Deutschland nach dem Kalten Krieg

Vor dem Hintergrund des allmählichen Zerfalls der sowjetischen Vorherrschaft in Europa, der durch den Machtantritt Michail Gorbatschows 1985 noch beschleunigt wurde, vollzog sich auch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1989/90. Wichtigster Grund für das Streben nach Wiedervereinigung war die Unzufriedenheit der ostdeutschen Bevölkerung mit dem SED-Regime, das sich immer weniger in der Lage zeigte, den politischen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Menschen in der DDR zu genügen.

Deutschland nach dem Kalten Krieg
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Wiedervereinigung Deutschlands

Nachdem Ungarn am 2. Mai 1989 den »Eisernen Vorhang« gegenüber Österreich geöffnet hatte, ergoss sich im Sommer 1989 ein wachsender Strom von Flüchtlingen aus der DDR über Österreich in die Bundesrepublik. Im Herbst 1989 kam es dann in der DDR selbst zur Bildung organisierter Bürgerbewegungen sowie zu Massendemonstrationen der Bevölkerung, die anfänglich nur den Anspruch auf politische Mitsprache (»Wir sind das Volk«) erhob, aber schließlich die Forderung nach Wiedervereinigung (»Wir sind ein Volk«) stellte. Die Regierungen in Ost und West konnten sich dieser »friedlichen Revolution« nicht verschließen und begaben sich schrittweise auf den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands, die am 3. Oktober 1990 mit dem Beitritt der fünf ostdeutschen Länder zum Geltungsbereich des Grundgesetzes vollzogen wurde. Nach über 40 Jahren Zweistaatlichkeit war Deutschland wieder vereinigt.

Die Europäische Union und Deutschland

Damit begann eine neue Phase der deutschen Geschichte. Sie war einerseits durch das Problem gekennzeichnet, nach der äußeren auch die innere Einheit vollziehen zu müssen. Dies erwies sich nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial und mental als schwierig und dauert sehr viel länger, als in der Euphorie des Einigungsprozesses zunächst allgemein angenommen worden war. Andererseits war die deutsche Wiedervereinigung von Anfang an eingebettet in den Prozess der europäischen Einigung, der durch den Vertrag von Maastricht mit der Gründung der Europäischen Union und der Einführung des EURO als neuer europäischer Währung sowie der anschließenden Osterweiterung der EU eine erhebliche Beschleunigung erfuhr. Deutschland war davon – nicht zuletzt aufgrund seiner geografischen Lage – maßgeblich betroffen, da das wirtschaftliche Gefälle zwischen West- und Osteuropa nun mehr denn je spürbar wurde und die Migration angesichts offener Grenzen dramatisch zunahm.

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag vom September 1990 war in seinem Kern nichts anderes als der Friedensvertrag zum Zweiten Weltkrieg zwischen den deutschen Teilstaaten Bundesrepublik und DDR und den Siegermächten. Erst mit diesem Vertrag sind zwei völlig souveräne Teilstaaten entstanden, die sich dann in freiem Willen vereinigen konnten. Zentraler Punkt des Vertrags war die vorbehaltlose völkerrechtliche Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als deutsche Ost- und polnische Westgrenze. Dies war neu, bis dahin hatte die Bundesrepublik immer nur die Unverletzlichkeit dieser Grenze erklärt, aber nicht ihre Anerkennung.

Das »neue« Deutschland

Nach der Wiedervereinigung wurde Deutschland von der internationalen Gemeinschaft in die Pflicht genommen, sich an Stabilisierungsmaßnahmen, aber auch an Kampfeinsätzen auf dem Balkan, im Mittleren Osten, in Afghanistan und in Afrika zu beteiligen – dazu zählten auch die ersten Auslandseinsätze der Bundeswehr. Diese grundlegende Neuorientierung der deutschen Politik im Innern und nach außen fand ihren optischen Ausdruck in der Verlegung des Sitzes von Parlament und Regierung von Bonn nach Berlin.

Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

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