Ekel-Fernsehen und Castingshows

„Werteverfall im Dschungelcamp?“ fragte der Medienkritiker Tilmann P. Gangloff am 24. Januar 2009 in der „Frankfurter Rundschau“ in seinem Rückblick auf die vierte Staffel der RTL-Show „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ Die Antwort überrascht. Die umstrittene Show, so Gangloff, habe „auch ihr Gutes“: in ihr zeige sich die wichtige Rolle des Fernsehens als „Werteagentur“, die den Zuschauer herausfordere, selbst zu Werten oder einem vermeintlichen Werteverlust Stellung zu beziehen(1). Ausgehend von einem rezipientenorientierten Ansatz kommt die Medienwissenschaftlerin Claudia Wegener zu einem ähnlichen Ergebnis. In ihrer Studie „Medien, Aneignung und Identität“ verweist sie vor allem auf die alltagsprägende Bedeutung medialer Bezugspersonen im Leben von Jugendlichen. Medienpersonen wie Stars böten den jugendlichen Fans nicht nur Orientierung, sondern setzten auch Prozesse der Identifikation in Gang, die Probehandeln erlauben und dazu auffordern, sich zu positionieren. Die Auseinandersetzung mit Medienfiguren und ihren Wertvorstellungen trage so konstruktiv zur Selbstbildung im Sinn eines Identitätsgefühls bei(2).

Trivialisierung der Kommunikationskultur

Daß man von hier aus einer Show wie dem RTL-Dschungelcamp einen (Mehr-) Wert zuschreiben kann, mag man kaum glauben - zu eindeutig bestätigt die Show genau das, was man dem Fernsehen schon immer vorgeworfen und nachgesagt hat. So ist das RTL-Dschungelcamp auf den ersten Blick lediglich ein Sammelsurium an Absurdem und Abstoßendem, an Tabubrüchen und Grenzverletzungen. Da essen abgehalfterte Stars im fernen australischen Dschungel Känguruhhoden, schnüffeln an Tierkot oder steigen in ein „Terror-Aquarium“ - das alles hämisch-spöttisch kommentiert von einem ungleichen Moderatorenteam: dem stets gut aufgelegten, dickleibigen Dirk Bach, der über Nervenzusammenbrüche der Stars (originelle) Witze reißt, und der zickigen Sonja Zietlow, die jene Generation von Zuschauern bedient, die mit Namen und Geschichte(n) der Trivialkultur vertraut ist, nicht aber mit der eigenen jüngeren deutschen Geschichte und folglich auch nicht aufmerkt, wenn Zietlow den „Abgang“ eines Pseudo-Prominenten aus dem Camp mit den Worten kommentiert: „So ausgezehrt, wie der zum Schluß aussah, hatten wir Angst, daß die Rote Armee das Camp befreit.“

Der Quote schadet solcher Zynismus nicht. Im Gegenteil, die Show ist ein Erfolgsmodell. In der ersten Staffel verfolgten annähernd acht Millionen Zuschauer gebannt, wie „Superstar“ Daniel Küblböck in einen gläsernen Sarg mit 30000 lebenden Kakerlaken hinabstieg. Sein Aufmerksamkeitswert war nach dieser Ekel-Mutprobe so groß, daß Küblböck in der ZDF-Show „Unsere Besten - Wer ist der größte Deutsche?“ herausragende Persönlichkeiten der deutschen „Hochkultur“ wie Kant und Schiller auf die Plätze verwies. Vertreter eben jener „hohen“ Kultur sahen denn auch mit dem RTL-Dschungelcamp den Anfang vom Ende des geistigen Abendlandes gekommen und drangen auf die sofortige Absetzung der Show.

Mit intellektuell verbrämten Lamenti über den geistigen und moralischen Niedergang des Kulturstandorts Deutschland kann man sich erfolgreich im Feuilleton- Blätterwald plazieren. Aber das eigentliche „Problem“ wird dadurch nicht aus der Welt geschafft: die zunehmende Boulevardisierung und Trivialisierung der gesamten (massenmedialen) Kommunikationskultur. Lebenswelten sind heute (massen) medial geprägte Lebenswelten, in denen „Massen“ nicht einfach von kalkuliert und kommerziell agierenden Medienproduzenten manipuliert werden, sondern ermittelte „massenhafte“ Bedürfnisse bedient werden. Vor diesem Hintergrund ist der Boom von Castingshows wie dem RTL-Dschungelcamp oder dem RTL-Pendant „Deutschland sucht den Superstar“ („DSDS“) zunächst einmal ganz unvoreingenommen als Indikator kultureller Entwicklungen und nicht zuletzt auch religiöser Wandlungsprozesse zu lesen, in denen Sehnsüchte und Wünsche von Menschen zu erkennen sind.

