Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie
– aber auch darüber hinaus
– besteht ein Bedarf, Gottesdienste
im privaten Umfeld, z. B. innerhalb der
Familie, zu feiern. So ist bei uns die Idee
entstanden, ein Gottesdienstmodell zu entwerfen,
welches zum einen sehr einfach
und übersichtlich gestaltet ist und zum anderen
die Möglichkeit bietet, gottesdienstliche
Feiern für fast alle denkbaren Situationen
selbst zu konzipieren und zu leiten:
Vorüberlegungen
-
Was ist der Anlass für die Feier und was
will ich für die Mitfeiernden erreichen?
- An welchem Ort findet die Feier statt?
- In welcher Körperhaltung soll die Feier
vollzogen werden? Im Zimmer – sitzend um
den Tisch; am Krankenbett – stehend um
das Bett; unterwegs beim Wandern – sitzend
auf einer Decke; entlang eines Kreuzwegs
– von Station zu Station gehend …?
- Worauf richtet sich der Blick während
der Feier; auf eine „gestaltete Mitte“?
- Woran sollte ich denken, wenn ich den
Ort vorbereite? Möchte ich den Ort der Feier
besonders schmücken (Kerze, Blumen,
Engel, Heiligenfigur, Bibel, Rosenkranz,
Standkreuz …)? Brauche ich (technische)
Hilfsmittel? Brauche ich ein Liedblatt/Gebetblatt
für alle?
- Wer feiert mit? Wie viele Personen sind
wir? Wie alt sind die Menschen, die zusammenkommen?
Muss ich auf jemanden
Rücksicht nehmen? Können die Menschen,
die mitfeiern, bei der Durchführung des
Gottesdienstes mit einbezogen werden?
Sind die Menschen, die dabei sind, eher
kirchenfern oder -nah? Wie stehen sie zum
Glauben? Was biete ich ihnen an? Was tut
ihnen gut?
- Wie viel Zeit plane ich für den Gottesdienst
ein?
Wegmarke 1: Einstieg in die Feier
-
Einen bewussten Anfang setzen: Lied
singen, Kerze anzünden, Gong schlagen,
Kreuzzeichen machen, …
- Den Anlass benennen: Warum sind wir
hier?
- Gefühl/Gefühle benennen: Wie geht
es uns gerade? („Heute ist ein fröhlicher/
trauriger/schwerer Tag, weil … Wir sind
alle sehr fröhlich/traurig/besorgt/gespannt/
voller Vorfreude, weil …“)
- Gebet zur Eröffnung – sich mit dem, was
gerade ist, Gott zuwenden: Gebet für alle
sprechen oder gemeinsam beten?
Man kann immer auch auf ein vorgefertigtes Gebet zurückgreifen,
das dem Anlass angemessen ist!
Wegmarke 2: Eigene Erfahrungen zurückbinden
An welche Erfahrungen möchte ich meine/unsere Situation zurückbinden?
- An die Erfahrungen, die Menschen im biblischen Kontext gemacht
haben – biblische Lesung: „In den biblischen Texten finde
ich meine Gedanken, Gefühle, meine Situation widergespiegelt …“
- An die allgemeine Erfahrung von Menschen – literarischer Text:
„Ich durchlebe gerade eine schwere Zeit. Viele Menschen haben
ähnliches durchlebt. Schriftsteller X/Dichter Y/Liedermacher Z hat
einen Text verfasst, der genau meine/unsere Gedanken, Gefühle
aufgreift …“
- Die Auswahl von mehreren Texten macht Sinn, wenn die Gottesdienstgemeinschaft
sehr heterogen ist oder wenn ein Text dabei
ist, der sehr kurz ist!
- Auch ein passendes Bild könnte die Verknüpfung herstellen.
- Den ausgewählten Text mit der ausgewählten Gottesdienstsituation
verbinden, d. h. mit wenigen Worten auf die Gemeinsamkeiten
hinweisen.
- Kurze Ansprache halten:
-
Kurz benennen, auf welchen Text man sich bezieht und was
dort erzählt wurde.
- Beschreiben, welche Erfahrung dort geschildert ist.
- Diese Erfahrung auf die Situation des Gottesdienstes beziehen.
