Der Fall füllte die Zeitungsspalten und Nachrichtenkanäle: Ein Mann hatte den Petersdom aufgesucht, sich an den Besuchern des Gottesdienstes vorbeigedrängt und sich Zugang zum Altar verschafft – dem großen Stein, der über dem Grab des Heiligen Petrus errichtet wurde. Dort entblößte er sich und urinierte, bevor ihn Sicherheitskräfte abführen konnten. Ein schlimmer Vorfall, demütigend für die katholische Kirche und alle Gläubigen, die in diesem Gottesdienst anderes erwartet hatten: Erbauung und Frieden.
Was sich in der römischen Basilika vor einigen Tagen abgespielt hat, ist leider kein Einzelfall. Auch deutsche Gotteshäuser werden häufig Opfer von Vandalen. Hier ein zerbeulter Kerzenständer, dort eine geköpfte Heiligenfigur. Es trifft die kleine unbeobachtete Kapelle im Schwarzwald genauso wie das gotische Portal in der Stadt. Erschreckend dabei: Die Gewalt gegen sakrale Gegenstände nimmt zu, berichtet die Statistik. Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, fasste es vor einigen Wochen so zusammen: „Vor dem Heiligen macht offensichtlich auch die Axt nicht mehr Halt.“
Und die Ursachen? Die zunehmende Entfremdung vieler Menschen von christlichen Überzeugungen dürfte ein Grund sein. Der Respekt vor dem Glauben anderer schwindet. Die Attacke gilt nur vordergründig einem Gebäude, hauptsächlich zielt sie auf deren Besucher. Die einfachste Antwort auf diese Zerstörungen wären verschärfte Schließzeiten. Ein Gotteshaus wäre dann an Wochentagen nicht mehr offen und das Inventar sicher. Doch kann das keine Lösung sein. Gerade in rauen Zeiten sollen Kirchen geöffnet sein. Schließlich sind sie keine Safes, sondern geistliche Kraftorte. Noch mehr: Der Louvre ohne Kunstschätze ist ein Nichts - eine Kirche aber bleibt immer sakral, auch ohne silbernen Schrein.