GRU (eBook (PDF))

Die unbekannte Geschichte des sowjetisch-russischen Militärgeheimdienstes von 1918 bis heute

  • Die erste Gesamtdarstellung des weltweit agierenden russischen Geheimdienstimperiums
  • Erstmalige Verwendung geheimer Dokumente aus dem Sonderarchiv des Militärgeheimdienstes
  • Neue Einsichten zu blutigen und dramatischen Schlüsselereignissen des 20. Jahrhunderts
  • Spannend wie le Carré und James Bond – nur leider wahr
  • Theiss in der Verlag Herder GmbH
  • 1. Auflage 2024
  • virtuell (Internetdatei)
  • 752 Seiten
  • ISBN: 978-3-534-61042-6
  • Bestellnummer: P3610425

GEFÄHRLICH und GEHEIM – Die unbekannte Geschichte des russischen Militärgeheimdienstes

"Dieses Buch ist eine mittlere Sensation: Während des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erscheint die erste seriöse Studie über den Militärnachrichtendienst GRU. Ihr Autor Matthias Uhl enttarnt unter anderem die Topquelle 'Murat'." (Die WELT)

Die GRU, der russische Militärgeheimdienst ist einer der effektivsten und geheimsten Nachrichtendienste weltweit. Bis heute gibt es im Westen kaum gesicherte Informationen über die GRU, vor allem, weil bis in die Gegenwart kaum ein Dokument aus den Archiven der GRU zugänglich ist.

Das Buch stellt erstmals für einen breiten Leserkreis die Geschichte der GRU von ihrer Gründung 1918 bis heute dar. Matthias Uhl kann dabei auf Dokumente aus dem legendären Archiv des Militärgeheimdienstes zurückgreifen. Zudem lüftet er die Identität des GRU-Agenten »Murat«, der Moskau in den 1950er und 1960er Jahren Hunderte streng geheime Unterlagen aus dem NATO-Hauptquartier geliefert hat. Und er beleuchtet Operationen und Spionageaktionen während des Kalten Krieges und des heutigen Russland – bis hin zu Mordanschlägen in Westeuropa sowie zum Einsatz der GRU bei der Besetzung der Krim und im Ukraine-Krieg.​

Ein Gespräch mit Geheimdienstexperte Matthias Uhl

Die GRU, den russischen Militärgeheimdienst, kennt - dem Namen nach - fast niemand. Dabei ist dies einer der größten, gefährlichsten Geheimdienste der Welt. Für welche Aktionen war die GRU in jüngerer Zeit federführend verantwortlich?

Matthias Uhl: Im Westen bekannt wurde die GRU eigentlich erst durch die Besetzung der Krim 2014 durch die sogenannten „grünen Männchen“, Spezialeinheiten der GRU ohne Hoheitsabzeichen an den Uniformen.

Aber natürlich war dann der Giftanschlag auf den ehemaligen GRU-Oberst Sergej Skripal in Salisbury 2018 besonders spektakulär. Der sollte dafür bestraft werden, dass er gegen einen der wichtigsten Grundsätze der GRU verstoßen hat: „Rede nicht mit dem Gegner!“ Ansonsten ist der russische Militärgeheimdienst dafür bekannt, dass er aller Hochtechnologie zum Trotz immer noch intensive auf den Einsatz menschlicher Quellen setzt. Er letzte Woche stellte sich heraus, dass offenbar der Generalstabschef der Republik Moldau ein Agent der GRU gewesen sein soll. 2022 wurde ein Oberstleutnant der Reserve zu einer knapp zweijährigen Haftstrafe verurteilt, weil er seit 2014 zahlreiche vertrauliche Unterlagen der Bundeswehr an seinen russischen Führungsoffizier übergeben hatte. Dass dieser zugleich Verteidigungsattaché an der Russischen Botschaft in Berlin war, verweist eindeutig auf die Handschrift der GRU. Aber auch im Cyberspace ist man aktiv unterwegs, wie die jüngsten Angriffe auf Server der SPD und deutscher IT- und Rüstungsunternehmen beweisen.

Wieso ist dieser Geheimdienst dann - anders als CIA, Mossad oder der britische MI6 – so unbekannt?

Uhl: Der Hauptgrund hierfür ist wohl, dass die GRU jahrzehntelang im Schatten des übermächtigen KGB stand. Während Dienste wie die CIA oder der Mossad, ja selbst der MI6, offensiv mit ihrer geheimen Tätigkeit umgehen und sich als erfolgreiche Dienste präsentieren, wohl um auch jederzeit Nachwuchs und Agenten zu gewinnen, setzt die GRU hier auf eine andere Taktik. Sie lässt so gut wie nichts über ihre Aktivitäten nach außen dringen und umgibt sich gerne mit dem Nimbus des Geheimen.Der Hauptgrund hierfür ist wohl, dass die GRU jahrzehntelang im Schatten des übermächtigen KGB stand. Während Dienste wie die CIA oder der Mossad, ja selbst der MI6, offensiv mit ihrer geheimen Tätigkeit umgehen und sich als erfolgreiche Dienste präsentieren, wohl um auch jederzeit Nachwuchs und Agenten zu gewinnen, setzt die GRU hier auf eine andere Taktik. Sie lässt so gut wie nichts über ihre Aktivitäten nach außen dringen und umgibt sich gerne mit dem Nimbus des Geheimen.