Das „Ekel-TV“ im Erleben der Zuschauer

Ein zentrales Bedürfnis in einer populärkulturellen (und eben nicht „hochkulturellen“) Mediengesellschaft ist es, in und durch die Medien Aufmerksamkeit zu erlangen. Wer im Kampf um die knappe Ressource Aufmerksamkeit erfolgreich sein will, muß medienwirksam auftreten und seine Privatsphäre dem Blick einer (medialen) Öffentlichkeit zugänglich machen. So erreichte die Schauspielerin Ingrid van Bergen, die im Jahr 1977 im Affekt ihren Mann erschoß, in der vierten Staffel der Dschungelcamp-Show ein kurzfristiges Aufmerksamkeitshoch, als sie Details ihrer Tat vor einem Millionenpublikum „beichtete“ und damit gezielt die öffentliche Inszenierung ihrer Person selbst mitbestimmte.

In dieser medialen Selbstdarstellung ist ein Sich-selbst-treu-Bleiben nicht „angesagt“. So überzeugte van Bergen nicht nur mit ihrer Medienbeichte, sie bestand auch alle ihr auferlegten Dschungelproben - bis zur Selbstverleugnung. Die aktive Tierschützerin und bekennende Vegetarierin aß lebende Maden, Heuschrecken und Skorpione am Spieß, setzte sich in diversen Zickenkriegen durch und trotzte im hohen Alter von 77 Jahren allen körperlichen Herausforderungen. Das RTL-Publikum war sichtlich beeindruckt - nicht zuletzt ob ihrer „Coolness“ - und krönte die Schauspielerin zur Dschungelkönigin. „Ja, ich nehme diese Königswürde an“, sagte van Bergen, schwer gezeichnet von den zahllosen Ekel-Prüfungen und doch stolz, auch die letzte Konkurrentin Lorielle London (ehemals Lorenzo und Kandidat von „DSDS“) ausgestochen zu haben.

Folgt man der empörten öffentlichen Kritik am sogenannten „Ekel-TV“, dann hat das RTL-Dschungelcamp mit (Menschen-)Würde nichts, aber auch gar nichts zu tun. So verurteilte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller in einem „Focus“- Interview die „gnadenlose Vorführung“ von Menschen in den Castingshows. Man dürfe die gezielte Verletzung der Persönlichkeit und Würde von Menschen „nicht weiter zulassen“ und müsse „das Korrektiv der öffentlichen Debatte“ einsetzen. Im Interview weist der „Focus“ jedoch darauf hin, daß angesichts des vom Fernsehen angerichteten Schadens ein solches Korrektiv zu spät komme. Die Zuschauer scheinen sich, so das resignierende Fazit, „an das Gemeine und Ekelhafte gewöhnt zu haben“(3). Dieses Urteil über das Fernsehen und seine Zuschauer setzt voraus, daß bestimmte Inhalte des Fernsehens beim Zuschauer eine exakt umschreibbare Wirkung hervorbringen. Das kann das Fernsehen aber nur in den seltensten Fällen. Es ist in der Regel nicht die Ursache, sondern wirkt akzelerierend, vervielfältigend, verstärkend. Die Zuschauer sind keine „Opfer“ des Fernsehens, die dessen Einflüssen schutzlos ausgeliefert sind. Fernsehen ist vielmehr eine Aktivität der Zuschauer. Entsprechend wird Fernsehen nicht nur durch das bestimmt, was ausgestrahlt wird, sondern vor allem auch durch das, was beim Zuschauer ankommt.

Hinter dem so verdammungswürdig erscheinenden Ekel-TV muß also noch etwas mehr stecken, als der um seiner selbst willen inszenierte Ekel - etwas, das den Zuschauer anspricht und von ihm als aktivem Mediennutzer „abgerufen“ wird. So kann das auffällige und von vielen verurteilte Phänomen, daß das TV-Publikum in der Dschungelcamp-Show seine selbstgewählten Stars in Kakerlakensärge und Terror- Aquarien schickt, auch als eine Form der Frustbewältigung gedeutet werden: „Das Publikum“, so der Soziologe Sighard Neckel, „reagiert die Frustration darüber, selbst wenig Beachtung zu finden, an jenen ab, die es aus seiner Mitte selbst erst gerade zum Star gemacht hat.“(4)

Die Gnadenlosigkeit, mit der diese öffentliche Demütigung und Degradierung von Stars vorgenommen wird, weist auf den Ernst einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung, die man dem Fernsehen nicht als Alleinverursacher anlasten kann. Wenn immer mehr Menschen nur noch Hartz-IV-Karrieren in Aussicht haben, wenn sie die Erfahrung machen, von der Gesellschaft nicht gebraucht und beachtet zu werden, dann sind Schadenfreude oder gar Rachegefühle, die die Dschungelcamp- Show bedient und generiert, eine Möglichkeit, auf diese Lage zu reagieren.

