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kindergarten heute Bonustrack: Nähe ist professionell
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Intro: Der Kindergarten heute Bonustrack - Fachmagazin.
Sofie Raff (kindergarten heute): Frau Weltzien, noch mal vielen Dank, dass Sie heute mit mir hier sind und ich würde sagen in unserem Interview zu Nähe und Distanz in der Beziehungsgestaltung zwischen Kita-Fachkräften und Kindern. Fangen wir erstmal mit den Basics an. Wie würden Sie denn eine tragfähige professionelle Beziehung zwischen Kita Fachkraft und Kind mit ganz wenigen Worten beschreiben.
Dr. Dörte Weltzien: Eine tragfähige Beziehung. Eine tragfähige Beziehung zwischen Fachkräften und Kind zeichnet sich dadurch aus dass die Kinder in der Regel Wohlbefinden zeigen. In der Nähe der Fachkraft und aber auch wenn sie älter sind, ist es ja so ein verinnerlichtes Konzept, dass die Kinder uns z.B. in Kinderinterviews sagen, wir können uns auf die Fachkraft verlassen. Wenn wir ein Problem haben, können wir dahingehen, aber eigentlich können wir es auch selber lösen. Also das zeichnet eine Beziehung ja generell aus und eben auch eine Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen gerade auch im Kita Bereich wenn die Kinder wissen, das sind Personen, denen ich vertrauen kann und auf die ich mich verlassen kann und die auch da sind, wenn ich sie brauche. Und je jünger die Kinder sind, desto weniger können sie das natürlich reflektieren oder aussprechen. Das heißt, man muss es an den Feinzeichen beobachten. Fühlen die Kinder sich wohl? Sind sie entspannt? Können sie sich auch wieder entspannen? Ich habe ja gesagt, in der Regel Wohlbefinden. Kinder fühlen sich nicht immer wohl, das wäre ja auch komisch, sondern die haben Stress, die haben Schmerzen, die sind mal krank, haben Konflikte und die tragfähige Beziehung wird dann besonders aufgerufen, ist dann besonders gefragt, wenn die Kinder Probleme haben oder Konflikte haben und jemanden brauchen und da zeichnet sich dann aus ist es denn wirklich so, dass ich mich auf die Person verlassen kann? Und das können wir eben in dem Bindungsaufbau ja eben auch sehr gut sehen. werden die Bedürfnisse der Kinder feinfühlig beantwortet.
Sofie Raff: Jetzt verbringen ja Kinder sehr viel Zeit oft mit den Bezugspersonen in der Kita und da ist es ja eigentlich auch natürlich und sehr wünschenswert, dass Sie ein enges Verhältnis zu ihnen aufbauen. Gibt es dann für Sie auch Situationen in denen Fachkräfte sich abgrenzen sollten und distanzieren sollten von den Kindern?
Dörte Weltzien: Grundsätzlich erstmal nicht als Konzept, denn wenn ich wenn ich davon ausgehe, dass die Kinder mir ihre Bedürfnisse zeigen, dann sind die Bedürfnisse individuell ja sehr unterschiedlich zwischen Nähe und Distanz, situationsabhängig, kindabhängig, phasenabhängig. Und wenn ich sage, ich gehe auf die Bedürfnisse ein, dann und das gibt dieses Feinfühligkeitskonzept ja vor, wenn ich mich daran orientiere, gehe ich den Bedürfnissen der Kinder nach. gleichzeitig habe ich natürlich als erwachsene Fachkraft auch meine Bedürfnisse. Jeder Mensch hat ein andere anderes Gefühl. von und Distanz. Das ist kulturell geprägt, das ist familienkulturell geprägt, das ist individuell unterschiedlich. Das heißt, da kommt es darauf an, dass ich mich ja auch wohl fühle in der Situation mit den Kindern und da ist es wichtig, dass man das miteinander aushandelt. Also an den Haaren ziehen mag ich nicht so gerne, aber du kannst dich sehr gerne ganz dicht. Mein Knie tut gerade weh, deswegen kannst du dich leider nicht auf meinen Schoß setzen, aber schau mal, ich hole dir ein Kissen, das ist genauso weich. Also den Kindern nicht […], so dass sie das nicht einordnen können, wenn ich mich da distanziere, sondern das erklären, dass jeder Mensch Bedürfnisse hat und dass es mir im Moment vielleicht zu nah ist.
Sofie Raff: Da sind wir schon beim Thema Körperkontakt, zum Thema „Darf ich auf deinen Schoß sitzen“ – gibt es da für Sie Grenzen und Regeln, die Fachkräfte beachten sollen?
