Wunder passieren auch in der Stadt des Dritte-Reihe-Parkens, des Über-Zebrastreifen-Bretterns, und der plötzlich endenden Bürgersteige. Mit den finanziellen Mitteln des Heiligen Jahres will Roms Bürgermeister Roberto Gualtieri die Ewige Stadt lebenswerter zu machen. Und das bedeutet nicht nur einen restaurierten Trevi-Brunnen, sondern auch mehr Platz für Menschen, die nicht auf vier Rädern unterwegs sind.
Zu denen gehöre ich. Rom ist sowieso eine Stadt, die man sich erlaufen sollte. Selbst nach Jahren hier entdecke ich immer noch neue Pfade, schöne Geschäfte und interessante Wandgemälde. Zudem ist man zu Fuß oftmals schneller unterwegs als mit den Öffentlichen, die sich durch die verstopften Straßen kämpfen müssen. Das gilt nun auch für meinen Arbeitsweg.
Wege aus strahlendem Ocker, dunkelgrau glänzendem Teer und hellbraunen Holzdielen verbinden seit Kurzem zwei Teile der römischen Innenstadt, die komfortabel bislang nur mit dem Zug zu erreichen waren – wenn denn dann einer fuhr. Nun schlängelt sich ein brandneuer Fuß- und Radweg vom Vatikan nach Valle Aurelia und zum Monte Ciocci. Ein Zugang führt über die gerade aufgehübschte Jasminpromenade, die Harry-Potter-like über das Gleis 1 des Regionalbahnhofs "Roma – San Pietro" erreichbar ist. Im Duft des aktuell blühenden Jasmins öffnen sich neue Perspektiven auf die Kuppel des Petersdoms zwischen mächtigen Pinien.
Früher verkehrten auf dem Weg die Päpste und ihr Gefolge: Auf der heutigen Promenade verlief eines von zwei Gleisen aus und in den Vatikan. Heute geht man über den ehemaligen Schienen auf das mächtige Eisentor zu, durch das heute nur noch selten ein Zug fährt.
Ein anderer Zugang zu dem neuen Weg verläuft entlang der ehemaligen Unterkunft von Papst Franziskus, dem vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Dessen Vorplatz an den Vatikanmauern hat die Stadt Rom ebenfalls herausgeputzt und mit ein bisschen Glück sieht man hochrangige Gäste durch diesen vom Petersdom aus gesehen linken Zugang in den Vatikan einfahren.
Massentourismus und große Reisegruppen muss man auf der neugestalteten Strecke nicht befürchten. Wohl aber römische Familien bis hin zur Clan-Größe, die ihren neuen Weg bewundern.
Auch hier landet man nach einem etwas steileren Aufstieg am Eisenbahntor des Vatikans. Daran vorbei führt eine Straße zu dem neu eröffneten Tunnel – hell ausgeleuchtet und exklusiv für Fußgänger und Radfahrer. Und dann auf "die andere Seite" nach Valle Aurelia, einem ehemaligen Arbeiterviertel, in dem bis heute fast ausschließlich Römer wohnen. Eine frühere Eisenbahnbrücke führt aus dem Tunnel direkt dorthin – verbunden mit einem fabelhaften Ausblick, nicht nur auf den Vatikan, sondern bis in die Berge hinein.
Massentourismus und große Reisegruppen muss man auf der neugestalteten Strecke nicht befürchten. Wohl aber römische Familien bis hin zur Clan-Größe, die ihren neuen Weg bewundern. Kinder lernen hier nun das Fahrradfahren oder brausen mit Inlinern über den für Rom außergewöhnlich ebenen Bodenbelag. Ausgewachsene Radfahrer verhalten sich in Rom passiv, es herrscht eine friedliche Koexistenz.
Derlei beschwingt eröffnen sich am Ende des Weges zwei Möglichkeiten: Die wunderbar romantische Aussicht über die Ewige Stadt vom Monte Ciocci aus genießen. Oder: einfach weiterlaufen. Denn die neue 1,5 Kilometer lange Strecke ist die Fortsetzung einer ehemaligen Bahntrasse, die schon seit einigen Jahren für alles Motorisierte gesperrt und wunderbar breit ist. Nur wenige befahrene Straßen sind zu kreuzen. Die Strecke bis zum Gemelli-Krankenhaus: Ein wunderbarer Weg in wunderbarer Ruhe, fernab von Tourismus und verstopften Straßen.