Kirchliche Arbeitgeber können eine Kirchenmitgliedschaft zur Voraussetzung für eine Stellenbesetzung machen, wenn sie „die Bedeutung der Religion“ für die Stelle plausibilisieren. Das geht aus einem Ende Oktober veröffentlichten Senatsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts hervor, der damit die Rechte kirchlicher Arbeitgeber teilweise stärkt. Diese hätten aufgrund ihres grundgesetzlich garantierten religiösen Selbstbestimmungsrechts einen erheblichen Entscheidungsspielraum bei der Frage, ob sie von Bewerbern eine Kirchenmitgliedschaft verlangen können. Das Gericht gab damit der Verfassungsbeschwerde der evangelischen Diakonie im Rechtsstreit mit der konfessionslosen Sozialpädagogin Vera Egenberger statt.
2018 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Diakonie zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, weil sie Egenberger 2012 für eine Referentenstelle nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. Die Bewerberin sah darin eine Diskriminierung aus religiösen Gründen. Das BAG hatte 2016 den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dieser urteilte, dass kirchliche Arbeitgeber Bewerber nicht pauschal wegen fehlender Kirchenmitgliedschaft ablehnen können, sondern dass es besonderer Gründe bedürfe und die Ablehnung verhältnismäßig und gerichtlich überprüfbar sein müsse.
Das Verfassungsgericht konkretisierte nun: „Je größer die Bedeutung der betroffenen Position für die religiöse Identität der Religionsgemeinschaft nach innen oder außen, desto mehr Gewicht besitzt der von der Kirche in Wahrnehmung ihres Selbstbestimmungsrechts vorgetragene Belang und ein daraus abgeleitetes Erfordernis der Kirchenmitgliedschaft.“
Sowohl die Kirchen als auch die Gewerkschaft Verdi begrüßten das Urteil. Rechtsexperten lobten es als ein salomonisches Urteil. Künftig gebe es wohl stets Einzelfallprüfungen nach der etablierten Zweistufen-Prüfung der Plausibilisierung durch die Kirchen und der gerichtlichen Güterabwägung zur Verhältnismäßigkeit. Hilde Naurath