Jürgen Bärsch/Christel Köhle-Hezinger/Klaus Raschzok (Hg.): Heilige Spiele. Formen und Gestalten des spielerischen Umgangs mit dem Sakralen, Regensburg: Verlag Friedrich Pustet 2022; 368 S.; 39,95 Euro; ISBN 978-3-7917-3245-9
„Da sich die Liturgie als eine Symbolhandlung
versteht, an der die Gläubigen tätig
teilnehmen sollen, sind sinnenhaft wahrnehmbare,
rituell-darstellende Handlungen
konstitutiv für ihre Feiergestalt. Ihnen
eignen sich dem Spiel ähnliche Formen
an, um die verschiedenen
Sinnebenen und Ausdrucksgestalten
einer überirdischen
Wirklichkeit präsent
zu machen“ (Jürgen Bärsch,
S. 32). – So versteht der vorliegende
interdisziplinäre
Sammelband einer Tagung
von 2013 unter dem Begriff
„Spiel“ mehr als das
szenisch-nacherzählende
Spielen: nämlich alles, was
dem Einüben in die Liturgie
und einem tieferen Hineinfinden in sie
oder der Katechese dient(e).
Die „Einstimmung“
des Bandes zeigt bereits das breite
Spektrum des Begriffs auf: Taufspiele mit
eigens angefertigten Utensilien, Hausaltärchen,
die von den Söhnen „bespielt“
werden durften, damit sie sich (wie die
Töchter mit der Puppenstube) auf ihre
spätere Rolle im Erwachsenenalter vorbereiteten
(sogar noch in Priesterseminaren
wurden die Alumnen auf ähnliche Weise
in die Choreografie und die Praktik der
liturgischen Feiern eingeübt, etwa wie sie
das Kind bei der Taufe zu halten haben),
Primizbräute, Kinderbischöfe oder das
Begräbnis einer Hummel auf dem Kinderspielplatz.
Nach den einleitenden Annäherungen
an das Thema aus katholisch-liturgiewissenschaftlicher,
evangelisch-praktisch-theologischer und historisch-kulturwissenschaftlicher
Perspektive sowie
durch ein Ausstellungsprojekt beleuchten
Grundlagenbeiträge u. a. die Liturgie als
„leibhaftes Spiel“ (Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz nach Romano Guardini), gehen
der Frage nach, ob Religion (k)ein Kinderspiel
sei (Christel Köhle-Hezinger) oder
blicken aus protestantischer Perspektive
auf „Theater und Religion zwischen äußerer
Differenzierung und innerer
Annäherung“ (Klaus
Raschzok).
Der größte Teil des
Bandes ist verschiedenen
„Formationen“ des Heiligen
Spiels gewidmet, die
die Einstimmung wieder
aufgreifen und das dortige
Repertoire auch um aktuelle(
re) Heilige Spiele und
Fragestellungen erweitern.
Neben „Beobachtungen zur
‚spielerischen Liturgie’ in der barockzeitlichen
Osterfeier“ (Jürgen Bärsch) oder
Paul Posts Ausführungen „Über das Messe
spielen“ [sic!] widmen sich weitere Beiträge
historischen FroÅNmmigkeitsausdrücken.
Neuere Spiele hingegen eignen sich heute
noch für die Praxis: Das „Puppenspiel als
Vermittlungsmedium heiliger Vorbilder“
(Alois Döring) für die Kinderpastoral
oder „Otto Riethmüllers Lukaspassion für
Sprechchor“ (Bernhard Leube) als Anregung
für katholische (Passions-)Andachten
in der Karwoche.
Ein Bildteil (hs. schwarzweiß) illustriert
(soweit möglich) exemplarisch einige der
beschriebenen Inhalte.
Christoph Neuert, DLI, Trier