Man mag diese Reaktion als fragwürdig kritisieren und sofort dem Fernsehen erneut anlasten, daß es sein Frustbewältigungsangebot in einen Ekel-Kontext verpackt; aber gerade hinter dieser so anstößig wirkenden Verpackung verbirgt sich eine weitere Entlastungsleistung des Mediums. Das in allen Einzelheiten dargebotene Gekote, Würgen und Schnüffeln (mittlerweile auch im Repertoire des öffentlich- rechtlichen Fernsehens - wie Thomas Gottschalks jüngste Kot-Wette zeigt) spielt unterschwellig auf eine tiefgreifende Unsicherheit und Angst vor Verfall und Scheitern an: Nichts bleibt, alles verfällt und vergeht, jeder kann jederzeit abstürzen. In apokalyptischen Zeiten, in denen Untergangsszenarien täglich neu (medial) beschworen werden - von der Weltwirtschaftskrise bis zur Klimakatastrophe - wird das „Spiel“ mit solchen Ängsten zunehmend attraktiver. Es folgt gezielt medialen Gesetzen und Strategien. Das, was zur Kontingenzbewältigungsleistung von Religion gehört - der Umgang mit der Angst vor Vergänglichkeit und Verfall - wird im RTL-Dschungelcamp über sogenannte „Safe Thrills“ abgearbeitet(5). Der Zuschauer kann in solchen „Thrills“ das „Gefühl“ von Angst erleben, ohne die Gefahr an sich oder die angsterweckende Situation selbst konfrontieren zu müssen. Die RTL-Ekelshow ermöglicht Angstbewältigung in der Form, daß der Zuschauer aus sicherer Distanz - im bequemen Fernsehsessel - die Erfahrungslast des befürchteten Verfalls medialen Identifikationsfiguren auflädt und sie an diesen quasi durchspielt. Die Show fängt alltagsweltliche Kontingenzen so mit der emotionalen Aktivität des gefahrlosen Spiels auf. Dschungelkönig wird der Star, der dem Zuschauer am überzeugendsten und unterhaltsamsten vorführt, wie man mit Verfall und Vergänglichkeit umgeht.

Rückkehr zum Leistungsethos?

Das ist eine Leistung, die der Star im Medium Fernsehen präsentiert und eine Leistung des Mediums selbst. In der Debatte über den vermeintlich vor allem von Castingshows beförderten Werteverfall ist von Leistung in der Regel nicht die Rede. Dort, wo das Fernsehen als „Plebs-TV“ mit systematischen Verdummungsstrategien verurteilt wird, scheint der Leistungsbegriff keinen Platz zu haben - schon gar nicht, wenn, wie vom „Spiegel“ unterstellt, eben jenes „Plebs-TV“ mit seinen Castingshow- Formaten lediglich ein „Heer verhaltensgestörter Kurzzeit-Freaks“ hervorbringt(6). Maya Götz, Leiterin des Zentralinstituts für Jugend- und Bildungsfernsehen, fällt ein differenzierteres Urteil über die Castingshows. Auch sie hält Sendungen wie das RTL-Dschungelcamp oder „DSDS“ hinsichtlich der Wertevermittlung für problematisch, verweist aber darauf, daß in diesen Shows sehr wohl Leistungen erbracht werden müssen, um am Ende zum Superstar oder Dschungelkönig gekürt zu werden. Diese Leistungen aber seien äußerst fragwürdig. „Gerade im Dschungelcamp“, so Götz, „bekommen ,Leistungen‘ einen Wert, die weder sinnvoll noch zukunftsfähig für Kinder und Jugendliche sind.“(7)

Allein daß hier von Leistungen die Rede ist, legt aber noch eine ganz andere Sichtweise nahe, die sich ergibt, wenn man den Plot der Castingshows erneut auf medial geprägte Szenarien bezieht. Ein äußerst bedrohliches Szenario ist derzeit die Wirtschaftskrise. Berichte über Börsencrashs, Bankpleiten, Insolvenzen schüren Ängste, die zugleich in einen Schuld-Sühne-Diskurs eingetaucht werden. Danach offenbart die gegenwärtige Krise die Gier und den Machthunger von „seelenlosen“ Bankern und Spekulanten. Auch namhafte Kirchenvertreter machen sich diese Verurteilungen zu eigen - man erinnere sich etwa an die Attacke von Bischof Wolfgang Huber auf Josef Ackermann, den Chef der Deutschen Bank. So geißelt man allerorts die neue „Sünde“ der Zeit, die grenzenlose Gier von Menschen, die nur auf schnelles Geld aus sind, ihren Reichtum stetig vermehren wollen, ohne letztlich etwas dafür zu tun. So wie man es hier nicht (länger) hinnimmt, daß Reichtum und Leistung prinzipiell entkoppelt werden, lautet die wertkonservative und geradezu moraline Botschaft der Castingshows: Nur wer (in den Medien) etwas leistet, wird es zu Reichtum und Ruhm, beziehungsweise zu An-Sehen bringen. Wer vor dem Richterstuhl des TV-Juroren Dieter Bohlen in „DSDS“ nichts „bringt“, wer versagt, hat es auch nicht verdient, reich und berühmt zu werden.