Die GRU wurde, nach Vorläufern im Zarenreich, in den Revolutionswirren 1918 gegründet. Spielte der Geheimdienst für die Geschichte – insbesondere des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Kriegs – eine wichtige Rolle?

Uhl: Im 2. Weltkrieg spielte die GRU eine zentrale Rolle während der blutigen Schlachten um Moskau, Stalingrad und Kursk. Die Informationen des GRU-Agenten Richard Sorge (1895-1944) im Frühherbst 1941 bestätigten Erkenntnisse des Nachrichtendienstes, dass Japan die Sowjetunion im Osten nicht angreifen werde. Dies ermöglichte es Stalin, seine im Fernen Osten konzentrierten Reserve an die Front vor der sowjetischen Hauptstadt zu werfen und so der Wehrmacht eine schwere Niederlage zuzufügen.

Bei Stalingrad sorgte die Funkaufklärung der GRU dafür, dass die Achillesferse der deutschen Truppen, die unzureichende Flankensicherung durch die Verbündeten, erkannt wurde und so der Plan für die Einschließung der 6. Armee in der Stadt reifte. Von dieser Katastrophe sollte sich die Militärmaschinerie des Deutschen Reiches nicht mehr erholen. Bei Kursk wiederum lagen die deutschen Angriffspläne schon lange vor dem Beginn der letzten Offensive der Wehrmacht an der deutsch-sowjetischen Front auf den Schreibtischen der Militärführung der Roten Armee. Aus der Defensive heraus konnten dann die sowjetischen Truppen zum Angriff übergehen und Hitler endgültig die Initiative entreißen.

Im Kalten Krieg sorgte zunächst die Technikspionage der GRU dafür, dass das Geheimnis der Atombombe nur für kurze Zeit allein in den Händen der Amerikaner lag. Das machte die Sowjetunion endgültig zur Supermacht. Während der Berlin- und Kubakrise konnte der sowjetische Militärgeheimdienst dann beispielsweise über seine Agenten im NATO-Hauptquartier die Kriegspläne der westlichen Allianz auf den Schreibtisch von Chruschtschow legen, dies lies den impulsiven Politiker in den entscheidenden Momenten der Krise besonnen handeln, so dass sich der Konflikt nicht zum Nuklearkrieg ausweitete.

Kann man sagen, dass die GRU heute ein bedeutsamer Bestandteil des Systems Putin ist?

Uhl: Was die GRU gegenüber den meisten anderen Nachrichtendiensten auszeichnet, ist die Tatsache, dass sie - bedingt durch die Vielzahl der ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu Beschaffung und Auswertung von klandestinen Informationen - auf ein geheimdienstliches Instrumentarium zurückgreifen kann, von dem andere Dienste wohl nur träumen können. Ob es um das Abfangen von elektronischer Kommunikation geht, den Einsatz von militärischen Spezialkräften oder die Aufklärung aus dem Weltraum: Auf all diese Mittel vermag der russische Militärgeheimdienst bei der Planung und Durchführung seiner geheimen Operationen zurückgreifen, ohne hierfür andere Partner ins Boot holen zu müssen. Selbst Putin dürfte der Militärgeheimdienst also überleben. Zu wichtig ist seine Rolle als strategisches und operatives Aufklärungsinstrument des russischen Militärs. Weil die GRU hierfür auf eine höchst umfangreiche Palette von Techniken zur Gewinnung von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen zurückgreifen kann, nimmt sie einen Platz als tragende Säule in der russischen Sicherheitsarchitektur ein. Mit Sicherheit also werden wir auch im weiteren Verlauf des 21. Jahrhunderts immer wieder mit Geheimdienstoperationen der GRU konfrontiert sein werden.

Autor

Matthias Uhl (geb. 1970) war langjähriger Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Moskau und arbeitet jetzt am Max Weber Netzwerk Osteuropa. Er gilt als einer der besten Experten für die Geschichte des Kalten Krieges sowie der sowjetischen und russischen Geheim- und Nachrichtendienste.

Uhl publizierte als (Mit-)Herausgeber „Das Buch Hitler“ (erschienen 2005 und in 29 Sprachen übersetzt) und „Die Organisation des Terrors. Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1943-1945“.

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