Die Freiheit der Klöster und die leichte Hand des PapstesDie Benediktiner und der Vatikan

Benediktinerklöster unterstehen nicht dem Ortsbischof, sondern direkt dem Papst. Viel hängt davon ab, wie die zuständige Behörde des Papstes ihre Aufgabe ausübt.

Jeremias Schröder
© Sankt Ottilien

Vor ein paar Tagen standen die heiligen Äbte von Cluny im Kalender. Fünf Männer, die zwischen 927 und 1156 ein europaweites Klosternetzwerk aufbauen konnten, dessen Bedeutung kaum überschätzt werden kann. Eine Grundlage dafür war die Schenkung des Klosters an die Heiligen Apostel Petrus und Paulus. Das bedeutete eine Unterstellung unter den Papst. Konkret sollte der Ortsbischof in diesen Klöstern nichts mehr zu sagen haben. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich daraus die Exemption, die in etwas abgemilderter Form auch heute noch für die Ordensgemeinschaften päpstlichen Rechts gilt.

Diese Unterstellung unter die Päpste war eine feine Sache. Der Papst beaufsichtigt die Klöster aus der Ferne und mit eher leichter Hand. Das hat den Benediktinern und den jüngeren Ordensgemeinschaften erlaubt, Ziele und Aufgaben zu verfolgen, die über die naturgemäß eher lokalen Interessen der Bischöfe hinausgingen.

Allerdings wird diese "leichte Hand" des apostolischen Stuhles doch recht unterschiedlich spürbar. Südlich der Alpen greifen die Kurienprälaten gerne einmal direkt ein, und oft auf Wegen, die nicht gerade dem üblichen Organigramm entsprechen. Das ist immer gut gemeint, aber nicht immer zielführend. Manches vertrackte Problem ist auch kaum lösbar – eine Erfahrung, an die man sich im Laufe der Zeit gewöhnen muss.

Gelegentlich kommt es aber auch zur Selbstüberschätzung der Möglichkeiten einer Intervention aus der Weltzentrale. Im vergangenen Jahrzehnt wurden viele Eingriffe durchgeführt – oder wenigstens begonnen – die dann doch nicht das Erhoffte leisten konnten

Die Zuständigkeit der heiligen Apostel Petrus und Paulus wird nicht durch den Papst persönlich ausgeübt, sondern durch den kurialen Apparat. Für uns zuständig ist die frühere Religiosenkongregation, die heute diesen etwas langen Titel hat: "Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens." Wie in anderen Behörden des Vatikans trifft man auch dort eine sehr überschaubare Anzahl von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an, die für einen immensen Zuständigkeitsbereich verantwortlich sind: über 600.000 Ordensschwestern, rund 50.000 Ordensbrüder und ca. 140.000 Ordenspriester. Das funktioniert nur, weil die Ordensgemeinschaften interne Leitungs- und Kontrollorgane haben, und die Interventionen der römischen Behörde im Allgemeinen nur nötig sind, wenn die internen Instanzen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen oder ganz versagen. Aus persönlicher Erfahrung darf ich sagen, dass man da sehr hilfsbereite Menschen antrifft, zumeist selbst Ordensleute, die bei der Suche nach Lösungen behilflich sind, die zu den Verhältnissen passen und auch rechtlich belastbar sind. Obgleich die Kurie unter dem Generalverdacht einer abgehobenen Zentralbürokratie steht, merkt man da eben auch, dass Rom die ganze Weltkirche spiegelt. Die blinden Flecken einzelner Regionen und Kulturen werden durchaus wahrgenommen, und es gibt dann auch korrigierende Hinweise, die das Thema auf der Basis weltweiter Erfahrungen etwas breiter aufstellen.

Gelegentlich kommt es aber auch zur Selbstüberschätzung der Möglichkeiten einer Intervention aus der Weltzentrale. Im vergangenen Jahrzehnt wurden viele Eingriffe durchgeführt – oder wenigstens begonnen – die dann doch nicht das Erhoffte leisten konnten. Dabei tat sich auch der langjährige Sekretär des Dikasteriums hervor, dessen Energie inzwischen auf eine kleine Erzdiözese im spanischen Hinterland umgelenkt wurde.

Die Kurienreform von 2022 hat die Ordensabteilung kaum tangiert. Strukturell ist da alles beim Alten geblieben. Dagegen wurde die Führungsriege inzwischen weitgehend ersetzt. An die Stelle des alten Sekretär-Erzbischofs trat eine italienische Ordensschwester. Untersekretäre – im Vatikan eine wichtige Funktionsebene – wurden gewechselt und sehr bald soll es auch einen neuen Kardinalpräfekten geben. Bei so viel Wechsel muss man vielleicht etwas institutionellen Gedächtnisverlust einkalkulieren, aber das bietet auch die Chance für Neues, im Stil wie im Inhalt. Konkret geworden ist das bisher nicht und so kann man – je nach Naturell – Hoffnungen oder Befürchtungen auf die neue Leitung projizieren. Ich neige zum Optimismus.

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