Vor dem Hintergrund des heute zu beobachtenden Wechsels von Pflicht- und Akzeptanzwerten wie Selbstlosigkeit und Gehorsam zu Selbstentfaltungswerten wie Genußerleben und Selbstverwirklichung fällt in den Castingshows weiter auf, daß hier konventionelle Leistungstugenden wie Ausdauer, Selbstüberwindung und Durchhaltevermögen als Voraussetzung für (den medialen) Erfolg eingefordert werden. In Zeiten, in denen sich der neue Sozialtypus des konsumorientierten Erlebnismenschen in Abkehr von einer reinen Leistungsgesellschaft fest etabliert hat, feiern in den Castingshows zentrale Inhalte des „klassischen“ Leistungsethos eine Renaissance. Die einstige „Nullbock-Generation“ muß vor TV-Richter Bohlen beweisen, was sie „drauf hat“. Sie muß, so Bohlen, sich „beizeiten“ ein „Können zulegen“, ein „klares Ziel vor Augen haben“ und „Entbehrungen in Kauf nehmen“ - immer im Wissen darum, daß „nur der Tüchtige Erfolg hat“(8).

Leistungen, die man in seiner normalen Erwerbstätigkeit erbringt, zahlen sich heute immer weniger aus. Die Castingshows zeigen einen neuen Weg zu Erfolg, Anerkennung und Reichtum. Dieser Weg ist auf den ersten Blick äußerst attraktiv, denn er steht - das suggerieren Castingshows permanent - Menschen wie du und ich offen. So kann, wie die sechste „DSDS“-Staffel demonstrierte, auch ein Tellerwäscher zum Star werden. Doch dieser medial inszenierte (amerikanische) Traum vom Aufstieg funktioniert nur unter Einhaltung strengster Mediengesetze, nach denen Leistung „an sich“ kein „Wert“ zukommt. In den Castingshows wird deutlich, daß man in einer Mediengesellschaft die Leistung von Menschen nur dann anerkennt, wenn sie öffentlich registriert wird. Wer im Dschungelcamp Ekel-Prüfungen durchsteht, wer sich in „DSDS“ im Casting quälen läßt, gewinnt nur unter der Bedingung, daß er seine Leistung vor medialen Autoritäten wie Dieter Bohlen und dem TV-Publikum erbracht hat. Wenn die Präsentation der eigenen Leistung in den Medien nicht erfolgreich ist, besteht keine Möglichkeit, den Traum von Reichtum und Ruhm wahr werden zu lassen. Der Leistungsbegriff ist so primär performativ bestimmt.

„Deine Stimme hat Wiedererkennungswert. Du wirkst authentisch“, so würdigt Bohlen die dargebotene Leistung von Daniel Schuhmacher, dem Sieger der diesjährigen „DSDS“-Staffel. Die Art und Weise, wie eine medial erbrachte Leistung „wirkt“, dominiert über das, was inhaltlich „geleistet“ wird. Hier zeigt sich erneut: In Castingshows wie „DSDS“ oder „Das Supertalent“ wird eben nicht der talentierteste Musiker oder Sänger gesucht, sondern derjenige, der sein Talent am medienwirksamsten vorführt. Im Vordergrund steht nicht das eigentliche musikalische Können, sondern eine Darstellungsaufgabe, die unterhaltsam zu lösen ist. Dazu fügt sich eine entsprechend in Szene gesetzte Dramaturgie. Der jüngst auf RTL zum Supertalent gekürte Mundharmonika-Spieler Michael Hirte war nicht der beste Musiker in der Runde der Möchtegern-Stars, sondern hatte einfach die beste, das heißt „attraktivste“ private Story vorzuweisen, die einem Millionenpublikum öffentlich präsentiert wurde und dieses zu Tränen rühren sollte: Ein Musiker, nach einem Unfall geh- und sehbehindert, stürzt in ein Hartz-IV-Leben ab, schlägt sich als Straßenmusikant durch und schafft es von der Fußgängerzone auf die große Bühne. Dieses bewegende Schicksal, mit dem sich der sogenannte „Durchschnitt“ der Gesellschaft unmittelbar identifizieren konnte, erhielt in der RTL-Show die Weihe öffentlicher Aufmerksamkeit.

