Debatte um WehrpflichtArbeit in Sicht

Angesichts der Debatte um die Wehrpflicht müssen Kirchen und Sozialeinrichtungen an einer Infrastruktur zur Versorgung derjenigen arbeiten, die den Dienst an der Waffe verweigern.

Porträt Benjamin Lassiwe
Benjamin Lassiwe, ständiger Mitarbeiter der Herder Korrespondenz© Ralf Zöllner

Das Ergebnis scheint eigentlich sicher: In Deutschland wird es irgendwann wieder eine Wehrpflicht geben. Auf welchem Weg das geschieht – ob mit Losverfahren oder ohne – ist dank der Unkoordiniertheit der Berliner Regierungskoalition noch fraglich. Klar ist aber: Wenn es eine Wehrpflicht gibt, wird es zivile Alternativen geben müssen. Schließlich regelt Artikel 4 des Grundgesetzes unmissverständlich: „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“ Sogar eine allgemeine Dienstpflicht für die Gesellschaft, in der die Wehrpflicht nur eine Ausprägung unter mehreren ist, wird derzeit diskutiert.

Die Kirchen und Sozialeinrichtungen stellt das vor Herausforderungen. Denn derzeit fehlt ihnen Infrastruktur: Die „Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen“ etwa, die zuletzt in der Nähe von Bremen ansässig war, hat sich ausweislich der Informationen auf ihrer Website Ende 2014 aufgelöst. Doch die Beratungen für Menschen, die aus Glaubens- oder anderen Gründen keinen Dienst an der Waffe leisten wollen, dürfte wieder zu einer Aufgabe der Kirchen werden. Auch wenn es mittlerweile eine ganze Generation an Pastoren und Priestern gibt, in deren Leben die Wehrpflicht nie eine große Rolle gespielt hat: Wenn die allgemeine Wehrpflicht wiederkommt, werden sie Kriegsdienstverweigerer beraten müssen.

Und dann sind da die Dienstplätze an sich: Sind Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Sozialeinrichtungen eigentlich darauf vorbereitet, dass es möglicherweise schon sehr bald wieder deutlich mehr Menschen gibt, die einen Zivildienst oder einen vergleichbaren Dienst für die Gesellschaft leisten müssen oder wollen? Auch dafür bräuchte es Strukturen – Menschen, die die Dienstleistenden betreuen ebenso wie hinreichend geeignete Einsatzorte. Die Kirchen und Sozialeinrichtungen tun deswegen gut daran, sich im Takt mit den politischen Entscheidungen im Bund ebenfalls auf den Weg zu machen. Denn klar ist: Da kommt Arbeit auf sie zu.

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