Quarantäne! Eine Gebrauchsanweisung von Pater Anselm Grün

Benediktinerpater Anselm Grün erklärt in seinem neuesten Buch "Quarantäne! Eine Gebrauchsanweisung", wie das Zusammenleben für Familien, Singles und Wohngemeinschaften in Zeiten von „social distancing“ funktionieren kann und was wirklich hilft.

Quarantäne. Von Anselm Grün
Benediktinerpater Anselm Grün © Daniel Biskup

Ganz schnell werfen P. Anselm Grün und der Herder Verlag diese spirituelle Hilfe auf dem Markt: Erst am 16.3.2020 war in Deutschland der Shutdown der Schulen, am 24.3. schon erschien das E-Book, am 31.3. die gedruckte Version. Menschen, die wegen Corona in Quarantäne leben – allein oder in Familie –, bekommen eine „Gebrauchsanweisung“ an die Hand, die aus der Weisheit der Mönche schöpft. Bekanntlich leben diese seit 1500 Jahren in klösterlicher Klausur, also gleichsam in Quarantäne: auf engstem Raum, abgeschottet von dicken Mauern, dicht aufeinander.

Natürlich ist das Büchlein mit heißer Nadel gestrickt, es ist eher leichtgewichtig, bisweilen glättet es existenzielle Fragen, und es richtet sich an den bürgerlich abgesicherten Kunden, dem es in der Krise eigentlich ganz gut geht, nicht an jene Menschen, die jetzt in Abgründe stürzen: gesundheitliche, finanzielle, familiäre – bekanntlich steigen in Quarantäne oft die Angst und die Aggression – oder an jene Flüchtenden und Armen dieser weiten Welt, denen gleich gar nichts mehr bleibt.

„Quarantäne“ kommt von ital. quaranta giorni, das ist die 40-tägige vorösterliche Bußzeit (lat. quaresima) – sie fällt übrigens jahreszeitlich mit Corona beinahe zusammen! Aber immerhin sind Quarantänen zeitlich begrenzt… Anselm Grün nennt die drei Kriterien, die nach Benedikt für die Aufnahme eines Novizen ins Kloster gelten: Er soll Gott suchen und eifrig im Gottesdienst sein – also emotionsfähig und hörend sein, nicht narzisstisch um sich kreisend; er soll gehorsam sein – also sich auf die Gemeinschaft einlassen und sinnvolle Regeln beachten; er soll „Widerwärtiges ertragen“ – also Konflikte und Belastungen akzeptieren. Rituale muss man in der Klausur neu erfinden, um dem Leben Form zu geben – individuelle und gemeinschaftliche, innerliche und äußerliche. Und man muss, um den Lagerkoller zu vermeiden, sich Ziele geben: Wie ein Bergwanderer, der kurz vor dem Gipfel wegen eines Unwetters im Basislager festhängt und nicht mehr zum Gipfel kommt, muss sich der durch Corona Eingesperrte andere und neue Ziele definieren.

Oft ist auch ein Rollenwechsel zu vollziehen: Die Chefin des Unternehmens ist plötzlich wieder vor allem Hausfrau und Mutter. Den Lagerkoller vergleicht Grün mit der mönchischen Acedia: Missmut, Überdruss, Trägheit, Herzensangst überfallen den Mönch, wenn er sich eingesperrt fühlt – nur neue Ziele geben Energie und Lust. Im Kloster hat der Mönch seine Zelle als enge, aber ganz private Nische, die er ärmlich, aber liebevoll gestaltet; und er hat die meist großzügigeren Gemeinschaftsräume, in denen er den Brüdern begegnet, in rechter Nähe und in rechter Distanz, im Schweigen und im Reden. Der Mönch darf keine Angst vor Emotionen haben – diese werden dichter in der Stille. Und er muss Solidarität üben…

Versteckt im Gewand der Schlichtheit spricht Anselm Grün doch Wesentliches an, mit Gespür und mit Tiefgang – auch Mönche können gut schnell schießen.

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