Die Archäologie von Hügelgräbern in Japan

Beitrag aus dem Heftthema »Japan« der ANTIKEN WELT 4/21

Grabbeigaben Japan
Haniwa, die gerne als Grabbeigabe mitgegeben wurden. Abb.: akg-images / De Agostini Picture lib. / G. Dagli orti© akg-images / De Agostini Picture lib. / G. Dagli orti

Textauszug des Beitrags von Simon Kaner

Man schätzt, dass man in Japan zwischen der Mitte des 3. und Anfang des 8. Jhs. n. Chr. etwa 160 000 Hügelgräber, auf Japanisch Kofun (wörtlich: «alter Grabhügel»), errichtet hat. Diese Gräber waren die letzten Ruhestätten der alten Eliten Japans und sind Teil einer weit verbreiteten ostasiatischen Begräbnistradition, von der sie bestimmte Aspekte aufgreifen. Von der Yayoi-Zeit an wurden wichtige Persönlichkeiten in Hügelgräbern bestattet. Auch wenn 99,9 % der Bevölkerung des heutigen Japans eingeäschert werden, wurde sogar noch der Shōwa-Kaiser Hirohito im Jahr 1989 mit einigen persönlichen Grabbeigaben in einem Hügelgrab beigesetzt.

Nach der Wiederherstellung des Kaisertums im Jahr 1868 schrieb die japanische Regierung Ende des 19. Jhs. viele Gräber Persönlichkeiten zu, die die alten Chroniken, das Kojiki (712) («Aufzeichnung alter Geschehnisse») und das Nihonshoki (720) («Chronik Japans in einzelnen Schriften»), erwähnen. Da der Kaiser als göttlich galt, kam diesen Gräbern eine besondere religiöse Bedeutung zu. Im Zuge der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg und dem Verzicht des Shōwa-Kaisers auf seine Göttlichkeit kamen die etwa 900 Gräber, die den kaiserlichen Vorfahren zugeschrieben wurden, als Privatgräber unter die Obhut der kaiserlichen Haushaltsbehörde.

Der Zugang zu diesen Gräbern war aber weiterhin untersagt, worum sich im Folgenden eine Kontroverse entspann. Wer war darin bestattet? Enthielten die Gräber Belege dafür, dass die japanische Kaiserfamilie in Wirklichkeit koreanischer Abstammung war? Warum gestattete man nun, da dies keine heiligen Orte mehr waren, keine normalen archäologischen Untersuchungen?

Kofun seit 2019 UNESCO-Welterbe

2019 wurden zwei große Gruppen von Kofun in der Ebene von Osaka, darunter massive Exemplare mit schlüssellochförmigem Umriss, die den halblegendären Kaisern Nintoku und Ojin zugeschrieben werden, in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Mit 486 m Länge ist das Nintoku zugeschriebene Hügelgrab eines der größten Grabmonumente der antiken Welt (Titelbild). Der bei der UNESCO eingereichte Nominierungsantrag verwendete sowohl die Namen der angeblich darin bestatteten Personen als auch die von den Archäologen bevorzugten örtlichen topographischen Namen (im Fall von Nintokus Grab «Daisen» und im Fall von Ojins Grab «Konda Gobyoyama»), allerdings wurde Ersteren im gesamten Dossier der Vorzug eingeräumt. Trotz jüngster offizieller Erklärungen, die eine Änderung der Haltung der Regierung suggerieren, wird der Zugang zu den Gräbern Personen, die nicht der kaiserlichen Haushaltsbehörde angehören, weiterhin größtenteils verweigert.

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China als Vorbild

Die beiden Gräbergruppen von Mozu und Furuichi umfassen insgesamt 49 Kofun. Die riesigen Hügelgräber gelten als deutlicher Ausdruck königlicher Macht, die sich in diesem Teil Japans vom 5. bis 8. Jh. herausbildete und schließlich die Oberherrschaft über die anderen regionalen Gemeinwesen erlangte, die sich in der späteren Phase der Yayoi-Zeit entwickelten. So entstand die erste Gesellschaft auf staatlicher Ebene in Japan, mit Hauptstädten in Asuka, Naniwa (Osaka) und Heijo (dem heutigen Nara). Die in den Kofun bestatteten Eliten kannten ihre Kollegen auf dem Kontinent – Yamato war damals geopolitisch mit den Königreichen Baekje, Goguryeo und Silla auf der koreanischen Halbinsel und den Dynastien, die zwischen dem Fall der Han- und der Gründung der Tang-Dynastie China regierten, vernetzt.