Wegmarke 3: Rituelle Handlung
- Segensgesten: z. B. Kreuzzeichen auf die Stirn/Hand, mit einem
Duftöl salben, jemanden anschauen und den Segen zusprechen
(dabei einen Gegenstand in die Hand legen), mit Hilfe eines Buchsbaumzweigs
die Menschen mit Weihwasser besprengen …
- Etwas vor Gott bringen: z. B. einen symbolischen Gegenstand
ablegen (meine Last/meine Belastung Gott anvertrauen), einen
Stein am Kreuz ablegen, ein Stück Holz, einen Brief, Weihrauch
verbrennen …
- Etwas (von Gott) empfangen: z. B. einen symbolischen Gegenstand
erhalten, jedem Teilnehmenden einen Edelstein als Zeichen
für alles Gute, das von Gott kommt, schenken, sich am Kreuz
eine Karte abholen, auf der eine Zusage Gottes steht … Die
Gegenstände können von einer Person zur nächsten verschenkt
werden, oder jede/r holt sich einzeln das „Geschenk“ an einer
Stelle (Kreuz, Kerze) ab, oder der/die Gottesdienstleiter/in geht
von Person zu Person und verschenkt den Gegenstand an jeden
einzelnen …
- Mit Hilfe von Körperhaltungen/Gebärden sich Gott nähern: z. B.
eine Kniebeuge/Verbeugung vor dem Kreuz machen als Zeichen
der Ehrerbietung oder Dankbarkeit, meditativ tanzen/sich wiegen,
im Pilgerschritt um die Mitte gehen, meditative Musik (z. B. Taizé)
hören und dazu Gebetsgesten ausführen …
- In die Stille kommen: z. B. zu einer Stilleübung anleiten, eine
Phantasiereise machen, den Körper oder speziell den Atem beobachten,
einer meditativen Musik lauschen …
Wegmarke 4: Leben vor Gott bringen/sich im Gebet Gott zuwenden
-
Gebet(e) sprechen, entweder alleine oder alle: traditionelle Gebete
(z. B. Vaterunser), vorgefertigte Gebete aus GL/KG, Internet
und Büchern oder selbstformulierte Gebete.
- Gebete im Wechsel sprechen: Wechselgebete, Psalmen (traditionell
oder in zeitgemäßen Übersetzungen), Litaneien, Andachtstexte
(z. B. aus GL/KG) …
Wegmarke 5: Ausstieg aus der Feier
-
Worte finden, die aus dem Gottesdienst herausführen – Perspektive
eröffnen:
-
Kurzfristige Perspektive ansprechen, z. B.: „Bevor wir jetzt
wieder in unseren Alltag zurückkehren …“, „Unser Gottesdienst
ist zu Ende. Wir wollen gleich noch gemeinsam Essen
gehen/einen Spaziergang machen/zum Friedhof gehen …
Doch vorher …“
- Langfristige Perspektive ansprechen, z. B.: „So, wie wir jetzt
zusammen waren, wird es lange nicht mehr sein. Florian fliegt
nächste Woche nach Neuseeland …“, „Opa zieht ins Altenheim,
und wir werden uns so hier nicht mehr treffen können …“
- Gott um seinen Segen bitten für das, was kommt:
-
vorformulierter Segen (z. B. Aaronitischer Segen) oder selbst
verfasster Segen.
-
Begleite ich den Segen mit einer Geste, z. B. einem Kreuzzeichen?
Lade ich die Gottesdienstteilnehmer/innen ein, die
Hände zu einer Schale zu öffnen, um den Segen zu empfangen
oder die Hände auf das Herz zu legen?
- Schlusspunkt setzen, z. B. durch eine symbolische Handlung:
Ich blase die Kerze aus. Ich nehme die Kerze aus der Mitte, ich
wechsele den Platz, ich klatsche in die Hände …
- Zur „Abrundung“ des Gottesdienstes: Einsatz von Musik beachten
und Lieder auswählen.
Es handelt sich hierbei nur um einen kleinen Auszug
aus dem Werkheft „getauft, berufen, ermutigt. Gottesdienste
im privaten Rahmen feiern – Befähigung
für alle Interessierten“ (Trier 2020).
Kostenloser Download und weitere Informationen
unter: www.ehrenamt.bistum-trier.de