Dörte Weltzien: Na ja, also gut, wenn wir dann schon über den Kinderschutz und die Kinderrechte nachdenken. Dann ist es natürlich eindeutig da die Grenze, wo die Kinder etwas nicht wollen, also wo die Grenze überschritten wird im Hinblick auf Übergriffigkeit. Wir kennen die vielen Beispiele, einfach mal die Nase putzen von hinten, irgendwas ab dem Mund abwischen. Also, das heißt vielleicht sogar gut gemeinter, aber falsch verstandener Körperkontakt, weil man irgendwelche Pflegetätigkeiten macht, ohne dass man die Kinder da mit einbezieht, sozusagen auch als Kooperationspartner. Also, das sind für mich natürlich Grenzen, die kann man auch normativ festlegen. Da kann die Leitung einer Einrichtung sagen, so gehen wir in diesen und jenen Situation mit um, dass wir den Kindern nicht in solchen Situationen dazu nah kommen.
Sofie Raff: Das heißt, der Körperkontakt sollte in der Regel von den Kindern initiiert sein.
Dörte Weltzien: Ja, also das ist natürlich, ich meine, der ganze Tag besteht aus Kontakten und das ist auch gut so. Übrigens, ich möchte da auch eindeutig ein für je dafür halten, dass es nicht darum geht, dass wir kontaktlose Kitas haben. Also, wir können kontaktlos bezahlen an der Kasse von mir aus, aber kontaktlose Kitas sind Gift für die Kinder und wir haben zunehmend Kinder, die Bindungsproblematiken haben, die uns das auch zeigen, die sehr distanziert sind, die Angst haben vor Kontakt, warum auch immer, das können wir nicht wissen und auch nicht bewerten. , die vielleicht sehr, sehr starken Kontakt zu such suchen, weil sie das vermissen und wenn wir sagen, grundsätzlich gibt's keinen Körperkontakt mehr, nur noch in Notfällen, dann sind wir da am falschen Ort. Also da möchte ich ein ganz klares Plädoyer legen auch aus pädagogischen und Entwicklungspsychologischen Gründen. Da in diese Richtung kann es nicht gehen.
Dörte Weltzien: Aber wenn Sie danach fragen, wo sind für mich selbst die Grenzen, dann ist es sehr wichtig, die eigenen Bedürfnisse nach Nähe, Körperkontakt, auch Körperkontakt zu Kindern, auch zu anderen Erwachsenen zu reflektieren, alleine für sich selbst zu reflektieren und gemeinsam mit anderen zu reflektieren und darüber zu sprechen, was für mich eben auch eine Grenze ist, dass ich nicht die Nähe zu den Kindern suche, weil ich die so gerne habe, diese Nähe weil ich gerne kuschle. Auch das wird uns ja manchmal in Interviews gesagt und da sagen wir, das ist kein professionelles Verhalten, wenn das Kind ein Bedürfnis hat nach Nähe, dann kann ich das feinfühlig beantworten und ich hoffe, dass ich mich da auch in dieser Situation dann wohlfühle, aber ich kann nicht sozusagen die Kinder die Nähe der Kinder suchen, weil ich diese Nähe brauche. Das ist kein professionelles Handeln. Dieses Austarieren von Nähe und Distanz in Bilderbuchsituation, Vorlesesituation, Entspannungssituation, das kann man konzeptionell recht schwer strikt vorgeben. Das hat etwas mit Feinfühligkeit, mit pädagogischem Takt und mit sehr viel Reflexionsvermögen und auch Anlässen zu tun.
Sofie Raff: Ja, sie haben es gerade schon angesprochen, dass die eigene Emotionalität der Fachkraft natürlich auch eine Rolle spielt. Geht es denn oder ist es überhaupt wünschenswert, dass Fachkräfte ganz objektiv und ganz rational auf die Kinder schauen können oder ist es einfach auch, liegt es in der Natur der Sache, dass die eigenen Gefühle da auch immer ein bisschen mit reinspielen?