„Du bewegst die Menschen mit deiner Musik. Du machst dein Schicksal zur Musik“, so Bohlens wohlwollendes Urteil über „sein“ Supertalent Michael Hirte. In diesem Richterspruch zeigt sich ein weiteres Merkmal, das medial erbrachte Leistungen aufweisen müssen: Sie müssen anrühren, bewegen, zu Herzen gehen. Supertalent, Superstar wird derjenige, der eine mediale Darstellungsaufgabe so löst, daß er damit Emotionen weckt. Auch das ist ein Mediengesetz, dem sich jeder unterwerfen muß, der mit seinen Leistungen in der medialen Unterhaltungswelt erfolgreich präsent sein will, denn: Emotionen machen Quote. Diesem Gesetz folgend, rücken die Kameras in „DSDS“ den Kandidaten ganz nah auf den Leib, setzen deren Trauer und Versagensängste, deren Sehnsüchte und Hoffnungen groß ins Bild, so daß sich nach dem Muster einer Real-Time-Soap beim Zuschauer ein Gefühl von Vertrautheit einstellt. Die Boulevardmedien und das Internet liefern dazu die entsprechenden „Personality“-Stories. So offenbart der mediale Blick hinter die Kulissen, daß eine „DSDS“-Kandidatin seit ihrer Kindheit an schwerem Rheuma leidet und ihr die Musik half, mit dieser belastenden Krankheit fertig zu werden. Im erfolgreichen Auftritt dieser Kandidatin zeigt sich einmal mehr: Eine gute Sängerin zu sein, reicht in „DSDS“ nicht aus, man muß als Person in den Medien bedingungslos öffentlich agieren und emotionalisieren können. So wird ein Selbstdarstellertum in Gang gesetzt, in dem sich der einzelne ständig von dem Urteil einer medialen Öffentlichkeit abhängig macht.

„DSDS“, so verkündet Bohlen mit ernster Miene im Magazin zur Show, „ist härter geworden“. Konkret heißt das: noch weniger Inhalte, noch mehr Spektakel und Sensationen, noch weniger Alltägliches und noch mehr Abstruses und Abnormales. Im Recall, in dem heuer 120 Kandidaten von ursprünglich 31098 (!) Bewerbern weiter ausgesiebt wurden, gelten nunmehr die Gesetze der Dschungelcamp-Show. So mußten die angehenden Superstars ihre Sangeskünste mit einer Würgeschlange um den Hals darbieten und sich dabei Bohlens knallharten Durchhalteparolen aussetzen: „Ich will nicht hören: Ich kann das nicht. Du singst das jetzt durch.“ In dem Maß, in dem sich in diesem medialen Sozial(star)winismus die Sensationen und Emotionen immer mehr von den Inhalten verselbständigen, wird das Fernsehen zum „Nullmedium“ (Hans Magnus Enzensberger), in dem jeder, der in ihm präsent sein will, austauschbar wird und jederzeit den mühsam errungenen Aufmerksamkeitswert wieder verlieren kann.

Was sich in diesem „Wertverlust“ zeigt, ist im Gegensatz zum allerorts beklagten Werteverfall letztlich ein Wertewandel, der grundlegend mit der Mediatisierung von Werten zusammenhängt und ihre Gültigkeit an Gesetze medialer „Performance“ knüpft. Wenn Politiker nach einer verlorenen Wahl klagen, ihre gutgemeinten und „wert“-besetzten Botschaften von Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich seien beim Wähler nicht „angekommen“, dann deckt sich das in vielerlei Hinsicht mit Bohlens gnadenlosem Richterspruch: „Du kommst einfach scheiße rüber.“ Das, was „ankommt“, „rüberkommt“, ist das, was medial ankommt bzw. wahrgenommen wird. Medial ankommen aber heißt medientauglich sein, sich darstellen können, heißt „performen“ können. Von hier aus bemißt sich der „Wert“ des einzelnen Menschen und seiner Leistung. Menschen sind nur dann etwas „wert“, wenn sie in den und für die Medien tauglich sind.

An dieser Stelle offenbart sich ein medial beförderter „Werteverfall“ ganz eigener Art: Die „Halbwertszeit“ des Ruhms wird immer kürzer. Wer heute in den Medien als Superstar etwas „wert“ ist, kann schon morgen ins mediale Nichts zurückfallen. Angesichts der Inflation der Castingshow-Formate - von „Popstars“ (Pro 7) über „Mr. Perfect“ (SAT 1) bis zu „Germany’s Next Topmodel“ (Pro 7) - verschärft sich diese Gefahr des Absturzes zusehends. Je mehr Talente, Topmodels und Superstars nach oben gespült werden, desto schneller blättert der Lorbeer ab. Dazu kommt: Das Medium Fernsehen destruiert, was es konstruiert. Es schafft ein mediales An- Sehen, es „verpaßt“ Stars ein Bild, ein Image, das jederzeit auf den Kopf gestellt werden kann. Am deutlichsten wird dies in der Allianz der Castingshow-Maschinerie mit jenem Printmedium, durch das Menschen massenwirksam ins „Bild“ kommen. In einer vom Fernsehen und der „Bild“-Zeitung geschaffenen und ununterbrochen angestachelten Öffentlichkeit werden „Nobodys“ zu Stars hochgeputscht, um anschließend wieder fallengelassen zu werden - was vor allem dann eintritt, wenn das medial konstruierte „Bild“ nicht den Erwartungen einer boulevardesken Öffentlichkeit entspricht. So stieg der Aufmerksamkeitswert von „Supertalent“ Michael Hirte im Verlauf der RTL-Show schier unaufhaltsam an. Doch auf dem Höhepunkt kam es zum Absturz, als bekannt wurde, daß sich Hirte nicht im Sinn seines Images verhielt. Die medial inszenierte Story vom obdachlosen Musiker zum Supertalent brach in sich zusammen, als Hirte auf einem Konzert Obdachlosen keinen Eintritt gewährte.

