Nach mehreren Wochen können nun wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert werden. Für die Feier der Liturgie gelten besondere Bestimmungen, damit die Gefahr einer Virus-Ansteckung maximal vermieden wird. Die Empfehlungen des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz sehen für die musikalische Gestaltung eine Kantorin / einen Kantoren und eine Organistin / einen Organisten vor. Auf musikalische Begleitung durch Chor oder Orchester ist zu verzichten. An den Hochfesten kann eine Gruppe aus wenigen Einzelstimmen den Gottesdienst musikalisch mitgestalten (vgl. die gegenwärtige Praxis bei Fernsehgottesdiensten).
Aufgrund des wissenschaftlich und praktisch nachgewiesenen erhöhten Ansteckungsrisikos – durch Aerosolbildung und die beim Singen notwendige Tiefenatmung – ist beim Gesang ausdrücklich Vorsicht geboten. In jedem Falle sollte Gemeindegesang nur sehr reduziert und mit gedämpfter Stimme stattfinden; dies gilt auch für Akklamationen.
Die folgenden Anregungen verstehen sich als Zusammenstellung, aus der entsprechend den Vorgaben der jeweiligen Diözese und den Gegebenheiten vor Ort ausgewählt werden kann. Die Vorgaben der einzelnen Diözesen sind in jedem Falle zu beachten.
Sprechen der Texte
- Verschiedene Formen des Allgemeinen Schuldbekenntnisses: GL 582,4–6 / KG 30,2
- Gloria: GL 583,1 / KG 30,6 (evtl. V/A)
- Antwortpsalm: Text in Abschnitten sprechen, Gemeinde antwortet mit gesprochenem Kehrvers
- Apostolisches oder Großes Glaubensbekenntnis: GL 3,4 / 31,3 oder GL 586,2 / KG 245
- Gabenbereitung: GL 587,3 (evtl. mit leisem Instrumentalspiel)
- Sanctus: GL 588,4 / KG 32,2 (evtl. kann die Orgel dazu leise ein bekanntes Sanctus- Lied aus dem GL bzw. KG spielen)
- Agnus Dei: GL 589,9 / KG 33,2 (V/A)
Gemeindegesang
- Grundsätzlich: Weniger ist mehr – wegen der oben beschriebenen gesundheitlichen Risiken.
- Wenn gesungen wird, sollte von den wichtigsten und für die Gemeinde kürzesten Gesängen (Refraingesänge!) ausgegangen werden, die ggf. auch auswendig gesungen werden können; ggf. können die Vorsängerteile gesprochen werden:
- Halleluja: kurze, einzeilige Halleluja-Rufe (GL 174–175 / KG 88, 90, 628; Osterzeit: GL 175,2 / KG 429,1)
- Sanctus: GL 129 / KG 117 (V/A), GL 106 / KG 162 (V/A), GL 199 / KG 107, GL 196 / KG 108
- Gloria: GL 168 (V/A), 173 (V/A), 167, 171 / KG 74
- Eröffnung: z. B. GL 148 / KG 42 (V/A), GL 146 (V/A), Gemeindekehrvers mit Kantorengesang (vgl. Münchener Kantorale), Kyrie-Litanei (GL 161–165 / KG 60, 63–64)
- Antwortpsalm: wie üblich (V/A)
- Kyrie, Credo, Gesang zur Gabenbereitung, Agnus Dei und Danklied sollten gesprochen werden bzw. entfallen.
- Zur Unterstützung des für die Liturgie wichtigen dialogischen Vollzugs bieten sich bei Gemeindeliedern (mit ihrem poetischen Charakter) und Taizé-Gesängen (mit ihrem meditativen Charakter) auch folgende Möglichkeiten:
- Ausführung (einzelner Strophen) im Wechsel Vorsänger/in, Instrument, Summen (!) durch die Gemeinde
- kurze Taizé-Gesänge können auch als Kehrvers beim Antwortpsalm oder bei anderen Wechselgesängen fungieren.
Orgel- und Instrumentalmusik/Sologesang
- Eröffnung: Orgelliteratur oder -improvisation, z. B. über das eigentlich an dieser Stelle vorgesehene Gemeindelied. Das sollte ein der Gemeinde bekanntes Lied sein, damit beim Hören entsprechende inhaltliche Assoziationen entstehen können.
