Kommentar zum ChristkönigsfestDie Freiheit der Kinder Gottes

Vor 100 Jahren feierte die Kirche erstmals Christkönig. Wegen seiner ideelen Ursprünge tut sich Annette Jantzen schwer mit dem Fest. Sie wünscht sich innerkirchliche Demokratieförderung.

Es lässt etwas Goldglanz in den dunklen Monat scheinen und ist doch ein zweischneidiges Erbe: Wenige Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs und nach dem Untergang der Monarchien eingeführt, sollte das Christkönigsfest als Mittel im Kampf gegen den Laizismus dienen. Erstmals gefeiert wurde es am 31. Dezember 1925, bis zur Reform des liturgischen Kalenders nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil dann jeweils am letzten Oktobersonntag, seitdem am letzten Sonntag des Kirchenjahrs Ende November.

Für Pius XI. galten Laizismus und Religionsfreiheit als „Pest unserer Zeit“. In seiner Enzyklika Quas primas zeichnet er Christus als Patriarchen, der männliche Macht inner- und außerhalb der Kirche legitimiert. Das neue Fest sollte Jesus, der sich laut dem Papst „bei jeder Gelegenheit den Namen König beilegte“, als absoluten Monarchen nicht nur seiner Kirche, sondern auch der Welt und des Universums in Erinnerung rufen. Für demokratiegewöhnte Ohren und nachdem uns Religionsfreiheit in der Regel nicht mehr als Pest gilt, sondern als Errungenschaft, ist das keine leichte Kost. Für Frauen kommt hinzu, dass sie in Deutschland und Österreich erst mit dem Ende der Monarchie das Wahlrecht erlangten, auch das macht den Ursprung des Festes mit seiner unverhohlenen Demokratieverachtung zu einem schwierigen Erbe.

Und doch ist die Geschichte selten nur ganz schwarz oder weiß. Die Idee des Reiches nahm nach dem Untergang der Kaiserreiche in unterschiedlichsten Gegenwarts- und Zukunftshoffnungen Wohnung. Nicht zuletzt durch die Feier des Christkönigsfestes wurde das Ideal des Reiches Gottes zum Identifikationspunkt für die katholischen Kinder- und Jugendverbände. Später half das Christus-Monogramm als Erkennungszeichen vielen, sich der Gleichschaltung der Nationalsozialisten zu entziehen. Wie das Ideenfest gegen den Laizismus angetreten war, so wurde es in Nazi-Deutschland und im faschistisch besetzten Europa zum wirksamen Mittel, nicht dem Führerkult zu erliegen.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft musste sich das Fest in der jungen Bundesrepublik neu erfinden. Im Zuge der Liturgiereform wurde es von seiner textlichen Ausstattung her mehr auf die Idee der eschatologischen Herrschaft Christi hin ausgerichtet.

Heute droht unserer Demokratie Gefahr. Weltweit, auch in Europa und Deutschland erstarken rechtsextreme, nationalistische und demokratiefeindliche Kräfte. Die in kirchenpolitischen Debatten verbreitete Betonung, die Kirche sei ja keine Demokratie, ist da nicht hilfreich. Besonders vor dem Hintergrund, dass traditionalistische katholische Strömungen durchaus als Scharnier zu rechtsfaschistischen Bewegungen dienen können, stellt die bleibende Skepsis gegenüber der Demokratie eine Bürde dar. Zwar hat man sich still davon verabschiedet, in der Demokratie außerhalb der Kirche einen zu bekämpfenden Gegner zu sehen. Die bleibende Ablehnung innerkirchlicher Demokratie konterkariert jedoch die behauptete Wertschätzung.

Das Christkönigfest ist ein junges Fest – und es war ein kirchenpolitisches Zeichen. Heute bräuchten wir ein ähnliches Zeichen für die Demokratie, für die Freiheit, in der wir leben dürfen. Wie wäre es denn mit einem neuen „Fest der Freiheit der Kinder Gottes“?

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