Es ist dieser Werteverfall, bezogen auf das Wertsein in den Medien, in dem sich die menschenverachtenden Züge des Castingshow-Spektakels zeigen. Da müssen Menschen, die ihr Selbstwertgefühl fast nur noch von ihrer medialen Anerkennung her begründen und öffentlich bekennen: „,DSDS‘ ist der Traum meines Lebens“, schonungslos erleben, wie dieser Traum zerplatzt und sie von TV-Richter Bohlen öffentlich niedergemacht werden mit Sprüchen wie: „Du singst wie eine Kläranlage außer Betrieb.“ Wie unmenschlich diese öffentlichen Demütigungen sein können, wird drastisch sichtbar, wenn „DSDS“-Kandidaten angesichts solcher zynischen Urteilssprüche vor laufender Kamera zusammenbrechen (auch das steigert die Zuschauerzahlen) oder wenn aus der Casting-Maschinerie wieder ausgespuckte „Stars“ resignierend erkennen müssen: „Ich bin nicht mehr Mensch, sondern Quote.“

„Zeig’s uns!“

Es ist eine leichte Übung, die Teilnehmer der Castingshows als „Generation doof“ zu verurteilen, als verblödete TV-Teilnehmer und Konsumenten, die nicht erkennen oder nicht wahrhaben wollen, daß sie vom Medium manipuliert, vorgeführt und auf Quote reduziert werden. Solche Urteile gehen Hand in Hand mit Schlagzeilen, in denen das Fernsehen selbst - analog zu seinem verblödeten Publikum - als „Doof-TV“ tituliert wird. Doch wer Medienwirkungen ausschließlich als medienverursacht beschreibt, postuliert eine Kausalität, die nicht besteht. Das, was man am und im Fernsehen als problematisch ansieht, ist primär ein gesellschaftliches und soziales Problem. Wenn man in Zeiten des Niedergangs der traditionellen Familie immer seltener verläßliche Zuwendung und Aufmerksamkeit aus der natürlichen Umwelt erhält, wenn die Nahweltkommunikation nicht mehr funktioniert und die Gesellschaft selbst insgesamt an fehlender Integrationskraft, Bindung und Orientierung krankt, stößt das Fernsehen in diese Lücke.

Genau das ist der Hintergrund für das seit längerem zu beobachtende Fernseh- Phänomen des „Sender-Suchlaufs“. Die privaten Suchmaschinen, allen voran RTL, suchen nicht nur nach Vermißten („Vermißt“), nach Vätern („Papa gesucht“) oder für den Bauer die Partnerin („Bauer sucht Frau“) - sie suchen vor allem den vollkommensten, talentiertesten und schönsten Menschen. Man sucht das Supertalent, den Superstar, den Dschungelkönig, „Germany’s Next Topmodel“ oder „Mr. Perfect“. Daß nun auf einmal das TV-Programmangebot aus einer einzigen großen Suche zu bestehen scheint, bedeutet nicht, daß das Fernsehen sich sein suchendes Publikum quasi selbst schafft. Auch hier gilt: Fernsehen kommt immer erst danach. Von daher ist zunächst nach den tieferliegenden Ursachen für den Boom solcher Fernseh-Formate zu fragen. Warum wollen immer mehr Menschen öffentlich auftreten, sich medienwirksam präsentieren und ausstellen? Was für ein Menschenbild scheint hier auf? Was bedeutet es letztlich für eine Gesellschaft, wenn Menschen Anerkennung und Beachtung zunehmend nur noch medial vermittelt erfahren?

