Antike Welt. Sonderheft 12/2021

Heinrich Schliemann und die Archäologie

Inhalt

Am 6. Januar 1822 brachte Luise Schliemann im mecklenburgischen Neubukow ihr fünftes Kind zur Welt. Keiner ahnte zu diesem Zeitpunkt, welchen Weg der kleine Heinrich Schliemann eines Tages beschreiten sollte. Mit Mitte Zwanzig bereits ein reicher Kaufmann, bleibt er der Nachwelt vor allem aber als Entdecker des bronzezeitlichen Troja, als „Vater der mykenischen Archäologie“ in Erinnerung. Wie kam es zu dieser bemerkenswerten Karriere? Wer unterstützte Heinrich Schliemann auf seinem Lebensweg und welche Hindernisse musste er überwinden? In diesem Sonderheft untersuchen Historiker und Archäologen die glanzvolle Aufstiegsgeschichte des armen Pastorensohnes zum weltberühmten Archäologen, der bis heute die Fachwelt polarisiert. Dies macht die Rolle, die Schliemann in der jungen Wissenschaft einnahm, nochmal deutlicher und zeigt neue, bisher kaum beachtete Facetten auf.

Aus dem Vorwort

Anlässlich des Jubiläums wird sich im Jahr 2022 die Sonderausstellung Schliemanns Welten auf der Museumsinsel Berlin nicht nur mit Schliemanns archäologischem Erbe befassen, sondern den Blick auch auf die vielen Wendungen, Veränderungen und Abenteuer seines Lebens richten, wie im Beitrag von Matthias Wemhoff, Bernhard Heeb und Susanne Kuprella zu lesen ist. Dass Schliemann bereits zu Lebzeiten die Fachwelt polarisiert hat, zeigt der Artikel über die Troiareise des Philologen Otto Keller, einem frühen Unterstützer Schliemanns.
Und die Kontroverse um die Würdigung seiner Leistungen als Archäologe wird in der Gegenwart fortgeführt: Mit der Frage, ob er wirklich ein Amateur war, setzt sich Curtis Runnels auseinander und zieht dabei Schliemanns Publikationen als Quelle heran, während Wilfried Bölke die Promotion an der Rostocker Universität beleuchtet.

Schliemann interessierte sich zwar für die Vergangenheit, doch war er in seinem Handeln ebenso zukunftsorientiert und offen für Neues. Dass er etwa als einer der ersten Archäologen konsequente Presse- und Öffentlichkeitsarbeit betrieb, macht der Text von Stefanie Samida deutlich. Wohl nirgendwo werden Schliemanns Visionen haptisch greifbarer als in seinen baulichen Denkmalen. Gleich zwei Beiträge beschäftigen sich mit dem Iliou Melathron, der palastartigen Stadtvilla, die Schliemann in Athen errichten ließ. Während Thomas Martin auf die außergewöhnliche Architektur und Innengestaltung fokussiert, steht bei Natalia Vogeikoff- Brogan vornehmlich die bedeutende gesellschaftliche Funktion des Gebäudes im Mittelpunkt, die sogar über Schliemanns Tod hinaus fortdauerte. Mit seiner letzten Ruhestätte wollte sich Schliemann selbst ein würdiges Denkmal setzen – Umberto Pappalardos Beitrag über das Mausoleum auf dem Athener Zentralfriedhof schließt dieses Heft ab.