Dass Messbuch für die gesamte
Kirche um eine Präfation erweitert
wird, ist eine Besonderheit. Vor inzwischen
drei Jahren hatte die Kongregation
für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung
dem Wunsch von Papst
Franziskus entsprechend den Gedenktag
der heiligen Maria Magdalena (22. Juli)
zum Fest erhoben und damit den Apostelfesten
im Rang gleichgestellt. Grundlage
dafür ist die besondere Rolle Maria Magdalenas
als Erstzeugin, die dem Auferstandenen
im Garten begegnete, und als erste
Botin, die die Auferstehung des Herrn den
Aposteln verkündete. Zugleich war für das
Fest eine eigene Präfation mit dem Titel de
apostolorum apostola veröffentlicht worden.
Papst Franziskus verband mit dieser
liturgischen Rangerhöhung, so hieß es im
Dekret vom 3. Juni 2016, die Erwartung,
dass das Beispiel Maria Magdalenas der
Kirche heute helfen möge, „eindringlicher
über die Würde der Frau, über die Neuevangelisierung
und über die Fülle des
Geheimnisses der Barmherzigkeit nachzudenken“.
Diese Anliegen können gewiss nicht
alle in den wenigen Sätzen einer Präfation
zur Sprache kommen. Im Falle Maria Magdalenas
war es eine anspruchsvolle Aufgabe,
die verschiedenen mit ihrer Person verbundenen
biblischen Motive in einer konzentrierten
und zugleich feierlichen Weise
auszudrücken, die auch kantillierbar, d. h.
singbar, ist. Der lateinischen Fassung ist
dies gewiss kunstvoll gelungen, vor allem
durch die Struktur einer Reihung von vier
Partizip-Präsens-Formen, mit denen Christus
als in seinem irdischen Leben von Maria
Magdalena geliebt, als am Kreuz gestorben,
ins Grab gelegt und auferstanden beschrieben
wird. Die dabei benutzte lateinische
Reihung „viventem, morientem, iacentem,
resurgentem“ geht auf die Schrift „De vita
beatae Mariae Magdalenae“ zurück, die früher
Rabanus Maurus zugeschrieben wurde,
jedoch heute auf das 12. Jahrhundert datiert
wird. Diese anspruchsvolle Konstruktion in
flüssige und singbare deutsche Sprache zu
übertragen, erwies sich als besondere Herausforderung.
Auf verschiedenen Ebenen waren Liturgiewissenschaftler
und Bischöfe mit
der Erarbeitung der volkssprachlichen
Fassung beschäftigt. Unterschiedliche Versionen
wurden in einem intensiven Prozess
erarbeitet und in mehreren Phasen weiterentwickelt,
bis schließlich die Bischofskonferenzen
des deutschen Sprachgebiets den
endgültigen Text approbieren und der Gottesdienstkongregation
zur Konfirmierung
vorlegen konnten, die im Juni 2018 erfolgte.
Jetzt liegt die Präfation in einer zur Kantillation
eingerichteten Form vor und kann
nun erstmals am 22. Juli in der Eucharistiefeier
zum Einsatz kommen.
Wer den deutschen Text mit der lateinischen
Fassung vergleicht (Gd 14-15/2016, S. 113), wird feststellen, dass es sich
nicht um eine wörtliche Übersetzung handelt.
An verschiedenen Stellen schien in
der deutschsprachigen Fassung ein freierer
Umgang mit den Satzstrukturen notwendig,
ohne die inhaltliche Tiefe und
Dichte zu vernachlässigen. Vor allem die
bereits erwähnten Partizip-Konstruktionen
mussten aufgelöst und freier übertragen
werden, um Missverständnisse
auszuschließen. Die vorliegende Fassung
wird dem Inhalt des lateinischen Textes
voll gerecht, formuliert aber in einer auch
beim Hören gut verständlichen deutschen Sprache. Es ist zu wünschen, dass auch bei
künftig notwendigen Übertragungen lateinischer
liturgischer Texte in einer ähnlichen
Weise vorgegangen werden kann,
damit neue Texte die Feier der Liturgie
wirklich bereichern.
Die zum Singen eingerichtete Fassung
der Präfation ist veröffentlicht auf der
Homepage des Deutschen Liturgischen Instituts
unter www.liturgie.de.
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir,
allmächtiger Vater, für deine Barmherzigkeit
zu danken, die nicht geringer ist
als deine Macht, und dich in allem zu
preisen durch unseren Herrn Jesus
Christus. Denn im Garten hat er sich
Maria Magdalena am Ostertag
offenbart, die ihn so sehr geliebt hat,
als er auf Erden lebte. Sie sah ihn
sterben am Kreuz, sie suchte ihn im
Grab, als Erste betete sie ihn an, als er
von den Toten erstanden war. Er aber
hat sie ausgezeichnet als Apostelin für
die Apostel, damit die frohe Botschaft
vom neuen Leben sich ausbreite bis an
die Enden der Erde. Darum, o Herr,
preisen wir dich mit allen Engeln und
Heiligen und singen voll Freude das
Lob deiner Herrlichkeit: Heilig, heilig,
heilig …