Dörte Weltzien: Erstmal, Gott sei Dank, wir sind eben keine Objekte, sondern Subjekte. Menschen. Und Deswegen hat die der Beziehungsaufbau die Beziehungsgestaltung immer auch eine subjektive Komponente. Das heißt aber natürlich nicht, dass es irgendwie willkürlich ist, sondern die Fachlichkeit kommt ja dann rein und da unterscheiden sich Fachkräfte von Eltern, dass sie das ganze fachlich einordnen können. So dass sie beispielsweise, wenn sie bei Kindern beobachten, dass die Kinder sehr stark vermeidendes Verhalten zeigen, dass sie sich im Team überlegen, welche Angebote kann man im Kind dann noch machen. Dass man trotzdem eine Beziehung aufbauen kann und nicht sagt, wird ja gut, dann will das Kind das offensichtlich nicht. Also […] Pädagogik bedeutet ja im besten Sinne etwas Positives beim Kind bewirken zu können.
Und das ist im Grunde genommen ja die die Maßgabe mit der man da ins Feld geht. Dafür haben wir Methoden, dafür haben wir Instrumente, Beobachtungsinstrumente im Alltag. da dafür haben wir auch viele Möglichkeiten sich auch externe Hilfe zu holen in der Beratung, in der Diagnostik und so weiter. Das ist die objektive Komponente und die subjektive Komponente ist die intuitive Fähigkeit und Bereitschaft in Beziehung zu treten. Das kann man nicht objektivieren. Das sind Gott sei Dank wir Menschen.
Sofie Raff: Ja. Sie haben es gerade schon angesprochen. Ich stell mir das extrem schwierig vor. Es gibt ja Kinder, die sich extrem zurückhalten und Verhalten, die eher still sind. Eher distanziert sind und das ist ja oft auch im stressigen Kitaalltag ja einfach leider so, dass die so ein bisschen unter dem Radar laufen und vielleicht kommt man ja dann auch schnell zu der Erkenntnis, na ja, das ist halt das Bedürfnis des Kindes, das ist halt ein bisschen still, das ist halt ein bisschen zurückhaltend. Ist es da trotzdem dann notwendig, dass Fachkräfte immer wieder schauen, wie kann ich dieses Kind zu mir holen, in die Beziehung holen?
Dörte Weltzien: Ja, wir machen ja gerade ein seit zwei Jahren arbeiten wir in einem Qualitätsentwicklungsprogramm, das nennt sich Quebin. Da geht es genau um die Qualitätsentwicklung bindungsbezogener Interaktionsgestaltung und ich wundere mich und freue mich darüber, dass das Interesse riesengroß ist in der Fachpraxis. Wir haben so viel Anfragen für Fortbildung, für Schulung, für Materialien, die wir kaum beantworten können. Und ich wundere mich darüber, dass ganz offensichtlich, dass die Wissensbestände noch begrenzt sind. Selbst, sage ich mal, bei akademisch aus ausgebildeten Fachkräften, die relativ frisch von den Hochschulen kommen, die sagen also in genau in diesem spezifischen Feld bindungsbezogene Interaktionsgestaltung zu führen, „wir fühlen wir uns noch nicht ausreichend vorbereitet und kompetent“ und das hat was mit Wissensbeständen zu tun, aber eben auch wirklich mit Methoden, Kompetenzen, denn das Wissen über Bindungsbedürfnisse von den Kindern reicht ja nicht aus. Man muss ja was tun, das ist ja das Handeln und das ist genau das, was sie beschreiben. Genau, da wird's kompliziert. Ich würde immer sagen, es ist eine positive Herausforderung, wenn man das so sehen könnte. Wird's wird man sich es leichter machen, möglicherweise auch in dieser Komplexität von unterschiedlichen Bedürfnissen. Wenn jedes Kind gleich wäre und wir hätten sozusagen von vorne rein ein Rezept, was auf alle angelegt immer wirkt, dann würde der Alltag vielleicht auch ein bisschen langweilig werden. Und so ist es bei jedem einzelnen Kind wieder eine spannende Entdeckungsreise. Wie reagiert geht das Kind auf mich? Was bringt es mit und wie entwickelt es sich? Das ist ja das fantastische, dass die Kinder sich unfassbar schnell und vielfältig entwickeln. Und wie gesagt, Pädagogik bedeutet für mich immer das Beste bewirken zu wollen bei den Kindern. Und das ist sozusagen Ansporn der Pädagogik und der Gestaltung Pädagogik. Wie könnte das dann ganz konkret aussehen bei so einem zurückhaltenden Kind? Also, welche Methoden, welche Gesprächsangebote wären da zielführend? Sicher vermeidende Verhaltensmuster[, das] ist ja eine Anpassungsleistung auf