Soziologen beschreiben die gegenwärtige Gesellschaftsstruktur häufig als einen Prozeß der Pluralisierung, Individualisierung und Globalisierung, in dem sich das Deutungsmonopol der kirchlich institutionalisierten Religion auflöst und traditionelle soziale Netzwerke wegfallen. Der einzelne wird „freigesetzt“ (Ulrich Beck), er kann nicht mehr auf vorgegebene Gewißheiten und Ordnungen zurückgreifen. Diese „Freisetzung“ ist an weitgehende Einschränkungen einer „verhartzten“ Gesellschaft geknüpft, die ihren Mitgliedern soziale Einschnitte und allgemeine Unsicherheiten zumutet. Es gilt heute als ausgemacht, daß diese wachsenden gesellschaftlichen Widersprüche, aber vor allem auch Verunsicherungen, selbst religionsproduktiv sind. Religion und Glaube, so urteilt Jürgen Habermas, seien Krücken einer „entgleisenden Modernisierung der Gesellschaft“. Einer „zerknirschten Moderne“ könne „nur noch die religiöse Ausrichtung auf einen transzendenten Bezugspunkt aus der Sackgasse verhelfen“(9). Konfrontiert mit „Entgleisungen“ der Postmoderne, greifen Menschen jedoch zunehmend nicht mehr auf Angebote der christlichen Kirchen zurück, sondern nutzen massenmediale Angebote. Die Sehnsucht nach Orientierung und Halt, die spirituelle Sinnsuche, von der heute überall die Rede ist, wird von Massenmedien wie dem Fernsehen offenbar erfolgreicher bedient als von der expliziten kirchlichen Religionskultur. Mit den Massenmedien verliert die traditionelle Religionskultur so immer mehr an Zuständigkeit. An medialen Erfolgsformaten wie den Castingshows läßt sich ablesen, wie weit dieser Prozeß bereits fortgeschritten ist. Das Phänomen „DSDS“ offenbart letztlich, daß wir nicht in einer postsäkularen, sondern längst in einer postchristlichen Zeit leben, in der die Sehnsucht und Suche des Menschen nach Sinn, Wert und Identität nicht mehr von explizit christlichen Glaubensbezügen geprägt ist und Religion zu einem Medienphänomen wird.

Diese Entwicklung zeigt sich in den Castingshow-Formaten vor allem in dem medial beförderten Menschenbild, in dem neuen Show-Menschen. Der Schriftsteller Günter Kunert brachte dieses Menschenbild bei den 22. Mainzer Tagen der Fernsehkritik auf die Formel: „Ich werde ausgestrahlt, also bin ich.“ Der Mensch findet den Grund seiner Existenz nicht in Gott, sondern im Medium selbst. Das Leben ist nicht von Gott wertgehalten. „Alles was zählt“ (so die gleichnamige RTL-Soap) ist, daß man in den Medien etwas „wert“ ist und gilt. Der Mensch weiß sich nicht von Gott angenommen, sondern angesehen und angenommen von einer medialen Öffentlichkeit. Vor dieser Öffentlichkeit erlebt der einzelne seine Einzigartigkeit nicht von seiner Bestimmung zur Gottebenbildlichkeit her. Er vertraut vielmehr auf sein mediales Erscheinungsbild, sein „Image“, das ihm Besonderheit verleiht.

Das mediale Erscheinungsbild gibt vor, wer jemand ist. Einst war es das Design, welches das Sein bestimmte. Man konnte es zu etwas bringen, man war etwas „wert“, wenn man reich war und das Geld verehrte. Wer etwas auf sich hielt, umgab sich mit Luxus und Statussymbolen. In den Castingshows zeigt sich ein neuer Trend: Der (schöne) mediale Schein bestimmt das Sein. Statussymbole sind nach wie vor angesagt, aber sie reichen für eine „Wertsteigerung“ nicht mehr aus. Wertsteigerungen ergeben sich nun aus dem medialen Aufmerksamkeitswert schlechthin, der Prominenz. Sie ist nicht länger für Schauspieler, Sportler oder Politiker reserviert, sondern steht, so das Versprechen der Castingshows, dem breiten Volk zu: Jeder kann es schaffen und zum schönsten, perfektesten und talentiertesten Menschen gekürt werden. Als moderne Heilige leben die Superstars die Botschaft von der für jeden geltenden Erreichbarkeit vollkommenen Glücks im Diesseits vor.

Berühmtheit als Ewigkeitsverheißung?

In der christlichen Anthropologie ist es nicht eine perfekte Idealgestalt, sondern der leidende und gekreuzigte Christus, der dem menschlichen Abbild Gottes nahekommt. Von hier aus können der schöne, perfekte Mensch und das scheinbar vollkommene irdische Glück nicht Maß aller Dinge sein. Dem vom Menschen im Leben aus eigener Kraft zu erreichenden Glück steht im Glauben die nicht machbare Erfüllung und Vollendung gegenüber. Für den Beter in Psalm 4 ist Gott selbst die Erfüllung des Menschen: „Herr, laß dein Angesicht über uns leuchten! Du legst mir größere Freude ins Herz, als andere haben bei Korn und Wein in Fülle“ (Ps 4,7f.). Diese „größere Freude“ ist eine „Freude des Herzens“, die jenes Glück übersteigt, das wir durch „Reichtum und Wohlstand“ gewinnen wollen und das uns stets „daran erinnert, wie wenige Tage unser Leben zählt“ (Koh 5,18f.). „Es gibt“, heißt es im Buch Kohelet, „kein in allem Tun gründendes Glück“ (Koh 3,12). Aber es gibt eine Freude, die bleibt, weil Gott sie uns schenkt: „Vor deinem Angesicht herrscht Freude in Fülle, zu deiner Rechten Wonne für alle Zeit“ (Ps 16,11).

