Film und Religion, Kinematografie

Wie in der Literatur und in der bildenden Kunst finden sich auch im Film religiöse Themen und Motive wieder. Bekannte Stoffe, etwa Gleichnisse und Berichte aus der Bibel, werden entweder mehr oder weniger frei nacherzählt („Noah“, „Passion Christi“, „Moses“, Exodus“) oder als Grundlage für eigene Adaptionen genutzt („Maria Magdalena“). Auch der historische Film erzählt häufig Geschichten über Menschen aus der Kirche („Silence“, „Königreich der Himmel“).

Häufiger als die direkte Verarbeitung biblischer und kirchlicher Stoffe ist allerdings das Aufgreifen einzelner Motive, Rollenbilder und philosophischer Fragestellungen in Filmen, die nicht im alten Ägypten, Israel oder Rom spielen. Viele Filmhelden auch in populären Verfilmungen selbst im Science-Fiction- und Fantasy-Genre erstrahlen vor allem durch Eigenschaften, die mit der Person Jesu Christi verbunden werden: Er ist auserwählt („ Star Wars“), bereit, sich zum Wohle aller zu opfern („Matrix“), selbstlos, charismatisch usw. Viele Verräter werden mit Judas Iskariot identifiziert; viele Frauen vereinen Eigenschaften der Maria Magdalena in sich und werden als treu, loyal, ergeben, rein usw. dargestellt. Aufgrund moderner Rollenbilder werden diese Figuren und Stoffe neuinterpretiert und auch im Kino immer wieder in einem neuen Licht dargestellt.

Bei der Konstruktion von Bezügen zwischen Religion und (Pop-)Kultur ist allerdings Vorsicht geboten, wie der Geisteswissenschaftler Joseph Campbell schon 1949 („Hero with a thousand faces“) feststellt. Demnach handelt es sich bei vielen als christlich gedeuteten Bildern auf den zweiten Blick um allgemeine, der gesamten Menschheit zugrundeliegende Erzählungen. Auch in Indien, Japan, Ghana oder im alten Mesopotamien gibt es uralte Erzählungen von Helden, die ganz ähnlich sind wie die aus der Bibel.

Philipp Adolphs

Anzeige:  Ethik der Verletzlichkeit von Giovanni Maio