die bisherigen Erfahrungen und ich möchte diese Erfahrungen ein bisschen korrigieren im positiven Sinne, dass ich dem Kind zeige, wenn du vom Sofa rutscht, bist du nicht aus meinem Blick, ich habe dich nicht vergessen, ich bin immer noch bei dir und wenn du in 3 m Entfernung sitzt, ich sehe und freue mich darüber, dass du da bist und ich sehe, was du machst und ich gebe kann dir ein Angebot machen und so könnten sehr unterschiedlich Wir geben ja keine Schablonen vor, keine Rezepte. Man könnte sagen, ach, möchtest du mit dem Murmelspiel spielen? Dann hol das schon mal raus. Wenn ich hier mit dem Bilderbuch fertig bin, dann kann ich ja mal zu dir kommen. Wenn man die das kann man ausprobieren sozusagen, wenn das Kind nicht reagiert, kann man es immer mit freundlichen Blicken immer mal wieder Nähe aufbauen. Also eine Nähe ist ja auch über alle möglichen Sinne und nicht nur über Körperkontakt möglich. Man könnte auch, wenn man das Kind sehr vermeidend ist und ängstlich ist, könnte man einfach ein Parallelspiel aufbauen, dass man ohne groß, manche Kinder verstehen kein Wort Deutsch, verstehen nicht, haben Angst davor sie angesprochen worden, dass es Stress gibt beispielsweise, dass man erstmal ohne Worte versucht ein Parallelspiel zu machen und auch mit den Murmeln zu spielen, um dann zu gucken, vielleicht interessiert sich das Kind nicht für mich als Person, aber vielleicht für das, was ich da tue. Und da merken Sie vielleicht schon es gibt nicht nur eine Möglichkeit, aber es gibt sehr viele Möglichkeiten aus diesem Standardprogramm sozusagen noch mal abzuweichen.
Sofie Raff: Wie ist es denn beim Gegenteil? Also wie können Fachkräfte mit Kindern umgehen, die sich sehr distanzlos verhalten und vielleicht auch die körperlichen Grenzen der Fachkraft nicht beachten.
Dörte Weltzien: Na gut, also da muss man sagen, distanzlos ist erstmal ein wertender Begriff. Sondern ich würde genauso erstmal von Bedürfnissen ausgehen. Das heißt, eine großes Nähebedürfnis haben. Das ist schon mal eine andere Konnotation als distanzlos, weil es natürlich die Gefahr in sich birgt, dass die Kinder bewertet und damit auch abgewertet werden oder verurteilt werden, dass die Kinder ein Problem haben. Und so wie ich das eben mit dem Kind das vermeidendes Verhalten zeigt, gesagt habe, ist es bei Kindern, die ein besonders großes Nähebedürfnis haben, ebenso eine Anpassungsleistung. Es ist erstmal kein Problem, sondern sie haben Erfahrungen gemacht, wo auch immer, wann auch immer, die zu diesem Verhalten geführt haben. Und jetzt ist meine Aufgabe im positiven Sinne etwas bewirken zu wollen bei den Kindern, sie nicht zu beschämen, sie nicht abzuwerten und ihnen gleichzeitig Möglichkeiten aufzuzeigen. Du kannst in Beziehung mit mir treten, ohne dass du mich erdrückst, ohne dass du mich an Stellen berührst, die ich nicht möchte, ohne dass du mir weh tust. Und je größer dieses Nähebedürfnis ist, desto leichter vergisst man, dass die Kinder genauso vulnerabel sind, genauso verletzt sind.Und genauso Angst davor haben, zurückgewiesen zu werden
Auch wenn man das nicht sehen kann, weil es auch wieder eine Anpassungsleistung ist, dass sie das verstecken. Und das ist im Grunde genommen eine sehr große Herausforderung dass man sich wirklich vornimmt, auch für diese Kinder das Bestmögliche zu tun und sich nicht permanent zurückzuziehen oder die Kinder abzustoßen, sondern gute, gute Alternativen, gute Wege aufzuzeigen, wie sie in Beziehung treten können. Warum? Nicht nur um meinen eigenen Alltag erträglicher zu machen, auch mit diesem Kind und da nicht in Konflikte zu gehen, sondern weil das die pädagogische Aufgabe ist. Wir haben doch die Aufgabe in der Pädagogik, dass wir die Kinder, dass wir den Kindern eine sehr gute Basis auch für zukünftige Beziehungen legen möchten, positive Beziehungserfahrung eben, an die sie andocken können. Das ist ja die große Aufgabe und deswegen ist es eine pädagogische Herausforderung, die ich aber durchaus in vielen Beobachtungen schon sehen konnte, dass Fachkräfte mit einem einer sehr hohen Bereitschaft und auch einer Figkeit, diese Beziehung feinfühlig zu gestalten.