Die koreanischen und japanischen Herrscher eiferten dem chinesischen Hof nach. Sie übernahmen aus China die Schrift und das Rechtssystem sowie (ab Mitte des 6. Jhs.) den Buddhismus, die Palastarchitektur und vieles mehr. Japanische Eliten wurden mit aufwendigen Grabbeigaben beigesetzt, deren Wert man auch in Korea sofort erkannt hätte: Bronzespiegeln, prestigeträchtigen Accessoires und (insbesondere ab dem 5. Jh. n. Chr.) Rüstungen, Waffen und Pferdegeschirr aus Eisen, deren Mengen staunen lassen, bedenkt man, dass das Land sein Eisen weitgehend von der koreanischen Halbinsel importieren musste.

Schlüssellochförmige Kofun nicht nur in Japan

Die Kofun reichen von riesigen Grabanlagen in Schlüssellochform, die noch heute in vielen Teilen Japans die Landschaft prägen, bis hin zu sehr viel bescheideneren Strukturen, wie sie gegen Ende der großen Zeit der Hügelgräber selbst für bedeutende Herrscher errichtet wurden. Lange Zeit galten sie als charakteristische japanische Bestattungsform, doch in den vergangenen Jahren hat man auch auf der koreanischen Halbinsel Beispiele für schlüssellochförmige Hügelgräber gefunden. Bei früheren Beispielen befand sich die primäre Bestattung in der Spitze des Hügels, der ausladende untere Teil war eine Plattform für verschiedene Zeremonien. Viele andere Hügelgräber enthielten gewaltige, oft megalithische Grabkammern, die man durch Gänge in der Seite des Hügels betreten konnte.

Monumentale Demonstrationen der Macht

In China war die Bestattung von Herrschern oft von einer großen Anzahl Menschenopfer begleitet. Es gibt keine archäologischen Belege für solche Praktiken in Japan. Jedoch lassen Hinweise in den antiken Chroniken vermuten, dass es sie so lange gab, bis der legendäre 11. Tennō, Suinin, sie dadurch ersetzte, dass er in großer Zahl Grabfiguren aus unglasiertem Ton, sog. Haniwa, aufstellen ließ (Abb.u.). Die Kofun waren monumentale Demonstrationen von Macht, mitten in der Landschaft. Von breiten Gräben umgeben und mit einer Oberfläche aus glänzenden Steinen versehen, waren sie schon von Weitem sichtbar. Goshikizuka, ein riesiges Hügelgrab in einem westlichen Vorort des heutigen Kobe, das man so rekonstruiert hat, dass es wie im 5. Jahrhundert aussieht, sieht man sofort, wenn man vom Binnenmeer aus in den Hafen von Naniwa einfährt. Überall in Japan errichteten regionale Anführer große Grabanlagen.

Prunkvolle Wandmalereien

Eine kleine Anzahl Gräber war mit Wandmalereien auf Putz verziert. In der Region Asuka am südlichen Ende des Nara-Beckens, befinden sich zwei der berühmtesten dekorierten Gräber aus der Endphase der Hügelgräberzeit, der sich mit dem Bau der frühesten Kapitelle im chinesischen Stil überschnitt. 1972 wurde bei Ausgrabungen innerhalb des Takamatsuzuka Kofun, eine steinerne Grabkammer entdeckt. Die Innenwände der Kammer waren verputzt und trugen gemalte Darstellungen von in chinesischem Stil gekleideten Höflingen und vier mythologischen Kreaturen (Abb. u.).

Wandmalerei aus dem Takamatsuzuka Kofun. Deutlich ist die Orientierung an der chinesischen Kultur anhand der Kleidung und der dargestellten Wesen zu sehen.
Wandmalerei aus dem Takamatsuzuka Kofun. Deutlich ist die Orientierung an der chinesischen Kultur anhand der Kleidung und der dargestellten Wesen zu sehen. akg-images / Pictures From History.

An der östlichen Wand waren der Blaue Drache und die Sonne im Zentrum sowie zwei Gruppen von Menschen zu sehen, vier Frauen im Hintergrund und vier Männer im Vordergrund. An die westliche Wand waren der Weiße Tiger, der Mond und wieder zwei Gruppen von Menschen gemalt, Frauen auf der rechten und Männer auf der linken Seite. Alle Menschen trugen Kleidung, wie man sie von Grabmalereien aus dem Königreich Goguryeo kennt, das den Norden der koreanischen Halbinsel und einen Teil des Nordostens des heutigen China einnahm.

An der nördlichen Wand befand sich die Schwarze Schildkröte, eine Kombination von Schildkröte und Schlange, auch bekannt als der Schwarze Krieger. Die südliche Wand wurde offensichtlich in der Antike durch Grabräuber beschädigt; sie trug höchstwahrscheinlich eine Darstellung des Roten Vogels des Südens. An der Decke des Grabes befand sich eine Sternenkarte, bei der die Sternbilder in Blattgold dargestellt waren, verbunden durch zinnoberrote Linien. Ähnliche Malereien kennen wir aus einem Grab in der Mongolei.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in: ANTIKE WELT 4/2021 »Das alte Japan«

Antike Welt. Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte 4/2021

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