Wer dieses Geschenk Gottes annimmt, rechnet mit Gott in seinem Leben und lebt dieses Leben aus der Beziehung zu Gott heraus. So sagt man von gläubigen Menschen nicht selten, daß sie so leben, wie Gott sie gemeint hat: Sie versuchen, ihr ursprüngliches Bild in der Welt sichtbar werden zu lassen. Einem solchen Lebensziel stimmen heute immer weniger Menschen zu. Maß und Vorbild ist nicht das göttliche Bild des Menschen, sondern das medial konstruierte Bild, das dem Menschen öffentlichen Ruhm und Ansehen sichert.

Nach biblischem Zeugnis bleibt der Mensch von Gott gerufen: Er kommt von ihm her und ist religiös im Sinn eines Bezogenseins auf diese Herkunft. Im Medium ruft der Mensch sich selbst aus. Der Ruf, der Ruhm wird zur Religion. „Berühmt zu sein“, so die Journalistin Susanne Schumacher, „ist die Religion von heute.“(10) Sie verheißt dem einzelnen Unsterblichkeit, ein unvergängliches Ansehen im Diesseits. Mehr noch: Sie verspricht „Erlösung“ als Entlastung von Alltagskontingenzen, sie befreit Menschen wie dich und mich vom Einerlei eines Lebens, in dem man im Mittelmaß zu versinken droht. Das Fernsehen arbeitet dieser Religion zu und ist ihr Medium. Es gewährt dem einzelnen die „Gnade“ des Außergewöhnlichen. Wer in der Hartz-IV-Falle sitzt, wer in Familie und Gesellschaft keine Beachtung findet, dem läßt das Fernsehen die heilsame Erfahrung zuteil werden, einmal aus dem Schattendasein auszubrechen und im Mittelpunkt zu stehen. Das Fernsehen selbst wird so zum „Anwalt einer inszenierten und gleichwohl realen Verbesserung und Überhöhung des wirklichen Lebens“(11). Es verleiht dem Leben des einzelnen einen außeralltäglichen Rahmen und hebt es aus seiner Bedeutungslosigkeit, seiner Nichtigkeit heraus.

Das gelingt aber nur dann, wenn man sich im Medium selbst im wahrsten Sinn des Wortes „zeigt“ und zum „Show“-Menschen wird. Das „Ich werd’s denen mal zeigen“, so Bohlens Erfolgsrezept, „katapultiert dich aus der Suppe, in der alle schwimmen, in eine geistige Poleposition“(12). „Zeig’s ihm!“, so die Aufforderung von Schönheitskönigin Heidi Klum in ihrer Topmodel-Show an eine Kandidatin, die sich auf dem Laufsteg vor einem berühmten Modedesigner präsentieren muß. „Jetzt zeig uns endlich, was du drauf hast!“, so Bohlens mahnende Worte an einen „DSDS“-Kandidaten, der sein „wahres“ Können offensichtlich noch nicht überzeugend genug „rübergebracht“ hat.

Wer an einer Castingshow teilnimmt, muß sich als „Show“-Mensch zur Schau stellen und „zeigen“. Dieses „Zeig’s uns!“ funktioniert nur in Einheit mit dem Gezeigtwerden. Wer sich in „DSDS“ nicht von Anfang an multimedial publik macht, sich Zuschauern, Fans und Medien öffnet, ist ohne Siegchance. Eine Homepage, eine Biographie (die man sich schreiben läßt), Autogrammstunden und ständige Interviews mit „Bravo“ und Co. sind die „Insignien“, die man vor-„zeigen“ muß, um sich gegenüber den Konkurrenten erfolgreich ins Bild zu setzen. Für den einzelnen heißt das: Ich muß weniger etwas können oder sein als mich vielmehr gut vermarkten. Ich bin dann anerkannt, wenn ich als Medientyp öffentlich ankomme. Wenn es aber nur noch um den Markt„wert“ geht, wenn man ständig „zeigen“ muß, was man ist und wert ist, gerät der von Jesus verkündigte Gott in Vergessenheit, der sich dem Menschen liebend hinschenkt und vor dem man nichts „zeigen“ und „beweisen“ muß.

Gottes bedingungslose Zuwendung zum Menschen läßt sich nicht erzwingen. Sie offenbart sich in seinem gnädigen Handeln, einer freien, ungeschuldeten Liebe, die nicht Maß nimmt an sichtbaren Leistungen und Verdiensten. Das mediale Evangelium der Castingshows enthält die frohe Botschaft: Du kannst und du sollst es allen zeigen, wer du bist und was du drauf hast! Mach dein Leben besonders und einmalig! - Das Evangelium Jesu verheißt: Du gehst nicht auf in dem, was du selbst leisten und vor-„zeigen“ kannst. Dein Leben besteht nicht allein aus dem, was du selbst aus ihm „machen“ und vor anderen „präsentieren“ kannst. Es ist dir aufgegeben als eine Gabe, als ein einzigartiges Geschenk Gottes, „der das Verborgene sieht“ (Mt 6,18).

Stimmen der Zeit (2009) 545-556

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