Sofie Raff: Mhm.
Dörte Weltzien: Ja. Und eine Grundlage dafür ist die das sichere Wissen, dass darauf kann man sich verlassen, ein fachliches Wissen, dass wenn ein Kind beziehungsgesättigt ist, ein Kind das Gefühl hat, es ist eingebettet, in die Beziehung, dann nimmt dieses, dieses große Bedürfnis nach Nähe zu den Erwachsenen auch ab.
Sofie Raff: Mhm.
Dörte Weltzien: Weil es eine Form von gesättigt sein ist und weil im am Ende alle anderen Kinder interessanter sind als die Erwachsenen und die Spiele und die Aktivitäten. Aber solange diese Beziehungsgesättigkeit nicht da ist, ist es nicht möglich, sich darauf einzulassen. Das müssen wir verstehen. Also, es ist ein Grundbedürfnis. Deswegen macht es gar keinen Sinn zu sagen, du darfst keinen Kontakt zu mir haben oder keine Nähe, die du eigentlich brauchst, aber du, ich verlange von dir, ich erwarte von dir, dass du die dich in den Alltag einlässt, wie alle anderen Kinder auch. Das wird nicht funktionieren.
Sofie Raff: Mm. Das ist sehr einleuchtend. Ja, wie ist es denn mit Sympathien und Antipathien? Die spielen ja immer auch eine Rolle in zwischenmenschlichen Beziehungen, sowohl von Seiten der Kinder als auch der Fachkräfte. Wie kann man damit gut umgehen?
Dörte Weltzien: Ich finde, das ist eigentlich ja eine Frage in jedem, also, ob sie da jetzt Therapeutinnen, Ärztinnen, Lehrerinnen, Hochschullehrerinnen in im Grunde genommen jedem Beruf in mit dem man auch mit anderen Menschen zu tun hat, ist ja diese Frage, wie gehe ich denn damit um, wie gehe ich denn professionell mit anderen Menschen um? Und so ist es ja mit Kindern und im Kita Bereich ja genauso. Das heißt, ich werde das schon spüren, dass ich dass ich da Kinder sehr unterschiedlich wahrnehme und ich werde auch spüren, dass ich mit im Team, mit Erwachsenen, mit Eltern, mit Kindern unterschiedlich vielleicht das erlebe. Und ich werde auf jeden Fall merken, dass es mir Kinder natürlich leichter und schwerer machen, aber die dafür werde ich ja nicht bezahlt, sondern mein Job ist ja, dass ich professionell die Beziehung gestalte und ich finde dieser Anspruch, der ist so groß und insofern auch so befriedigend, wenn es ja dann gelungen ist. Deswegen würde ich das immer ohne das abwerten zu wollen, nicht als große Belastung sehen, sondern als große Herausforderung im positiven Sinne.
Dörte Weltzien: Und deswegen sieht man eben auch wirklich große Unterschiede in der in der Bereitschaft und auch der Fähigkeit von Fachkräften. Und ich glaube, dass es an dieser Grundorientierung liegt.
Sofie Raff: Mit der Grundorientierung meinen Sie diese Bereitschaft in die Herausforderung zu gehen?
Dörte Weltzien: Genau. Also, wenn ich jetzt Ärztin wäre, dann würde ich auch nicht sagen, ich möchte aber nur mit gesunden Menschen zu tun haben, sondern das ist meine Herausforderung, ja, dass ich mit allen Menschen zu tun habe, ob die jetzt gesund sind und die machen jetzt nur eine Vorsorge oder krank sind und ich versuche das Bestmögliche zu tun oder unheilbar krank sind, was auch immer, das ist ja mein Anspruch, dass ich da mit jedem Menschen das Bestmögliche in der Zusammenarbeit erreiche. Und so ist es im pädagogischen Bereich ja genauso.
Sofie Raff: Die Beziehung zwischen den Fachkräften und Kindern ist ja oft sehr intensiv und geht auch über mehrere, trotzdem ist es eben eine Beziehung auf Zeit. Wie würden Sie sagen, können die Abschiede und die Übergänge gestaltet werden? Also zum einen, wenn das Kind in die Schule kommt, zum anderen aber auch, wenn man einen hohen Anteil an Stellenwechseln innerhalb der Einrichtung hat oder wenn das Kind die Eingewöhnung abgeschlossen hat und andere Beziehungen zu anderen Fachkräften aufbaut. Also diese ganzen kleinen Übergänge und Abschiede, wie kann man damit gut umgehen?