- Antwortpsalm (Vorschläge auch für andere Texte geeignet):
- Text sprechen zu leiser Orgelmusik
- Text abschnittweise sprechen/vorsingen, statt Kehrvers kurze kommentierende Orgelversette(n)
- Psalm aus Kantorenbuch vorsingen (ohne Gemeinde-Kehrvers)
- Solistische Psalmkomposition
- Vortrag eines einzelnen prägnanten Verses oder Kehrverses, anschließend dazu passende/s Orgelstück/Improvisation
- Gabenbereitung: wie Eröffnung
- Kommunion: Kantorengesang oder meditative Instrumentalmusik; Meditationstext, evtl. mit leiser Instrumentalmusik
- Danklied nach der Kommunion: wie Eröffnung
- Musik nach der Entlassung: Hier kann ein größeres Orgel-Literaturstück Platz haben, das zum längeren Verweilen in der Kirche einlädt. So kann ein Gedränge am Ausgang vermieden werden.
Selbstverständlich kann die Orgel ersetzt werden durch Gitarre, Klavier, Ensemblemusik (barocke Sonaten für Soloinstrument und Orgel …). Möglich ist auch, aus dem reichen solistischen Gesangsrepertoire der Musikgeschichte zu schöpfen (z. B. Ordinariums- und Psalmvertonungen, Einzelarien oder Arien aus Oratorien).
Viele Berufsmusiker/innen können aufgrund der derzeitigen Beschränkungen nicht ihrer Arbeit nachgehen. Hier besteht eine Chance, diesen Menschen in unseren Gottesdiensten ein Betätigungsfeld zu bieten und Gottesdienste dadurch musikalisch abwechslungsreich zu gestalten. Die meisten Künstler/innen werden eine entsprechende Einladung gerne annehmen. Finanzielle Fragen lassen sich im gemeinsamen Gespräch meistens schnell klären. Und: In vielen Gemeinden gibt es keinen Vorsänger- oder Kantorendienst. Viele Chorsänger/innen vermissen zur Zeit das gemeinsame Singen im Chor. Daher ist jetzt eine gute Gelegenheit, einzelne Chorsänger/innen für das Singen einfacher Gesänge aus den Gesangbüchern zu gewinnen!
Für ambitionierte Organist/innen bieten die derzeitigen Einschränkungen für den Gesang die Möglichkeit, hochwertige Orgelliteratur in der Liturgie zu musizieren. Dazu gehören z. B. die von namhaften Komponisten von der Frühzeit der Orgelmusik bis ins 20. Jahrhundert geschriebenen „Orgelmessen“. Klug und dosiert im Messablauf positioniert, kann diese Musik spirituell gewinnbringend eingesetzt werden:
- Gloria: Versetten vor/zwischen/nach den Abschnitten von GL 583,1 / KG 30,6
- Gabenbereitung: Vor allem die französische Orgelmusik hat große und qualitätsvolle „Offertoires“ hervorgebracht, aber auch andere Orgelstücke mit einer der Handlung angepassten Länge eignen sich an dieser Stelle. Orgelmusik kann auch die unter GL 587,3 angegebenen Handlungen/Texte begleiten.
- Sanctus: Versetten vor/nach GL 588,4 / KG 32,2
Diese Form der Gestaltung ist auch beim Kyrie und beim Agnus Dei möglich.
Allgemeine Hinweise
Vor allem in kleineren Räumen ist darauf zu achten, dass die Ausführenden wegen der oben beschriebenen höheren Infektionsgefahr beim solistischen Singen (auch Kantorengesang) und solistischen Musizieren mit Blasinstrumenten eine räumlich ausreichende Distanz von der Gemeinde und weiteren liturgischen Diensten einnehmen, die sich nach den Vorgaben der jeweiligen Diözese richtet.
Bei den in diesen Gottesdiensten vermehrt gesprochenen Gemeindetexten ist zudem zu beachten, dass der Zelebrant die Gemeinde lediglich suggestiv zum Sprechen auffordert und anschließend vom Mikrofon zurücktritt, damit die Gemeinde nicht durch das Mitbeten des Zelebranten akustisch überlagert wird, sondern selbständig sprechen kann.
Deutsches Liturgisches Institut (www.liturgie.de)