Votivgabe für eine glückliche Heimkehr gewesen sein.
Folge meinen Spuren
Wenn man heute in dem Kirchlein sitzt, hört man den Verkehr draußen vor der Tür rauschen. Die Via Appia ist nach wie vor voll befahren, damals holperten die Wagen darüber, heute die Autos. Wenn man die Augen schließt, kann man sich vorstellen, in welcher Not Petrus hier war, schon halb unterwegs: Wohin soll ich gehen? Jesus zeigt ihm den Weg: Folge meinen Spuren.
Wäre Petrus an dieser Stelle nicht umgekehrt, würde heute niemand nach Rom pilgern. Auch nicht in diesem heiligen Jahr. Es lohnt sich, in diesem Kirchlein für eine glückliche Heimkehr zu beten.