Dörte Weltzien: Mhm. Ja, das ist eine sehr gute Frage. Also ich glaube, dass wir einfach realistisch sein sollten und sagen, Beziehungen sind wirklich inzwischen, vielleicht war es früher mal anders, recht kurzlebig. Das heißt wirklich eine kurze begrenzte Zeit und manche bedauern das aus der Sicht des der Kinder ist es immer dann bedauerlich, wenn eine Fachkraft besonders nett zu ihnen ist. Also das erleben wir in Interviews, dass die Kinder uns sagen, die Leute kommen hier und gehen, das weiß ich nicht genau, ob die noch mal wiederkommt. Ich weiß auch gar nicht, wie sie heißt, aber da ist eine Frau oder ein Mann und der hat mit uns gespielt und mit dem haben wir am Tisch gesessen und was erzählt und eines Tages war die weg oder der weg und das ist für die Kinder sehr schmerzhaft und deswegen auf ihre Frage zurückzukommen, ich würde das als Teil des Konzepts gerne mit aufnehmen lassen, dass es zelebriert wird, dass es ein Ritual gibt für ein Abschied wie bei Kindern auch und in aller Regel sollte das auch funktionieren. Also selbst sagen wir mal in Fällen, wo sehr schnell die Fachkraft aus der Einrichtung muss und kann man sich trotzdem sagen, über eine Videobotschaft oder über alles Mögliche noch einen Abschied vorstellen und möglichst sozusagen auch persönlich für die Kinder. Warum einmal? Weil der Kummer dann kleiner wird. Also die Kinder fühlen sich da nicht verraten, dass die Fachkraft sich nicht mehr für sie interessiert, sondern verstehen das und weil es natürlich ein ideales Lernangebot ist mit Abschieden kompetent umzugehen. Denn wie gesagt, unser ganzes Leben besteht auch aus Abschieden von anderen Menschen und Veränderungen und dass es eben kein Unglück ist, sondern dass es irgendwie zum Leben dazu gehört. Und deswegen würde ich das ritualisieren und positiv gestalten.
Sofie Raff: Gibt's denn trotzdem, also wenn in einer Fachkräfte jetzt wenn in einer Einrichtung jetzt eine hohe Fluktuation ist, gibt's dann ab irgendeinem Punkt Auswirkungen auf die Beziehungsgestaltung der Kinder?
Dörte Weltzien: Ja, also eine hohe Fluktuation ist sehr unglücklich für Team für die Qualität der pädagogischen Arbeit, auch für die Struktur, die so eine Grundorientierung und eine Grundsicherheit gibt und gerade an der sich gerade Kinder, die neu sind, die unsicher sind, die das noch nicht sich selbst auch noch nicht so ganz zu Hause fühlen, sehr beeinträchtigen kann. Also deswegen aus Teamentwicklungssicht wäre es ideal, wenn man wirklich eine gewisse Verlässlichkeit hätte, dass ein Kern von dem Team sich nicht permanent verändert und dass Veränderungen ein bisschen planbarer werden. Also neben der Grundfluktuation und diesem Problem, das wie gesagt, das werden wir auch nicht ändern. Das ist so und übrigens ist es in den Teams auch sehr unterschiedlich. Möglicherweise ist die Fluktuation auch ein kleines […] dafür, wie gut die Qualität in der Einrichtung ist und Teams, die eine Stabilität haben, haben es leichter, ihre Qualität zu entwickeln und so weiter. Also, da gibt es Wechselwirkungen natürlich, aber ich will auch nicht sagen, dass es in guten Teams nicht auch zu katastrophalen Situationen kommen kann und auf einmal aus welchen Gründen auch immer brechen da fünf Fachkräfte weg, die den Kern bildeten, ne? Deswegen sehr wichtig auf eine Grund Stabilität im Team zu achten und eine Planbarkeit von Veränderungen.
Das wäre vielleicht ein Appell an alle Beteiligten auch an die, die dann kündigen oder die die weggehen und Veränderungen planen. dass man da doch auch relativ offen mit umgeht und das vielleicht ein bisschen fairer kommuniziert. Vielleicht wäre das schon eine Möglichkeit auch den Kindern was Gutes zu tun.
Outro: Einschalten, neugierig werden, verstehen. Unser Hörerlebnis Bonustrack von kindergarten heute schenkt Ihnen unerwartete Einblicke. Exklusiv und kostenlos.