Das Danewerk, eine rund 35 Kilometer lange Wallanlage aus dem 5./6. bis 12. Jahrhundert, zählt als UNESCO-Welterbestätte zu den bedeutendsten Zeugnissen des frühen Mittelalters in Nordeuropa. Die Niederung des ehemaligen Dannewerker Sees bildete einst ein natürliches Hindernis und war Teil der Verteidigungsanlage, deren strategische Bedeutung durch die angrenzende Thyraburg unterstrichen wird.
Mittels geophysikalischer Prospektionen, gezielter Ausgrabungen und paläoökologischer Analysen untersuchten die Wissenschaftler die komplexe Entwicklungsgeschichte der Niederung. Während massive Holzkonstruktionen, wie sie frühere Berichte aus den 1920er Jahren belegen, nicht nachgewiesen werden konnten, erbrachten die Suchschnitte dennoch andere interessante Funde: bearbeitete Holzgegenstände von Torfspaten belegen menschliche Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Wallbau.
Torfspaten belegen menschliche Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Wallbau.
ALSH
Dies stellt womöglich einen indirekten Nachweis für Torfabbau im Frühmittelalter. Diese These wird durch weitere Belege unterstützt: Die ungewöhnlich geringe Mächtigkeit der Torfschicht im Bereich der Thyraburg im Vergleich zum Niederungszentrum sowie das vorgefundene Torfmaterial in der Wallschichtung vor der Thyraburg deuten darauf hin, dass die mittelalterlichen Bauleute das Moor bereits als Ressource nutzten.
Die paläoökologischen Untersuchungen enthüllten eine weitere überraschende Erkenntnis: Zur Zeit der Danewerk-Nutzung im Frühmittelalter existierte anstelle eines Sees ein ausgeprägtes Moorbiotop. Die Niederung durchlief eine komplexe Entwicklung von Wasserphasen über Verlandung bis zur Moorbildung. Nährstoffarme Torfmoosrasen bei der Thyraburg und Seggenriede im zentralen Bereich waren in dieser Zeit Teil einer vielfältigen Biotopstruktur.
Wertvolles Archiv in Gefahr
Das Moor erweist sich als außergewöhnliches Natur- und Kulturarchiv, dessen organische Schichten Ablagerungen bis zum Ende der letzten Eiszeit konserviert haben. Die Funde reichen von mindestens der Bronzezeit bis in das Frühmittelalter und dokumentieren jahrtausendealte menschliche Aktivitäten in der Region.
Doch dieses einzigartige Archiv ist massiv bedroht: Die derzeitige Entwässerung führt zu fortschreitender Torfzehrung. Bei gleichbleibendem Tempo würde der Niedermoorkörper in wenigen Jahrzehnten vollständig mineralisiert sein. Es besteht somit dringender Handlungsbedarf, dieses wichtige Archiv für künftige Generationen zu erhalten.
Die geplante Wiedervernässung wird daher aus denkmalpflegerischer Sicht als wünschenswerter Entwicklungsschritt bewertet. Sie könnte nicht nur das wertvolle Boden- und Kulturarchiv retten, sondern auch die authentische Landschaftskulisse des UNESCO-Welterbes Danewerk bilden – ein Beispiel dafür, wie Naturschutz und Denkmalpflege erfolgreich Hand in Hand arbeiten können.
Meldung Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein