Es läuft nicht rund für Kardinal Pietro ParolinEin direkter Angriff aus Frankreich, schlechte Nachrichten aus England

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wird als Papabile gehandelt. Nun sagt der französische Kardinal Philippe Barbarin öffentlich: Parolin fehlt das Format. Und durch einen Gerichtsprozess in London kommt eine Millionenzahlung auf das Staatssekretariat zu. Das neunte "Rauchzeichen" aus Rom.

Kardinal Pietro Parolin
© Alessia Giuliani/CPP/KNA

I.

Kardinal gegen Kardinal – in der Öffentlichkeit. Das ist kein gewöhnlicher Vorgang. Streitigkeiten tragen die Kardinäle im Vorfeld der Papstwahl normalerweise hinter verschlossenen Türen aus. Nun hat der französische Kardinal Philippe Barbarin in einem Interview mit Paris Match den bisherigen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der in diesen Tagen häufig als papabile genannt wird, direkt angegriffen:

"Um ehrlich zu sein, finde ich, dass Kardinal Parolin zwar kompetent ist, aber nicht das Format hat, das man idealerweise von einem Staatssekretär und erst recht von einem Papst erwarten würde."

Parolin ist als Staatssekretär für die Führung der Kurie verantwortlich. Diesbezüglich seien "die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückgeblieben", so Barbarin. Parolin: für den französischen Kardinal noch nicht einmal ein guter Verwalter und erst recht kein guter Papst.

Man kann nur erahnen, was sich hinter den Kulissen für Konflikte abspielen. Barbarin stand in Frankreich vor Gericht, weil er einen Bericht über Missbrauchsfälle nicht an die Polizei weitergeleitet haben soll, wurde in erster Instanz auch verurteilt, in einem Berufungsprozess jedoch freigesprochen. Kurz danach nahm Franziskus ein von Barbarin ein Jahr zuvor eingereichtes Rücktrittsgesuch an – anstatt ihn zu rehabilitieren. Gibt der Franzose dem Staatssekretär vielleicht eine Mitschuld an dem Vorgang?

II.

Parolin steht noch aus einem anderen Grund unter Druck. Der Vatikan hatte vor Jahren mit einem windigen Immobiliengeschäft in London viel Geld verloren – eine höchst verwickelte Geschichte, für die vor allem Kardinal Giovanni Becciu – einstmals Nummer Zwei unter Parolin im Staatssekretariat – verantwortlich gemacht wird. Ein Vatikangericht hatte nicht nur Becciu, sondern auch den Geschäftsmann Raffael Mincione in der Sache zu einer Strafe verurteilt, wogegen dieser jedoch Berufung eingelegt hat. Mincione wiederum hatte vor einem Londoner Gericht einen Prozess gegen das Staatssekretariat angestrengt – nicht wirklich erfolgreich, allerdings entschied das Gericht nun, dass das Staatssekretariat die Hälfte der angefallenen Gerichtskosten in Höhe von circa vier Millionen Euro übernehmen muss. Einige Medien vermuten, die Angelegenheit könnte nun, just zum "Vorkonklave", einen Schatten auf Parolins Bilanz als Staatssekretär werfen.

III.

Auch was das strukturelle Defizit des Vatikans von rund 80 Millionen Euro betrifft, dürfte sich Kardinal Parolin nur schwer aus der Verantwortung ziehen können.

 

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