Papst Franziskus, die Juden und die HamasZur Debatte um das Papstschreiben an jüdische Gelehrte

Der Brief von Papst Franziskus an 400 Rabbiner und jüdische Akademiker ist nichtssagend, weil vollständig ausgewogen. Terror wird nicht Terror genannt, und zwischen Tätern und Opfern nicht unterschieden.

Jerusalem
© Pixabay

Auch der Papst ist nur ein fehlbarer Mensch. Manchmal ist auch er ausgesprochen schwach. Er ist eben ein "Mensch wie du und ich". Anders als "du und ich" ist er als Repräsentant des Völkerrechtssubjets "Heiliger Stuhl" zugleich Politiker. Und Politiker be(un)fleißigen sich bekanntlich oft einer Sprache, die mit dem Begründer des Christentums weniger als nichts gemein hat. "Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen", sagte Jesus in seiner Bergpredigt (Matthäus, 5 37). Vielleicht hatte der Papst andere Jesusworte oder überhaupt ganz anderes im Sinn, als er rund vierhundert Rabbinern und jüdischen Akademikern antwortete, die ihn gebeten hatten, die Mord- und Blutorgie der islamistischen Hamas vom 7. Oktober 2023 an 1.200 Israelis zu verurteilen.

Die dem Papst im Besonderen und dem Christentum im Allgemeinen durchaus wohlgesinnten, ganz und gar unpolemisch formulierenden Juden aus Israel sowie der jüdischen Diaspora hatten dem Papst am 12. November 2023 geschrieben. Erst am 2. Februar 2024 antwortete er ihnen. Zeit bzw. Zeitabstände sind manchmal durchaus Zeichen vorhandener oder nicht vorhandener Wertschätzung. Der große Zeitabstand zwischen Brief und Antwort ist vielsagend.

Offensichtlich setzt auch der Papst Israel und Juden gleich, denn: Er adressiert seine Antwort an die "jüdischen Brüder und Schwestern in Israel". Die Angesprochenen stammen jedoch sowohl aus Israel als auch aus vielen anderen Ländern von Gottes (an sich und trotz des Menschen) herrlichen Welt.

Möglicherweise meinte der Papst mit "Israel" nicht den Staat, sondern "Volk Israel". Eine Bezeichnung, die auch jüdisch sozusagen "koscher" ist, wenn von der weltweiten jüdischen Gesamtgemeinschaft Israel die Rede ist. Das wäre denkbar, doch auch dann wäre die Anrede des Papstes falsch, denn das Volk Israel lebt eben nur zum Teil "in Israel". Sollte Franziskus "Volk Israel" gemeint haben, hätte er auf die Ortsbezeichnung "in Israel" verzichten müssen. Jedem wäre klar gewesen, dass er die weltweit zerstreut lebenden jüdischen Adressaten ansprach. Auch politisch ist diese Unterscheidung bedeutsam, denn "die" Juden sind weder Israel noch gar Israels Regierung.

Als Jude mit größtem Respekt der katholischen Kirche gegenüber hatte ich bislang immer vermutet, dass im Vatikan ausschließlich höchstkundige (wahrscheinlich nur) Männer arbeiteten.

Jesus Christus sprach anders

Doch die Antwort des Papstes ist vollkommen nichtssagend, weil vollständig ausgewogen. Terror wird nicht Terror genannt, und zwischen Tätern und Opfern nicht unterschieden. Frieden wird angerufen, ohne dass auch nur ansatzweise angedeutet würde, wie dieser – abgesehen von Floskeln - zu erreichen wäre. Von einem moralischen Kompass, außer Gemeinplätzen und dem (natürlich) sympathischen Gottesbezug keine Spur. Dieser Gottesbezug ist nicht mehr als eine inhaltsleere Vokabel. Wollte man Franziskus böswillig interpretieren, könnte man sagen, dass auch die Hamas-Terroristen vor, bei und nach jedem Mord "Allahu akbar!" brüllen, "Gott ist groß".

Inhalt, Form und Zeitpunkt des Papstschreibens an die "jüdischen Brüder und Schwestern" sind hochnotpeinlich. Kein Wunder, dass Menschen – nicht nur Christen -, die ethische Orientierung in der Kirche oder bei diesem Papst suchen, sich abwenden.

Trösten wir uns: Der Papst ist nur "Gottes Stellvertreter auf Erden", nicht Gott. Jesus Christus selbst sprach in der Bergpredigt anders – beispielhaft klar und zeitlos.

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