LEO ZOGMAYER, IN CHURCH. Kunst für liturgische Räume, hg. von Albert Gerhards und Stephan Winter, Regensburg: Verlag Schnell & Steiner 2020; 176 S.; 20,00 €; ISBN 978-3-7954-3569-1
Der Österreicher Leo Zogmayer (geb. 1949)
ist ein Künstler, der bei seinen Kirchenraum(
um)gestaltungen nach der Wurzel
der Entwicklungsgeschichten der Räume
und den Grundideen der liturgischen Versammlung
sucht. Er ist radikal und arbeitet
vielfach mit stark reduzierten Mitteln.
Vor allem erzeugt er Klarheit in zuvor
oftmals überfrachteten Räumen. Dass das
nicht allen Gemeinde- oder Konventsmitgliedern
gleichermaßen gefällt und er
mit seinen Arbeiten aneckt, ist von daher
verständlich.
Albert Gerhards bespricht einfühlsam,
beginnend mit der Kirche Maria Geburt in
Aschaffenburg, elf seit 1999 in Deutschland,
Belgien und Österreich realisierte Raumgestaltungen
Zogmayers (S. 26–106). Die weitere
Einordnung der Arbeiten des Künstlers
leisten überblicksartig Karl Kardinal
Lehmann (S. 110–117, Wiederabdruck von
1999) sowie – u. a. theologisch neue Zugänge
eröffnend – Stephan Winter (S. 118–162).
Die Auseinandersetzung mit Wörtern oder
Wortbildern reflektiert der Philosoph und
Künstlerfreund Karl Baier (S. 165–168). Tiefe
Einblicke in die Gedankenwelt Zogmayers
bietet ein Gespräch zwischen ihm und
dem Innsbrucker Bischof Hermann Glettler
(S. 11–25).
Unter liturgiewissenschaftlichem Blick
ist Zogmayers Entwurf (gemeinsam mit
Sichau & Walter, Kassel) für die Berliner
Kathedrale St. Hedwig von großem Interesse.
Gerhards, der in den letzten Jahren
durch sein vehementes Eintreten für die
Raumgestalt der 1960er Jahre von Hanns
Schwippert, d. h. für den Erhalt der confessio-ähnlichen zweiflügligen Treppenanlage,
die ins Untergeschoss zu den Kapellen
der Märtyrer wie auch zum Taufort
führte, aufgefallen war, hält fest, er habe
sich „einer besseren Neuinterpretation des
Raumes nie verschlossen“ (S. 101). Das ist
natürlich richtig. Die Konsequenz und
Stringenz des Zogmayer-Vorschlags, die
er (S. 100–105) und auch Winter (S. 156 f.)
betonen, steht außer Zweifel. Ist aber – so
fragt der Rezensent – die plan vorgesehene
Altarinsel (inzwischen besteht das
Erzbistum auf zumindest einer Stufe) und
der mittig vollkommen freistehende Altar
(über die Verbindung vom Zelebranten
zum versammelten Volk, v. a. über den
Abstand zwischen ihnen wäre eigens
zu reden) wie auch die vom Hauptraum
gänzlich abgekoppelte Taufkirche im
Untergeschoss (eine verbindende Treppe
fehlt in allen bisher vorgelegten Plänen)
wirklich ein Zeichen des „heiligen ‚Hier‘“
(S. 156)?
„Bauen ist mehr als nur ein ästhetisches
Vergnügen“, so Rudolf Schwarz.
Was er hier über Architektur sagt, kann
für Leo Zogmayers Arbeiten umgeschrieben
werden: Seine Kunst belebt Räume,
fordert heraus und lädt jede/n Einzelne/n
sowie die Gemeinden dazu ein, in einen
stetigen Prozess der Aneignung, der Auseinandersetzung
und der Neu-Erschaffung
ihrer Kirche einzutreten. Ein Ausstellungs- und Literaturverzeichnis (S. 172–174) runden den empfehlenswerten Band
ab.
Dr. Walter Zahner, Regensburg